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0365 - Im Spiegel sah sie ihren Mörder

0365 - Im Spiegel sah sie ihren Mörder

Titel: 0365 - Im Spiegel sah sie ihren Mörder
Autoren: Im Spiegel sah sie ihren Mörder
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Es war leer. Aber nachdem ich Platz genommen und mich zweimäl geräuspert hatte, erschien die Serviererin. Es war ein blonder Traum mit meergrünen Augen und den Bewegungen einer exotischen Tänzerin.
    Ich sagte »Hallo« und lächelte breit. »Ich möchte gern essen.«
    Sie nickte und griff hinter sich auf den Nebentisch, wo Speisekarten gestapelt lagen. Sie tat es, ohne dabei den Blick von mir zu wenden, und ich dachte voller Wehmut daran,- daß ich dienstlich und nur für kurze Zeit hier war.
    Ich nahm die Speisekarte wie ein Geschenk entgegen, schlug sie aber nicht auf, sondern verbreiterte mein Lächeln und sagte:
    »Was können Sie mir empfehlen? Ich habe Appetit, daß ich einen Menschen anfallen' könnte.«
    »Oh.« Sie zuckte leicht zusammen. »Sie brauchen keine Angst zu haben«, sagte ich, »das mit dem ›Menschenanfallen‹ soll ein Spaß sein, und ich sage es bloß, wenn jemand so appetitanregend wirkt.«
    »Hammelkotelett mit grünen Bohnen und Pommes frites sind heute sehr gut«, sagte sie schnell. »Ich kann’s wirklich empfehlen.«
    »Akzeptiert. Und dazu bitte eine Mini-Flasche Scotch und eine Flasche Soda.«
    »Gern.« Sie nickte und schwebte durch eine Tür hinaus, hinter der sich vermutlich die Küche befand. Zehn Minuten später bekam ich das Essen serviert. Es schmeckte ausgezeichnet, und der Long drink erfrischte mich. Nach der Mahlzeit ging ich auf mein Zimmer, zündete mir eine Zigarette an und ließ mich mit meinem Freund Phil verbinden, der zur Zeit in New York schwitzte.
    Als ich seine Stimme vernahm, spürte ich, wie erschöpft er war.
    »Hallo, Jerry, ist bei dir alles okay? Ich bin restlos groggy. Zwei Stunden habe ich gebraucht, um diesen Tabor zu überzeugen. Der Kerl wollte einfach nicht einsehen, daß seine Frau Polizeischütz braucht. Als er schließlich kapiert hatte, wie gefährlich Butch Wilker ist, faselte er was von einem Privatdetektiv, den er engagieren will. Polizeibeamte in seinem Hause wären ihm lästig, meinte er.«
    »Aber du hast doch…«
    »Natürlich«, unterbrach mich Phil, »Fred Scopa und Wilm Hilcock werden ab morgen früh bei den Tabors Wachhund spielen. Die Telefonnummer hast du ja, nicht?«
    Ich brummte eine Bestätigung, ging mit Phil noch ein paar Einzelheiten durch und legte dann auf. Ich trat ans Fenster, zündete mir eine zweite Zigarette an und blickte hinaus. Ich konnte den Hudson, sehen und die Abendsonne, die seine Fluten vergoldete. Ich dachte an Butch Wilker, der morgen früh um acht durch das Zuchthaustor von Sing-Sing in die Freiheit treten würde und diese Freiheit aller Voraussicht nach dazu benutzen wollte, ein neues Verbrechen zu begehen Alles sprach dafür, daß er sich für den Verrat rächen würde. An seiner ehemaligen Freundin Corinna Albana, die jetzt Missis Tabor war. Vor neun Jahren hatte sie den Häusermakler Robert Tabor geheiratet. Das kinderlose Ehepaar lebte in einem eleganten Haus in der Bensonhurst Avenue in Brooklyn.
    Meine Aufgabe war, Butch Wilker vom Augenblick seiner Entlassung an auf den Fersen zu bleiben. Sollte ich ihn aus den Augen verlieren, mußte ich sofort die Kollegen Scopa und Hilcock anrufen, die bei den Tabors wacfrten. Denn es war zu erwarten, daß Wilker dort bald auftauchen würde. Schwer konnte es für ihn nicht sein, die neue Adresse seiner ehemaligen Freundin zu erfahren.
    Ich klingelte nach dem Etagenkellner. Er kam nicht, denn das Hotel hatte keinen. Stattdessen kam Johnny angestürzt, und sein Enddreißiger-Gesicht war voll gläubiger Trinkgelderwartung.
    »Bringen Sie mir ’ne halbe Flasche Scotch und Soda und ’nen Eimer voll Eis. Dann stellen Sie alle Wecker, über die Sie verfügen. Punkt sechs morgen früh wecken Sie mich! Okay?«
    »Okay, Sir. Punkt 6 Uhr wecken. Und jetzt den Whisky.«
    Er brachte ihn und kassierte einen Dollar Trinkgeld. Dann kroch ich ins Bett, legte einen Berg Zeitungen auf die Decke, las, nippte an den Gute-Nacht-Drinks und war gegen 10 Uhr eingeschlafen.
    ***
    Das riesige Zuchthaus liegt außerhalb der kleinen Stadt. Graue Mauern aus Stahlbeton, Wachttürme, Scheinwerfer an allen Ecken, bewaffnetes Wachpersonal, Tore —. fast so stabil wie Panzerschranktüren, Sirenen, Alarmglocken, Gefangenen-Transporter mit vergitterten Fenstern, Gittertüren und vieles mehr.
    Am Morgen des 7 Juli regnete es. Es war ein warmer Regen. Er platschte vom grauen, wolkenschweren Himmel, fiel wie ein Vorhang üter die Windschutzscheibe meines Wagens, siegte über die Scheibenwischer,
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