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036 - Im Verlies der Verdammten

036 - Im Verlies der Verdammten

Titel: 036 - Im Verlies der Verdammten
Autoren: A.F.Morland
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einen der Knöpfe, ohne genau hinzusehen. Dadurch brachte ihn der Aufzug nicht ins Erdgeschoß, sondern in den Keller, und somit in das Lager des Kaufhauses.
    ***
    Jonathan Andersen war fünfundfünfzig. Ein rechtschaffener, gewissenhafter Mann, seit zwanzig Jahren glücklich verheiratet, mit einer netten Frau und zwei strebsamen Söhnen gesegnet.
    »Auf einen Mann muß man sich verlassen können«, das war seine Devise, und so machte er seine Arbeit stets so zuverlässig, wie es die Geschäftsleitung von ihm erwarten durfte.
    Er hatte schon bei »Mark & Spencer« und »Woolworth« gearbeitet, und er avancierte bei »Harrods« zum stellvertretenden Lagerleiter, doch damit war für ihn – so schien es – die oberste Sprosse seiner persönlichen Karriereleiter erreicht, denn der Mann, dessen Stellvertreter er war, war um drei Jahre jünger als er, und somit bestand kaum die Chance, jemals an die erste Stelle vorzurücken.
    Die Nummer eins hätte arbeitsunfähig werden oder gar sterben müssen. Aber das wünschte sich Jonathan Andersen nicht. Er fand sich damit ab, als Nummer zwei in den Ruhestand zu treten.
    Doch dann bot sich ihm vor einem halben Jahr doch noch die Möglichkeit an, Nummer eins im Lager eines Großkaufhauses zu werden.
    Er begegnete einem Freund, einem ehemaligen Armeekameraden.
    Auf der Bond Street stießen sie regelrecht zusammen, und Andersen hatte schon ärgerlich loslegen wollen, weil er keine Schuld an diesem Zusammenstoß hatte.
    Aber dann erkannte er den Stubenkumpel von einst wieder und schlug ihm begeistert auf die Schulter: »Lewis! Lewis Rice! Ist das eine Überraschung!«
    Der andere riß erstaunt die Augen auf. »Jonathan Andersen, altes Haus! Mensch, freu’ ich mich, dich wiederzusehen!«
    »Ist das ein Ding? Ist das ein Ding, he?«
    »Yeah. Nach so vielen Jahren!«
    »Ich fand mal deine Nummer im Telefonbuch, wollte dich auch anrufen…«
    »Menschenskind, warum hast du’s denn nicht getan? Ich hätte mich riesig darüber gefreut«, sagte Lewis Rice. »Laß dich ansehen. Prächtig siehst du aus.«
    »Du siehst auch nicht schlecht aus, scheinst ‘ne Menge Kies zu haben, Lewis.«
    »Ja, ich denke, ich habe meinen Weg gemacht. Bist du gesund?«
    »An mir hat noch kein Arzt einen Penny verdient.«
    »Dann verträgst du sicher die paar Drinks, die ich dir spendieren möchte. Komm, ich kenne hier gleich um die Ecke ein nettes Lokal; es wird dir gefallen. Nein, so ein Zufall. Ich kann’s immer noch nicht fassen.«
    Stunden vergingen wie im Flug. Viel gab es zu erzählen, und Erinnerungen wurde ausgiebig aufgefrischt. Es blieb nicht bei den
    »paar Drinks«; ein Whisky folgte dem andern, bis sie beide lautstark die alten Militärlieder sangen. Andersen fühlte sich wunderbar.
    Seine Frau, die er irgendwann anrief, damit sie sich keine Sorgen machte, war nicht gerade begeistert, als sie ihn lallen hörte, aber sie hatte Verständnis, und Jonathan Andersen und Lewis Rice setzten ihre Feier bis spät in die Nacht hinein fort.
    Sie sprachen über ihre Jobs, und es stellte sich heraus, daß Rice einer der Direktoren des neu erbauten Warenhauses war, vor dem die Konkurrenz jetzt schon zitterte, obwohl es bis zur Eröffnung noch ein halbes Jahr dauern würde.
    Als Andersen erzählte, wo er zur Zeit arbeitete, meinte Rice: »Du mußt unbedingt zu uns kommen, Jonathan. Wir suchen noch einen tüchtigen, zuverlässigen Lagerleiter. Ich habe ihn in dir gefunden.«
    Die Nummer eins! Andersen strahlte. Ein Traum ging in Erfüllung. Sein Freund wußte nicht, was für eine große Freude er ihm mit diesem Angebot machte. Sie kamen überein, sich in zwei Tagen in Rices Büro wiederzusehen.
    So verblieben sie.
    Einen Tag später sah Jonathan Andersen die Sache mit anderen Augen. Vielleicht konnte sich sein Freund an das Angebot nicht mehr erinnern. Es wäre ihm peinlich gewesen, Lewis darauf hinzuweisen.
    Deshalb suchte Andersen den Freund zur vereinbarten Zeit nicht auf. Er hatte einfach nicht den Mut dazu, wollte sich eine Enttäuschung ersparen. Doch bereits am Nachmittag läutete in seinem Büro das Telefon.
    »Sag mal, hast du mich versetzt, oder wie soll ich das sehen?« fragte Lewis Rice.
    »Entschuldige, aber…«
    »Meine Herren, bist du so blau gewesen, daß du dich an unsere Abmachung nicht mehr erinnern kannst? Du wolltest doch heute bei mir vorbeikommen. Junge, der Vertrag liegt bereit, es fehlt nur noch deine Unterschrift.«
    Andersen überschlug sich beinahe vor Freude, und fünfundvierzig
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