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034 - Der Weg nach Westen

034 - Der Weg nach Westen

Titel: 034 - Der Weg nach Westen
Autoren: Jo Zybell
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der Donner des Explosionslärms. Erde und Wände vibrierten. Sie warfen sich auf den Boden.
    Minutenlang lagen sie so. Staub senkte sich auf sie herab. Irgendwann erhob Jenny sich ächzend. Auf den Knien rutschte sie an die Wand und übergab sich…
    ***
    Smythe kam nicht wieder. Doch er ließ eine verwundete Gesellschaft zurück. Wochenlang trauerte der Stamm um die Ermordeten. Smythe war nicht mehr da aber wie ein unsichtbarer Schatten schien seine Aura über den Lehmhütten und Jennys Königszelt zu hängen. Und nachts regierten Albträume und Schlaf- losigkeit. Langsam nur, ganz langsam fanden Menen und Frawen zu ihrem gewohnten Alltag zurück.
    Dave und sein Team betäubten sich mit Arbeit. Ende September setzten sie den Motor ein. Dann begann eine zweiwöchige Phase konzentrierter Tüftelei: Die Treibstoffleitungen zwischen Motor und Tank mussten verlegt werden, ebenso die elektrischen Leitungen für die Instrumente und die Beleuchtung. Aus den verschiedensten Einzelteilen, die er sich in den alten Maschinen zusammengesucht hatte, baute Dave sich die nötigsten Instrumente zusammen: einen Wendezeiger, der den Neigungswinkel der Maschine angab, einen Höhenmesser, einen künstlichen Horizont, einen Ge- schwindigkeitsmesser und so weiter. Viele Tage sorgfältigster Arbeit investierte er in diese Basteleien. Auch der Einbau des Fahrgestells erwies sich als zeitraubender als angenommen.
    In der zweiten Oktoberwoche begannen die Männer und Frauen unter Jennys Leitung den Pariser Platz von Gestrüpp, Buschwerk und Trümmern zu befreien. Löcher wurden ausgefüllt, Schutthalden abgetragen, Gesteinsbrocken aus dem Weg geräumt. Zweihundert Meter weit reichte die fertige Startpiste schließlich in die Straße »Unter den Linden« hinein.
    In der dritten Oktoberwoche schoben Dave und sein Team das Mercedesfahrgestell mit dem fertigen Flugzeug aus der Halle. Dave wollte zu einem Testflug starten. Zwei Sebezaan zogen es vom alten Güterbahnhof durch Wald und Ruinen bis zum Brandenburger Tor.
    »Glückwunsch«, flüsterte Jenny. Sie standen vor der Maschine und betrachteten sie. Beide waren sie ergriffen. »Sieht einer Spitfire zum Verwechseln ähnlich.« Dave brachte vor Rührung kein Wort heraus. Die Bilder der vergangenen Monate zogen an ihm vorbei. Die Gesichter seines Vaters und seines älteren Bruders lächelten in seiner Erinnerung.
    »Komm, Dave.« Daanah packte ihn am Arm und zog ihn zu der Maschine. Wortlos kletterte sie auf die linke Tragfläche und von dort aus ins Cockpit. Sie zwängte sich auf den hinteren Sitz.
    »Glaubst du wirklich, das Ding fliegt?« Jenny hatte sich die ganzen Monate über redlich Mühe gegeben, ihre Zweifel vor David McKenzie zu verbergen. Angesichts der startbereiten Ma- schine gelang es ihr nicht mehr, zu groß war die Sorge um ihren Freund.
    »Es ist kein Ding«, sagte Dave. »Es ist eine Supermarine Spitfire. Und ob sie fliegt, werden wir jetzt sehen.«
    Er stieg in den Pilotensitz und zog die Cockpitkuppel über sich zu. Der Motor sprang an. Erschrocken wichen die Menen und Frawen zurück. Einige flohen bis in den Wald zwischen den Ruinen. Das Flugzeug rollte los, gewann an Geschwindigkeit und raste über den Pariser Platz. Zwischen den Ruinen »Unter den Linden« hob es ab.
    Dave ließ die Maschine auf eine Flughöhe von neunhundert Fuß ansteigen. »Gott, Mickey, sie fliegt…« Er flog eine Schleife über dem Pariser Platz. »Sie fliegt!«, brüllte er mit Tränen in den Augen. Er zog den Steuerknüppel zu sich heran und stieg auf über sechstausend Fuß. Bald lag weiter nichts als ein undurchdringlicher Urwald unter ihnen. Kaum noch Ruinen waren auszumachen. Dave beschleunigte bis auf dreihundertfünfzig Stundenkilometer. Der Motor lief ruhig und rund.
    Dave drehte sich zu Daanah um. Die Arme vor der Brust verschränkt hockte sie steif und kerzengrade auf ihrem Sitz. Sie hatte den Kopf in den Nacken gelegt und starrte durch das Kuppeldach in den grauen Himmel.
    »Wird schon, Liebste!«, schrie Dave. »Du wirst dich daran gewöhnen, glaub mir!« Er lachte laut. »Noch ein paar Tage, dann fliegen wir nach England und in ein neues Leben! Wir beide…!«
    ***
    Die Tage wurden kürzer, das Wetter un- freundlicher. Dave verpasste seinem Prachtstück den letzten Schliff. Das Fahrgestell hatte sich bei der Landung als wacklig erwiesen. Er montierte es auseinander und baute es noch einmal neu ein.
    In die linke Tragfläche integrierte er nachträglich ein 7,7-mm-Maschinengewehr. Er
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