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0315 - Wenn der Totenvogel schreit

0315 - Wenn der Totenvogel schreit

Titel: 0315 - Wenn der Totenvogel schreit
Autoren: Jason Dark
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noch nicht.«
    »Hat der Mann die Schreie gehört?«
    »Vielleicht. Er bat mich nur, ihn unter Beobachtung zu halten, das habe ich getan und dich gebeten, mich zu begleiten. Vielleicht steckt dahinter wirklich mehr.«
    »Wie heißt der Mann denn?«
    »Ernest Ragg.«
    »Nie gehört.«
    »Kann ich mir vorstellen. Er wohnt auch nicht in London, sondern auf dem Land. Wie ich hörte, ist er bei einem Baron angestellt. Was er dort genau macht, kann ich dir nicht sagen. Vielleicht als Gärtner oder so. Aber ich habe das Gefühl, dass die ganze Sache einen Haken hat. Wenn sie sich als harmlos herausstellt, um so besser. Dann haben wir beide einen schönen Film gesehen, gehen noch ein Gläschen trinken und fahren nach Hause.« Lady Sarah nahm noch einen Weingummi. »Du hast ja nichts zu versäumen, John.«
    »Das sagst du.«
    Als hätte der Mann bemerkt, dass wir über ihn sprachen, so bewegte er sich auf seinem Kinositz, drehte sich um und schaute für einen Moment in unsere Richtung.
    Ich sah, dass er eine dunkle Brille trug, schon älter war und eine gebräunte Gesichtshaut besaß, die darauf schließen ließ, dass er sich oft in der freien Natur aufhielt.
    Bevor ich ihn näher betrachten konnte, verlöschte allmählich das Licht im Kinosaal, und der Film mit dem Titel »Nachtgespenster« begann.
    Mich störte schon die Musik. Sie war viel zu laut, man hätte sie leiser drehen können, aber keiner tat es.
    Der Vorspann lief. Während die Schrift über die Leinwand flimmerte, gab es die ersten Toten. Von Unsichtbaren erwürgt und danach in die Drahtschlinge eines Baggerseils gehängt.
    Die Jugendlichen begannen zu klatschen. Ihnen schien der Filmbeginn zu gefallen.
    Mir weniger. Mein Interesse galt nicht der Leinwand, sondern einem Mann, wegen dem Lady Sarah und ich unsere beiden Kinokarten gelöst hatten.
    Jugendliche sind während eines Films oft unruhig. Da bewegen sie sich hin und her, geben ihre Kommentare, lachen oder pfeifen, wenn ihnen etwas nicht gefällt.
    Ernest Ragg reagierte ähnlich.
    Nur blieb er stumm dabei. Er schrie nicht, gab keine Kommentare, aber er blieb nicht ruhig auf seinem Platz sitzen. Von einer zur anderen Seite drehte er sich und fuhr sich mit den Händen durch die Frisur.
    Ein seltsames Verhalten, wobei ich mich fragte, was der Grund dafür war. Den hatte mir Lady Sarah allerdings schon mitgeteilt. Sollte es tatsächlich so sein, dass er sich in einer tödlichen Gefahr befand und ihr Nahen schon spürte?
    Ich musste damit rechnen.
    Auf der Leinwand wurde es düster.
    Nebel wallte herbei und zog träge über einen Friedhof. Der Nebel schimmerte in einer so seltsamen Farbe, dass man als Zuschauer erkennen konnte, wie wenig echt er war. Die Filmleute hatten sich wenig Mühe gegeben.
    Da es ziemlich dunkel war, konnte ich den Mann kaum noch erkennen. Nur hin und wieder, wenn sich einer der Besucher eine Zigarette anzündete, leuchteten kleine Lichtinseln auf. Wir befanden uns in einem Raucherkino.
    Auch Lady Sarah war die Unruhe des Mannes nicht verborgen geblieben. Flüsternd sprach sie mich darauf an. »Der hat irgend etwas, John. Vielleicht spürt er schon das Nahen des Todes.«
    »Das will ich nicht glauben.«
    »Doch, lass es dir gesagt sein.«
    Ich schüttelte den Kopf und warf wieder einen Blick zur Leinwand. Die Kamera wanderte noch immer über verwitterte Grabsteine.
    An einem Doppelgrab stoppte sie.
    Ich musste grinsen, denn ich sah deutlich, dass man den breiten Grabstein nur sehr lieblos auf das Grab gesetzt hatte. Jeden Moment konnte das Ding umfallen.
    Nein, dieser Film war nicht das Gelbe vom Ei.
    Dann hörte man Schritte. Durch den Vier-Kanal-Dolby-Ton unnatürlich verstärkt, allerdings sehr effektvoll gemacht. Einige Mädchen rutschten tiefer in ihre Sitze und drückten sich gegen ihre Begleiter.
    Ein Mann erschien. Zuerst sah man nur die Beine und das blanke Blatt einer Schaufel.
    Gleichzeitig verstummte die Musik, die Schaufel bewegte sich, schleifte über den Boden, und dieses Kratzen war wieder überlaut zu vernehmen.
    Mich langweilte die Szene, deshalb wandte ich mein Interesse wieder dem drei Reihen von Lady Sarah und mir hockenden Ernest Ragg zu.
    Er hatte seine Haltung verändert. Das war keine Täuschung, ich erkannte es trotz der schwachen Lichtverhältnisse. Auf seinem Sessel saß er nach wie vor, die Hände hatte er auf die Lehnen gestützt, schaute nach vorn und wirkte irgendwie sprungbereit.
    Auch Lady Sarah merkte es. »Wir müssen genau aufpassen«, hauchte
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