Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0365 - Im Spiegel sah sie ihren Mörder

0365 - Im Spiegel sah sie ihren Mörder

Titel: 0365 - Im Spiegel sah sie ihren Mörder
Autoren: Im Spiegel sah sie ihren Mörder
Vom Netzwerk:
weichte Wege und Plätze auf, schuf Bäche an den Rinnsteinen und wusch die hohen, gestern noch staubigen Umfassungsmauern des Zuchthauses.
    Ich parkte am Anfang einer Nebenstraße. Ich äugte zu dem Tor hinüber, durch das Butch Wilker kommen mußte. Es war zwanzig Minuten vor acht.
    Auf dem Beifahrersitz lag eine postkartengroße Fotografie Es war eines der letzten Bilder, die man von dem Häftling gemacht hatte. Das brutale, von Falten durchgrabene Gesicht verriet, was hinter der eckigen Stirn vorging.
    Über Wilkers Absichten gab ich mich keiner Illusion hin. Nur eins wußte ich nicht: Wie würde er Vorgehen? Gewalttätig oder direkt? Vorsichtig, überlegt, planmäßig? Würde er sofort versuchen, seine Rache zu verwirklichen? Schließlich konnte er sich denken, daß wir seinen Haß gegen Corinna Albana-Tabor kannten und daß wir uns ausrechnen würden, was er beabsichtigte.
    Ich blickte auf die Armbanduhr. Der Sekundenzeiger schien über das Zifferblatt zu rasen. Noch zehn Minuten.
    Trotz der geöffneten Seitenfenster war es schwül im Wagen. Ich trocknete mir mit dem Taschentuch die Stirn und ärgerte mich, daß ich zum Frühstück zuviel Kaffee getrunken hatte, der mir jetzt den Schweiß aus den Poren trieb.
    Vier Minuten vor acht.
    Die Straße war leer. Sie zieht sich an der Südseite der Strafanstalt dahin, schlägt einen sanften Bogen und führt dann nach Ossining. Die Entfernung beträgt etwa eine halbe Meile Um 7.58 Uhr ließ ich den Motor des Chevrolets an, legte den ersten Gang ein und fuhr dann langsam die Straße entlang, bis zu der Stelle, wo die Zuchthausmauer im rechten Winkel nach Norden knickt und die Straße der Richtung folgt. Ich setzte den Wagen hinter die Ecke, wendete, ließ den Motor laufen, stieg aus, spürte den Regen im Gesicht und auf den Haaren, ging zur Ecke und schob den Kopf vor.
    Ich blickte an der Mauer entlang. Das Tor war eine Steinwuriweite entfernt. Wenn Wilker in Richtung Ossining ging, würde er an mir vorbeikommen. Der Regen durchnäßte meinen Sommeranzug in wenigen Augenblicken, ich fühlte mich wie eine gebadete Katze und dachte voller Unbehagen an den muffigen Geruch, den meine regenschweren Kleider bald verströmen würden.
    Irgendwo in der Ferne schlug es acht Uhr. Der letzte Glockenschlag verklang, aber von Butch Wilker zeigte sich nichts. Es dauerte noch eine volle Minute, dann entstand dort, wo das Tor sein mußte, eine Bewegung.
    Eine Gestalt trat auf die Straße, Es war ein Mann. Er trug keinen Hut und keinen Mantel. Die derbe Figur steckte in einem längst nicht mehr modernen Anzug aus grauem Stoff.
    Es war Butch Wilker.
    Einen Moment blieb .er stehen. Er hielt den Kopf gesenkt und blickte weder nach rechts noch nach links. Er trug ein Bündel unter dem Arm und stand so steif wie eine Holzpuppe. Der Regen färbte dunkle Flecke auf die Schultern der grauen Jacke. Das kurze, rote Haar leuchtete.
    Jetzt hob Wilker den Kopf, setzte dann langsam einen Fuß vor den anderen und ging die Straße entlang, in Richtung Ossining. Mit jedem Schritt wurde -sein Gang schneller. Und als Wilker das Ende der grauen Mauer erreicht hatte, sah es fast so aus, als fliehe er.
    Nicht einmal blickte er sich um.
    Ich blieb hinter meiner Ecke und starrte ihm nach. Seine Gestalt Wurde kleiner und kleiner, verschwamm in der Regenluft , und schien vom grauen Horizont aufgesogen zu werden.
    Ich stieg in den Wägen und fuhr hinter Wilker her. Ich fuhr langsam und ließ den Abstand so groß, daß ich den Mann gerade noch erkennen konnte.
    Als sich' Wilker der Stadtgrenze näherte, drehte ich etwas auf -und rauschte näher. Zwischen den ersten Häusern hatte ich ihn fast eingeholt. Er ging jetzt langsamer. Er schien zu zögern. Das Bündel unter seinem Arm war ein in Packpapier gehülltes Paket. Es barg Wilkers Habseligkeiten. Wie ich von dem Gefängnisdirektor wußte, verfügte Wilker außerdem über rund 480 Dollar, die ihm von dem Entgelt für seine Arbeit in der Strafanstalt geblieben waren.
    Jetzt machte Wilker vor einer Snack Bar halt. Er trat bis dicht an die Schaufensterscheibe, blickte hinein, steuerte dann auf den Eingang zu, stockte sekundenlang, streckte die Hand aus, zog die Tür auf und verschwand.
    Ich trat auf das Gaspedal. Der Chevrolet machte einen Satz und schoß wie eine Rakete in die nächste Querstraße. Dort parkte ich, kletterte in den Regen, schlug den Kragen empor und sprintete zu der Snack Bar.
    Als ich die Tür aufriß, strömte mir der Duft von gebratenen Eiern, Hot
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher