Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0315 - Wenn der Totenvogel schreit

0315 - Wenn der Totenvogel schreit

Titel: 0315 - Wenn der Totenvogel schreit
Autoren: Jason Dark
Vom Netzwerk:
sie.
    »Natürlich.«
    Es war ruhiger im Kino geworden. Die Szene auf dem Friedhof hatte die Zuschauer in ihren Bann gezogen. Ich nahm meinen Blick von dem Mann weg und ließ ihn streifen. Vielleicht entdeckte ich noch etwas, das von Interesse war.
    Eigentlich nichts, nur die Gesichter der Zuschauer. Mal verschwommen, mal klarer, je nachdem, wie weit sie von uns entfernt saßen und gegen die Leinwand stierten.
    Ernest Ragg würde sterben. Einfach so. Das hatte Sarah Goldwyn gesagt. Und sie hatte von einem Totenvogel gesprochen. Ich konnte beides noch nicht unter einen Hut bringen und hoffte, dass sich die Horror-Oma geirrt hatte.
    Ich schaute wieder zur Leinwand. Der Mann mit dem Spaten war vor dem Doppelgrab stehen geblieben und begann zu graben. Es schleifte jedes Mal, wenn er die Schaufel in das Erdreich hackte.
    Wenn der Lehm auf dem Spatenblatt lag, drehte er sich jedes Mal und schleuderte ihn in Richtung Kamera, so dass es aussah, als würde das Zeug in den Kinosaal fliegen.
    Einige Zuschauer lachten verhalten.
    Das Ganze war ein Trick des Regisseurs, denn als der Blick wieder frei wurde, war etwas mit dem Grab geschehen. Genaues erkannte ich nicht, denn in diesem Augenblick sprang drei Reihen vor uns der Mann namens Ernest Ragg in die Höhe.
    Es war ein heftiger Sprung. Der Sitz klappte hoch und schlug gegen die Rückwand des Stuhls. Gleichzeitig riss der Mann beide Arme hoch und begann zu schreien.
    »Sterben!« brüllte er mit sich überschlagender Stimme. »Ich muss sterben! Es ist soweit! Ich werde… aahhhh …«
    Im Nu war im Kino die Hölle los. Auf der Leinwand lief der künstliche Horror, das echte Grauen erlebten die Zuschauer im Kinosaal. Und sie hatten sich erschreckt. Da machten auch die angeblich harten Burschen keine Ausnahme.
    Jungen und Mädchen waren in die Höhe gesprungen. Die noch Sitzengebliebenen drehten die Köpfe. Keinen interessierte mehr, dass jemand aus dem Grab kletterte, der schreiende Mann hatte alle Aufmerksamkeit auf sich gezogen.
    Sein Brüllen hallte durch den Saal. Er schüttelte sich dabei, als wäre er mit einem Kübel Wasser übergossen worden.
    Natürlich hatte es Sarah Goldwyn und mich ebenfalls nicht auf unseren Plätzen gehalten. Wir standen nur für einen Moment. Ich wollte hin und flankte über den Sitz vor mir, während andere Zuschauer Ragg ihre ersten Kommentare entgegenschleuderten.
    »Halt deinen Rand, Mann! Wir wollen den Film sehen!«
    »Schreien kannst du zu Hause.«
    »Verzieh dich!«
    So tönte es durch den Kinosaal.
    Ich hatte den vor mir befindlichen Sitz überklettert und nahm mir die nächste Reihe vor. Lady Sarah rief etwas. Darauf hörte ich nicht, sondern machte weiter.
    Aber Ragg spielte mir einen Streich. Er blieb nicht auf seinem Platz. Plötzlich verstummte sein Schreien. Die hochgerissenen Arme fielen wieder nach unten. Er schaute nach links, suchte sich einen Weg und lief in Richtung Gang.
    Die Reihe war nicht leer. Einige Zuschauer standen längst, darauf nahm Ragg keine Rücksicht. Da der Zwischenraum eng war, er aber hindurch wollte, räumte er die Zuschauer rücksichtslos zur Seite, damit er sich den nötigen Platz schuf.
    Seine Arme wirbelten wie Dreschflegel. Ihm war es egal, ob er auch Mädchen traf. Die Zuschauer waren so überrascht, dass sie sich nicht wehrten und nur ihre Arme als Deckung vor die Gesichter rissen.
    Ich lief parallel zu dem Mann, drängte an anderen Zuschauern vorbei und erreichte den Gang in dem Augenblick, als auch Ernest Ragg stolpernd ankam, begleitet von Flüchen und Schimpfworten.
    Er hatte Mühe, sich zu fangen und torkelte bis zur Gangwand vor, wo er gegen die Verkleidung fiel.
    »Mr. Ragg!« rief ich.
    Er hörte mich nicht oder wollte mich nicht hören, denn er wirbelte herum und starrte mich an.
    Wir standen nahe einer Wandleuchte. Matter Schein fiel auf das Gesicht des Mannes. Er ließ die linke Hälfte im Dunkeln. Ich sah das Zucken der Haut auf der anderen und bemerkte, wie der Mann den Mund öffnete. Die Brille war verrutscht, er schüttelte den Kopf und öffnete den Mund, um mir die nächsten Worte zuzuflüstern.
    »Sterben… ich werde sterben. Es gibt kein Zurück. Das Grauen ist da, verdammt!«
    »Niemand stirbt, niemand…«
    »Doch, mich hat er erwischt…« Er zuckte in die Höhe, stellte sich für einen Moment auf die Zehenspitzen, und durch seinen Körper lief ein Zucken, als hätte er einen Stromstoss bekommen.
    Ich ahnte Schlimmes, wollte eingreifen, tat es auch, doch ich kam zu spät.
    Als
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher