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0325 - Die Loge der Henker

0325 - Die Loge der Henker

Titel: 0325 - Die Loge der Henker
Autoren: Rolf Michael
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öfter abberief. Und nun hatte er in Heidelberg wieder einmal feststellen müssen, daß er tauben Ohren predigte. Die Männer der Wissenschaft brachten einfach nicht die Fantasie auf, etwas zu akzeptieren, was sich nicht irgendwie berechnen oder vorhersehen ließ.
    Die Sehnsucht nach Nicole Duval wurde übermächtig. Zamorra wollte nur eins. Hier aus dem Auditorium verschwinden und diese Ignoranten nicht mehr sehen. Die wenigen Leute, die ihn akzeptierten, hatten ohnehin begriffen, was er sagen wollte. Nach Hause nach Château Montagne… zu Nicole …
    »… nun geben Sie doch endlich zu, Kollege Zamorra, daß dieser ganze Vortrag über Geister und Teufel, die eine vollständige Hierarchie in der Hölle bilden, eine Ausgeburt Ihrer Fantasie sind!« rief ihm gerade in diesem Moment einer der Professoren zu, der schon während der Vorlesung ständig sein Gesicht zu einem höhnischen Grinsen verzogen hatte.
    »Ich möchte Ihnen, verehrter Kollegenschaft und interessierten Zuhörern, ein Wort ihres größten Dichters Johann Wolfgang von Goethe entgegenhalten, das er im zweiten Teil des ›Faust‹ den Teufel Mephisto sagen läßt. Es ist zwar kein Argument, aber vielleicht öffnet es Ihr Bewußtsein, auch einmal in anderen Gedanken und Sphären zu denken.«
    »Oder Shakespeares ›Hamlet‹ mit der Bemerkung, daß es mehr Dinge zwischen Himmel und Erde gibt, als uns die Schulweisheit träumen läßt!« höhnte der Kritiker. Doch das beobachtete Professor Zamorra nicht. Langsam und mit Betonung zitierte er mit hallender Stimme:
    » Daran erkenn ich den gelehrten Herrn! Was ihr nicht tastet, steht euch meilenfern. Was ihr nicht faßt, das fehlt euch ganz und gar. Was ihr nicht rechnet, glaubt ihr, sei nicht wahr. Was ihr nicht wägt, hat für euch kein Gewicht. Was ihr nicht münzt, das, meint ihr, gelte nicht!«
    Die Worte riefen eigenartige Erregung hervor. Verknöcherte Wissenschaftler fühlten sich tief im Inneren ihrer gelehrten Scholastikerehre getroffen. Doch bevor sich Proteste erhoben, redete Professor Zamorra weiter.
    »Ich denke, mit diesen Worten ist alles gesagt. Ich darf mich von Ihnen verabschieden und wünsche Ihnen über meine Vorlesung und deren Inhalt angeregte Diskussionen. Guten Tag, meine Damen und Herren!«
    Bevor die Menschen im Auditorium etwas begriffen, war Professor Zamorra verschwunden. Er hatte sein Gepäck noch im Wagen und schwang sich in seinen Mercedes. Vom Hotel aus, wo er mit Abstandsgebühr das Zimmer stornierte, rief er Château Montagne an, um seine verfrühte Ankunft anzumelden. Erstaunt vernahm er von Raffael Bois, daß Nicole einen Alleingang wagte. Einige kurze Momente des Suchens, dann hatte Raffael Nicoles Aufzeichnungen über das Ziel ihrer Fahrt gefunden.
    »Der Paß von Roncesvalles in den Pyrenäen« überlegte Zamorra.
    »Da muß ich hin. Wer weiß, in welcher Gefahr sie sich befindet. Ich habe bei der Sache ein ungutes Gefühl.«
    »Wie kann ich Ihnen denn helfen, Monsieur le Professor?« fragte Raffael Bois, der greise Butler von Château Montagne.
    »Schicken Sie Pierre Lacroix und Jacques Picard hierher nach Frankfurt. Und geben Sie ihnen einen Schlüssel für den Mercedes, er steht hier auf dem Parkplatz des Möbiuskonzerns.«
    »Was wollen Sie denn in Frankfurt, Monsieur le Professor?« fragte Raffael Bois verwundert.
    »Um rasch genug in die Pyrenäen zu kommen, brauche ich einen Hubschrauber«, gab der Meister des Übersinnlichen zurück. »Und um diese Tageszeit gibt es nur eine Möglichkeit, schnell und unbü- rokratisch an einen Helikopter zu kommen. Ich werde meinem Freund Stephan Möbius mal einen unverhofften Besuch abstatten…«
    Auf Zamorras Anruf über Transfunk meldete sich Carsten Möbius. Er hatte »Stallwache« in der Firma. Seit sein Vater, der Seniorchef, im Harz einige Wochen Kuraufenthalt machte, hatte er dort inkognito einige neue Freunde kennengelernt. Niemand ahnte hier, daß er ein Multimillionär war, sondern sah in ihm einen wohlhabenden Rentner, den sie in ihre Dorfgemeinschaft aufnahmen. So zog sich Stephan Möbius gern mal für einige Tage in die tannenbewachsenen Berge des Harzes zurück… Er hatte da seine Skatrunde und sang Bariton im örtlichen Gesangverein – alles Dinge, die ihn nach einem entbehrungsreichen Leben als Geschäftsmann innerlich wieder nach oben brachten. Zurück in Frankfurt hatte er dann doch genügend Kraft getankt, um sich voll in die Arbeit zu stürzen und die Puppen tanzen zu lassen.
    Als Zamorra erwähnte,
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