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031 - Der Puppenmacher

031 - Der Puppenmacher

Titel: 031 - Der Puppenmacher
Autoren: Ernst Vlcek
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erkundigte sich dieser.
    »Die benötige ich nicht, Mr. Hunter.« Hayward beugte sich wieder vor. »Ich weiß, welches Schicksal meinen Sohn ereilt hat. Was ich gesehen und gehört habe, ist mir Beweis genug. Wenn meine Angaben Ihnen nicht reichen, dann bedauere ich es sehr. Aber mehr kann ich Ihnen nicht sagen. Trotzdem hoffe ich, daß Sie noch immer bereit sind, meinem Sohn zu helfen.«
    »Ich werde es versuchen, aber ich benötige in jedem Fall Ihre vollste Unterstützung«, sagte Dorian fest.
    »Die werde ich Ihnen – im Rahmen meiner Möglichkeiten – geben«, versicherte Lord Hayward nicht sehr überzeugend.
    Dorian und Chapman wechselten einen schnellen Blick. Sie waren sich darin einig, daß ihnen Hayward etwas verschwieg. Dorian unternahm noch einen Versuch, etwas mehr Licht in das Dunkel zu bringen.
    »Welche Rolle spielen denn eigentlich Lady Hurst und ihr Sohn?« fragte er rundheraus.
    Hayward zuckte zusammen, aber er faßte sich schnell und sagte empört: »Lady und Henry Hurst sind alte Freunde. Ich möchte, daß sie und meine anderen Gäste nicht von unserer Abmachung betroffen werden.«
    »Welche anderen Gäste?« erkundigte sich Dorian.
    »Das geht Sie nichts an!« krächzte Hayward, ließ sich dann aber doch noch zu einer näheren Erklärung herbei und fügte in gemäßigtem Tonfall hinzu: »Es handelt sich um insgesamt sieben Personen. Alles Freunde der Familie. Sie genießen mein vollstes Vertrauen. Ich verbiete Ihnen, sie zu belästigen.«
    »Wenn diese Personen Ihr Vertrauen genießen, warum mußten wir uns dann als Versicherungsagenten aus geben?« wollte Chapman wissen, der die Führung des Gesprächs Dorian überlassen hatte. »Weil …« Hayward unterbrach sich, hob dann ruckartig den Kopf und fuhr mit fester Stimme fort: »Ich möchte nichts von meinen Maßnahmen verlauten lassen, um mich nicht lächerlich zu machen. Das können Sie doch verstehen, Mr. Chapman?«
    Chapman nickte. Das war genau das, was er hören wollte.
    Dorian war mit dieser Antwort weniger zufrieden. Er war überzeugt, daß Hayward log – nicht nur in diesem Punkt.
    »Ich möchte Sie bitten, daß Sie mich den anderen gegenüber nicht bei meinem richtigen Namen nennen«, sagte er. »Ich habe mich als Dorian Holborn ausgegeben. Das hat keine besondere Bedeutung, sondern ist nur eine vorbeugende Maßnahme. Ich möchte mich nämlich ebenfalls nicht lächerlich machen. Und jetzt führen Sie uns, bitte, zu Phillip!«
    Chapman mischte sich zum zweiten Mal ein. »Ich hätte noch eine Frage an Sie, Lord Hayward. Erinnern Sie sich noch, um welche Zeit Ihre Frau heute abend das Haus verlassen hat?«
    »Heute abend?« wiederholte Hayward nachdenklich.
    »Meine Frau hat schon seit Tagen das Haus nicht mehr verlassen. Warum stellen Sie diese unsinnige Frage, wo Sie doch wissen, daß Sie das Bett hüten muß? Sie befindet sich selbstverständlich auf ihrem Zimmer.«
    »Würden Sie mir erlauben, sie zu sehen?« fragte Chapman.
    »Nein!« lehnte Hayward kategorisch ab. »Sie benötigt absolute Ruhe, und ich kann nicht zulassen, daß sie gestört wird. Folgen Sie mir jetzt, bitte!«
    Sie verließen das Arbeitszimmer und gingen über die Treppe ins Obergeschoß, dabei mußten sie am Salon vorbei. Dorian sah, daß sich jemand zu Lady Hurst und ihrem Sohn gesellt hatte. Es war ein Mann, von dem er jedoch keine Einzelheiten erkennen konnte, weil er nur einen Teil seiner Rückenansicht zu sehen bekam.
    »Wo haben Sie eigentlich Ihre Dienerschaft?« erkundigte sich Chapman harmlos.
    »Hören Sie endlich auf, mir ständig Fragen zu stellen, die nichts mit dem eigentlichen Problemen zu tun haben!« stieß Hayward ärgerlich hervor.
    Sie erreichten die zweite Etage, und Hayward steuerte auf eine Tür nahe der Treppe zu. Er öffnete sie leise und gab den anderen beiden zu verstehen, daß sie sich still verhalten sollten.
    Dorian trat hinter Hayward ein und blieb erschrocken stehen, als er ein Wesen aufrecht im Bett sitzen sah, das nur noch aus Haut und Knochen zu bestehen schien.
    Als Chapman seinen Fuß über die Türschwelle setzte, wurde das Wesen im Bett von einem Schüttelfrost erfaßt und stammelte: »Tod. Todgeweihter. Totenkopf. Todesmal. Vom Tode gezeichnet.«
    »Phillip!«
    Lord Hayward eilte ans Bett und umfaßte den bis auf die Knochen abgemagerten Jungen.
    »Sag mir, was los ist!« bat er besorgt. »Sind sie wieder da? Kommen sie, um dich zu quälen? Sage es mir!«
    Der Junge starrte ins Leere. Seine Augen lagen tief in den Höhlen
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