Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0335 - Die goldenen Skelette

0335 - Die goldenen Skelette

Titel: 0335 - Die goldenen Skelette
Autoren: Jason Dark
Vom Netzwerk:
sich die jungen Leute am Abend trafen.
    Die Grotte!
    In der Erde hämmerte der harte Rock, da tanzte man, daß die Fetzen flogen, da wurde geflirtet, gelacht und getrunken, da gab man sich locker bis verrückt, und die farbigen Lichtorgeln, die ihren zuckenden, kreisenden und blitzenden Schein über die Gestalten warfen, ließen die Grotte mit ihren Gästen oft genug aussehen wie das Innere eines farbigen, kunterbunten, von einem skurrilen Architekten erfundenen Raumschiffs.
    Auch die große Theke oder Bar erinnerte daran. Sie glich schon einer Steuerkanzel, und der Discjockey befand sich in einem großen Glaskäfig, der von der Decke hing.
    Dort bediente er die Anlage, legte die heißen Scheiben oder Bänder auf und schaute aus luftiger Höhe auf die zuckenden, tanzenden Körper der jungen Leute unter sich.
    Männliche und weibliche Gäste hielten sich die Waage. An manchen Tagen allerdings waren mehr Mädchen vertreten, so daß sich manche wie selbstvergessen und allein tanzend auf der runden, lichtüberfluteten Fläche drehten und oft genug die Augen vor dem Licht durch modische Sonnenbrillen schützten.
    Es war was los in der Grotte, und besonders am Wochenende, wenn man am anderen Tag ausschlafen konnte.
    Da flippten die Gäste aus, da wollten sie nichts mehr wissen von Streß oder Arbeitslosigkeit, denn leider verging die Jugendzeit viel zu schnell, und man genoß die Stunden wie in einem Rausch.
    Natürlich war man modisch gekleidet. Schwarz und weiß hatten sich als Verkaufshits des Sommers durchsetzen können. Die Hosen saßen hauteng und reichten bis zu den Waden, während die Hemden, manchmal nur Fetzen, über die Oberkörper flogen.
    Wer hier tanzte, gehörte zumeist zu den Stammgästen. Nur in Ausnahmefällen verirrten sich Touristen, um mit ihren Begleiterinnen in den rundbogenförmigen, grottenartigen Nischen Platz zu nehmen, die der Disco ihren Namen gegeben hatten.
    Auch der junge Mann, der vor der obersten Stufe einen Moment wartete, sah aus wie ein Tourist. Er schien sich nicht entscheiden zu können, ob er nun gehen sollte oder nicht, und war bereits von den auf der Treppe hockenden Jugendlichen bemerkt worden, die ihn auch ansprachen.
    »He, Luigi, auch mal wieder da?«
    Der junge Mann nickte. Er lächelte scheu. Die Ansprache der anderen hatte ihm den nötigen Mut gegeben, so daß er einen Fuß vorwärts setzte und damit begann, die Treppe nach unten zu steigen.
    Er fiel nicht nur wegen seines Aussehens auf, auch die Kleidung stach ab. Da war nichts von Lässigkeit zu bemerken. Er trug ein schwarzes Jackett, eine helle, fast weiße Leinenhose, ein ebenfalls helles Hemd und eine schmale Krawatte. Mit einer abgehackt wirkenden Geste schob er die Brille ein wenig höher, und das Lächeln, das über seine schmalen Lippen zuckte, konnte man als scheu bezeichnen.
    »He, Luigi«, rief jemand. »Hast du Angst?«
    Sofort blieb der junge Mann stehen. »Wieso?«
    Der Sprecher lachte. »Wir haben heute Frauenüberschuß.«
    Auch die anderen stimmten in das Lachen mit ein. Ein jeder wußte, wie schüchtern Luigi war. Nur lag das nicht allein an ihm, sondern auch an seiner Mutter, die ihren Sohn oben auf dem Gut wie einen Gefangenen hielt. Luigi war zwar über 20, aber was seine Mutter sagte und anordnete, das tat er. Widerspruch kannte er auch als Erwachsener nicht.
    »Na und?«
    Wieder lachten die anderen. »Deine Mutter wird sich freuen, wenn du ihr erzählst, daß die Mädchen so heiß sind…«
    »Laß meine Mutter aus dem Spiel!« Auf einmal klang die Stimme des jungen Mannes scharf.
    »Ja, ja, schon gut. Geh nur, Luigi, geh nur.«
    Die anderen sagten nichts mehr. Ein jeder von ihnen kannte die Macht der Familie Canotti. Ihr Wort war in dieser Gegend Gesetz, denn die Familie besaß das einzige Industrieunternehmen und bot Arbeitsplätze an. Die Canottis stellten Speiseeis her und waren mit ihrem Eis auch über die Landesgrenzen hinweg berühmt geworden.
    Wäre Luigi nicht der einzige Sohn dieser Familie, man hätte einen Typ wie ihn erst gar nicht in die Grotte hineingelassen. So aber akzeptierte und tolerierte man ihn.
    Auch die Mädchen, die sich hin und wieder, wenn sie richtig aufgeheizt waren, einen Spaß daraus machten, ihn mit ihren körperlichen Vorzügen zu reizen.
    Es machte ihnen einen Heidenspaß, den schüchternen Luigi ständig in Verlegenheit zu bringen. Anscheinend störte den jungen Mann das nicht. Sein Weg trieb ihn immer wieder in die Grotte.
    Die Eingangstür war pechschwarz lackiert
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher