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03 - Winnetou III

03 - Winnetou III

Titel: 03 - Winnetou III
Autoren: Karl May
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Abend?“
    „Ja.“
    „Auch des Nachts muß jemand bei ihr sein.“
    „Ich werde bis zum Morgen bleiben.“
    Ihre Stimme zitterte; sie hatte mich verstanden.
    „Bis zum Morgen? Dann sehen wir uns wieder.“
    „Ja, dann sehen wir uns wieder!“
    Sie ging. Den Aufsehern war der Doppelsinn unsrer Worte nicht aufgefallen.
    Ich mußte nach Pidas Zelt, um dort meine Sachen zu holen. Nach unserm jetzigen Gespräch war ich überzeugt, daß ‚Dunkles Haar‘ dort sein und mich erwarten werde; das freute mich, erregte aber auch sehr gerechtfertigte Bedenken in mir. Wenn ich meine Waffen und was sonst noch von mir dort war, in Gegenwart der beiden Schwestern holte, so wurden ihnen morgen früh gewiß die schwersten Vorwürfe gemacht. Um mich nicht zu verraten, waren sie gezwungen, ruhig zu bleiben, und doch erforderte ihre Pflicht, um Hilfe zu rufen. Wie war diesem Zwiespalt abzuhelfen? Nicht anders als dadurch, daß sie sich freiwillig von mir fesseln ließen. War ich dann fort, so konnten sie schreien, so viel und so sehr sie wollten, und, wenn sie gefragt wurden, sagen, daß ich plötzlich im Zelt erschienen sei und sie mit der Faust niedergeschlagen habe. Das glaubte man gewiß, denn ich war auch den Kiowas in dieser Beziehung bekannt. Ob die Schwester von ‚Dunkles Haar‘ auch einverstanden sei, das machte mir keine Schmerzen. Sie hielt mich für ihren Lebensretter.
    Noch einen Gedanken gab es, über den ich aber nicht so schnell hinwegkommen konnte: War mein Stutzen noch da? Nein, denn Pida kannte den Wert dieses Gewehres und hatte es also mitgenommen. Ja, denn er konnte nicht mit demselben umgehen und hätte sich gewiß die Handgriffe vor seinem Fortritt zeigen lassen. Welches war richtig, das Ja oder das Nein? Das war abzuwarten. Hatte er den Stutzen mitgenommen, so verstand es sich von selbst, daß ich eher nach diesem Gewehr als nach Santer zu trachten hatte.
    Nun kam die Ablösung der beiden Wächter; ‚Eine Feder‘ brachte sie. Er war ernst aber dabei freundlich mit mir und band mich selbst los, weil er glaubte, die andern würden die bis auf die Knochen gehenden Wunden an meinen Handgelenken nicht berücksichtigen. Ich legte mich zwischen die vier Pfähle und zog dabei mit der rechten Hand, ohne daß es bemerkt wurde, das kleine Messerchen aus dem linken Ärmel heraus. Dann hielt ich den linken Arm hin, um mir die Schlinge hinter die Hand legen zu lassen. Als dies geschehen war und die Hand nun an den Pfahl gebunden werden sollte, tat ich, als ob mich der Riemen an der Wunde schmerzte, und zog sie, wie man es bei Schmerzen zu machen pflegt, mit einer hastigen Bewegung an den Mund. Dabei schob ich mit der rechten Hand die Klinge zwischen das Handgelenk und den Riemen und schnitt diesen beinahe durch.
    „Paß auf!“ fuhr ‚Eine Feder‘ den Roten an, der mich band. „Du bist an die Wunde gekommen. Old Shatterhand soll wohl später aber nicht schon jetzt gequält werden!“
    Hierauf ließ ich das Messer fallen und merkte mir die Stelle, wo es lag und wo ich es später mit der linken Hand erreichen konnte. Dann wurde mir die rechte Hand angebunden, worauf auch die Füße an die Reihe kamen. Ich erhielt auch wieder zwei Decken, grad wie gestern, eine unter den Kopf, und die andere wurde über mich ausgebreitet. Als dies geschehen war, machte ‚Eine Feder‘ noch die mir höchst willkommene Bemerkung:
    „Wenn sonst alle Tage, aber heut kann Old Shatterhand nicht fliehen. Mit solchen Wunden an den Gelenken zerreißt er keinen Riemen.“
    Nach diesen Worten entfernte er sich, und die beiden Aufseher hockten sich zu meinen Füßen nieder.
    Es gibt Menschen, welche vor so wichtigen Augenblicken kaum ihre Erregung beherrschen können; ich bin da immer ruhig gewesen, ruhiger noch als sonst. Es verging eine Stunde und noch eine; die Feuer erloschen; nur dasjenige leuchtete noch, welches vor dem Zelt des Häuptlings brannte. Es wurde kühl, und meine Wächter zogen die Knie an den Leib. Dies war aber eine unbequeme Stellung, und so legten sie sich nieder, die Köpfe mir zugekehrt. Es wurde Zeit für mich. Ein langsamer aber kräftiger Ruck, und der linke, fast zerschnittene Handriemen riß; diese Hand war frei. Ich zog sie an mich und suchte das Messer, welches ich fand. Nun wendete ich, was mir vorher unmöglich gewesen war, den Oberkörper nach der rechten Seite, schob die linke Hand unter die Decke bis zur rechten hinüber und schnitt diese los. Beide Hände frei! Ich fühlte mich schon gerettet!
    Nun zu den
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