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037 - Enthüllungen

037 - Enthüllungen

Titel: 037 - Enthüllungen
Autoren: Bernd Frenz
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obwohl alles nach Plan verlief. Honeybutt verhandelte gerade mit den beiden Würfelspielern, die ihr bedauernd mitteilten, dass sie vor Dienstende keine Zeit für ein Schäferstündchen hätten. Der Wachhabende beobachtete die Szene zwar missbilligend, sparte sich aber eine Zurechtweisung. Am Tor war sowieso nichts los.
    Das Trio, das sich ihm aus der Seitengasse näherte, fixierte er dagegen mit stechenden Augen. Der Masta-Sargent war ein breitschultriger Veteran, dessen Gesicht kräftig Tribut für jahrelangen Dienst auf zugigen Wehrgängen und an offenen Stadttoren hatte zahlen müssen. Wind und Sonne hatten ebenso tiefe Furchen auf der ledernen Haut hinterlassen wie der Schwertstreich, der ihm die Unterlippe bis auf den Kiefer gespalten hatte. Obwohl die Wunde seit Jahren verheilt war, gab ihm die dunkelrote Narbe ein brutales Aussehen.
    Zwanzig Jahre voller Lügen und Gewalttätigkeiten am Stadttor hatten ihm ein gesundes Maß an Menschenkenntnis beschert, die seine Augen misstrauisch funkeln ließ, als er Eddie und seine Begleiter sah. Er merkte sofort, dass mit den Dreien etwas nicht stimmte. Warnend senkte er die Hand auf den Schwertgriff an seiner Hüfte und zischte dem Brückenposten eine leise Anweisung zu.
    Eddie bemühte sich um einen gleichmütigen Gesichtsausdruck, während er sich unauffällig nach weiteren Wachen umsah. Die Wehrgänge der Stadtmauer waren um diese Jahreszeit verwaist, denn der vorbei fließende Potomac River war im Sommer eine natürliche Barriere, die nicht so leicht überwunden werden konnte. Nahende Schiffe wurden durch hoch aufragende Wachtürme an den Eckpunkten der Westmauer angekündigt; das Flusstor selbst ließ sich leicht mit vier Männern verteidigen. Bevor ungebetene Gäste vom jenseitigen Ufer die langgezogene Steinbrücke überqueren konnten, waren die stählernen Torflügel längst geschlossen. Ein Überraschungsangriff war unmöglich, zumindest wenn er von außen kam.
    Eddie warf einen hastigen Blick über die Schulter. Was er sah, beruhigte ihn. Jeder Fußgänger in unmittelbarer Nähe war ein Running Men. Der Sichtschutz durch das Zollhaus tat sein übriges, um ihre Aktion vor neugierigen Blicken zu verbergen. Nur der verwilderte Park, in dem die Überreste des Kennedy Centers lagen, bot eine Aussicht für heimliche Beobachter, doch auch dort hielten sich nur Rebellen auf und ein paar zwei bis vierbeinige Ratten, die sich nicht weiter für das Schicksal der Stadtwachen interessierten.
    In dem verborgenen Krieg zwischen Weltratagenten und Running Men, der unbemerkt von der normalen Bevölkerung geführt wurde, fanden die meisten Schlachten nach Einbruch der Dunkelheit statt, doch angesichts der verlockenden Beute mussten sie heute das Risiko eines Tageseinsatzes eingehen. Um Mr. Black zu befreien, brauchten sie weitere Trumpfkarten; ein gepanzertes Fahrzeug und ein weiterer Doppelgänger im Pentagon kamen ihnen da gerade recht.
    »Hey, ihr drei komischen Figuren«, herrschte sie der Sargent an. »Zeigt mir mal eure Eidie.«
    »Sonderkommando«, spuckte Mr. Eddie das Codewort hervor, mit dem sich die Equalizer stets Geltung bei den Stadtwachen verschafften.
    »Räumen Sie mit Ihren Männern das Tor, wir übernehmen ab sofort die weitere Sicherung.« Der Wachhabende runzelte missbilligend die Stirn. Er wusste nun, dass er es nicht mit gewöhnlichen Unruhestiftern zu tun hatte, trotzdem stemmte er die Hände in die breiten Hüften und sah auf den vorlauten Neuankömmling herab, der nicht einmal halb so alt wie er selbst war.
    »Aber sonst gehts danke, Kleiner?«, brummte er gereizt. »Außer euch laufen noch ein paar andere Spaßvögel durch die Stadt, die glauben, dass sie uns herumkommandieren können. Zeig mir erst mal den Freibrief!«
    Obwohl der Hüne genau wusste, wer die wahren Herrscher von Waashton waren, zeigte er nicht die geringste Angst vor den vermeintlichen Weltratagenten. Eigentlich ein sympathischer Zug, der aber leider Eddies Pläne durchkreuzte.
    Mist, fluchte der Running Men innerlich, wir hätten diesen Trick nicht so häufig anwenden dürfen. Seine Miene spiegelte die aufkeimende Panik jedoch nicht wider, sondern blieb hart und unnachgiebig.
    »Kein Problem«, bluffte er. »Das Dokument befindet sich in meiner Innentasche. Ich hoffe, Sie können lesen!«
    Die Provokation saß. Ärger blitzte in den Pupillen des Sargenten auf. Seine Hand krampfte sich um den Schwertgriff, bis die Handknöchel weiß hervortraten, doch seine Aufmerksamkeit ließ keine
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