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037 - Die seltsame Gräfin

037 - Die seltsame Gräfin

Titel: 037 - Die seltsame Gräfin
Autoren: Edgar Wallace
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Bedingungen?« fragte sie langsam.
    »Die erste ist, daß Sie mich heiraten«, sagte Chesney Praye.

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    Sie sah ihn entsetzt an.
    »Daß ich Sie heirate?«
    »Daß Sie mich morgen heiraten! Ich habe schon alle Vorbereitungen getroffen und mir einen besonderen Erlaubnisschein erwirkt, damit ich morgen früh heiraten kann. Ich hatte große Schwierigkeiten deshalb, aber hier ist er.« Er zeigte auf seine Brusttasche. »Bevor ich London verließ, telegrafierte ich dem Pfarrer von Leitworth - das Dorf liegt ungefähr dreißig Meilen von hier entfernt - und bat ihn, die Zeremonie morgen früh um zehn Uhr zu vollziehen.«
    Sein Gesicht war bleich geworden, offenbar kämpfte er mit einer starken Erregung. Dann sprach er leise weiter.
    »Ich will Sie zu einer reichen Frau machen, Miss Reddle. Sie und Ihre Mutter sollen im Überfluß leben. Ich werde Ihnen eine Stellung in der Welt geben, von der Sie sich niemals haben träumen lassen. Ich will noch mehr tun -« Er trat näher zu ihr, und bevor sie wußte, was er beabsichtigte, ergriff er sie an den Schultern. »Ich werde den Namen Ihrer Mutter reinwaschen - ich kann ihr die Jahre zurückgeben, die sie im Gefängnis verbringen mußte.«
    »Nein«, sagte sie. »Es tut mir leid, das kann ich nicht. Es mag ja alles richtig sein, was Sie mir da sagen, aber ich kann Sie nicht heiraten, Mr. Praye. Und ich glaube Ihnen nicht. Meine Mutter ist im Gefängnis.«
    »Ihre Mutter ist in diesem Haus.«
    Er ging zur Tür, riß sie auf und rief Tappatt.
    »Bring Mrs. Pinder hierher«, sagte er.
    Lois stand in der äußersten Ecke des Zimmers, hatte die Hände gefaltet und wartete. Sie hoffte und wagte doch nicht zu hoffen. Dann hörte sie einen leichten Schritt auf der Treppe, die Tür öffnete sich wieder, und eine Frau trat herein.
    Ein Blick auf ihr gelassenes Gesicht genügte Lois. Im nächsten Augenblick umarmten sie einander, und Lois weinte an der Brust ihrer Mutter.
    Minutenlang herrschte Schweigen im Raum, und es waren nur die Kosenamen zu hören, die die Mutter ihrer Tochter gab. Dann löste sie sich von ihr, legte ihr die Hände auf die Schultern und sah in das tränenüberströmte Gesicht ihres Kindes.
    »Meine kleine Lois«, sagte sie sanft. »Es scheint mir fast unmöglich!«
    Lois versuchte zu sprechen.
    »Bist du gekommen, um mich zu befreien - mich von hier fortzuholen?«
    Chesney sah das Mädchen gespannt an. Sie nickte, und seine Hoffnung wuchs, als er sich jetzt Mrs. Pinder selbst vorstellte.
    »Mein Name ist Chesney Praye«, sagte er ehrerbietig. »Ein Freund von Miss Reddle.«
    »Reddle? Dann gab dir also Mrs. Reddle ihren Namen!« Sie schaute Chesney an. »Wann werden wir aufbrechen?« fragte sie.
    »Sobald gewisse Bedingungen erfüllt sind. Würden Sie uns allein lassen, Mrs. Pinder?«
    Die Frau schaute das Mädchen wieder an, schloß sie in ihre Arme und küßte sie zärtlich. Chesney riß sie in seiner Angst beinahe auseinander, drängte sie zur Tür und kam zu Lois zurück.
    »Nun? Habe ich Ihnen die Wahrheit gesagt?«
    Sie nickte.
    »Wollen Sie meine Bedingungen erfüllen?«
    »Sie heiraten?« Sie schüttelte den Kopf.
    »Aber Sie haben Ihrer Mutter doch eben mitgeteilt, daß Sie es tun«, sagte er wütend. »Sie wissen doch, was es heißt, wenn Sie mein Anerbieten zurückstoßen?«
    »Das kann ich nicht! Wie kann ich Sie heiraten, Mr. Praye? Sie sind mit der Gräfin von Moron verlobt.«
    »Lassen Sie die Gräfin jetzt aus dem Spiel! Sie wissen, was ich für Sie zu tun bereit bin. Ich rette Ihr Leben, ich gebe Ihnen Ihre Mutter wieder -«
    »Ich kann es nicht!« wiederholte sie hilflos. »Wie können Sie mich zu einer solchen Entscheidung treiben! Ich -ich kenne Sie doch gar nicht. Sie müssen mir Zeit lassen.«
    »Ich kann Ihnen nur so viel Zeit lassen, wie Sie dazu brauchen, dieses Schriftstück zu unterzeichnen.«
    Er zog einen Aktenbogen aus seiner Tasche und legte ihn auf den Tisch.
    »Was ist das?« fragte sie.
    »Ein Vertrag. Sie brauchen sich nicht die Mühe zu machen, ihn zu lesen - Sie haben nur zu unterzeichnen. Ich will den Doktor hereinrufen, daß er seine Unterschrift als Zeuge gibt.«
    »Aber was bedeutet denn dieses Dokument?« fragte sie und versuchte es umzudrehen, so daß sie die erste Seite sehen konnte. Jedoch er hinderte sie daran.
    Das Zusammentreffen mit ihrer Mutter hatte sie sehr erschüttert, aber nun kam allmählich ihre kühle Besinnung zurück, und ihre Haltung wurde eisig und ablehnend. Ein böser Argwohn schlich sich in ihr Herz,
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