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03 - Winnetou III

03 - Winnetou III

Titel: 03 - Winnetou III
Autoren: Karl May
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Füßen! Aber wie? Um mit den Händen bis zu den Füßen langen zu können, mußte ich mich nicht nur aufsetzen, sondern auch ganz hinunterrücken; dann befand ich mich gleich hinter den Köpfen der beiden Indianer. Waren sie sehr wachsam? Ich bewegte mich einige Male; sie lagen still. Schliefen sie etwa?
    Dem mochte sein, wie ihm wolle; besser schnell gehandelt als langsam! Ich schob die Decke von mir ab, setzte mich und rückte nach unten. Wahrhaftig, die Kerls schliefen! Zwei schnelle Schnitte, und ich war frei; zwei ebenso rasche Fausthiebe an ihre Köpfe, und die Aufseher waren betäubt. Ich band sie mit den vier zerschnittenen Riemen und schnitt von der Decke zwei Ecken, um sie ihnen als Knebel in den Mund zu schieben, daß sie nicht rufen konnten. Zu erwähnen ist, daß mein Pferd heut wieder in der Nähe lag.
    Nun stand ich auf und streckte die Glieder. Wie wohl das tat! Als die Arme ihre Gelenkigkeit wieder erhalten hatten, legte ich mich wieder nieder und kroch fort, von Baum zu Baum, von Zelt zu Zelt. Nichts regte sich im Dorf, und ich kam glücklich bei dem Zelt des jungen Häuptlings an. Schon wollte ich die Türdecke leise zur Seite ziehen, da hörte ich ein Geräusch zu meiner linken Hand. Ich lauschte. Leise Schritte kamen, und wer blieb da drei Schritte vor mir stehen, ohne mich zu sehen?
    „Dunkles Haar!“ sagte ich leise.
    „Old Shatterhand!“ antwortete sie.
    Ich stand auf und fragte:
    „Du bist nicht im Zelt. Warum?“
    „Es ist niemand drin, damit wir nicht ausgescholten werden. Meine Schwester ist krank; ich muß sie pflegen und habe sie deshalb nach dem Zelt des Vaters geholt.“
    O Weiberlist!
    „Aber meine Waffen sind noch da?“ fragte ich.
    „Ja, noch grad so wie am Tage.“
    „Da habe ich sie gesehen. Aber die Gewehre?“
    „Unter dem Lager von Pida. Hat Old Shatterhand sein Pferd?“
    „Es wartet auf mich. Du bist so gut gegen mich gewesen; ich habe dir sehr zu danken!“
    „Old Shatterhand ist gegen alle Menschen gut. Wird er vielleicht einmal wiederkommen?“
    „Ich denke es; dann bringe ich Pida mit, der mein Freund und Bruder sein wird.“
    „Reitest du ihm nach?“
    „Ja. Ich werde ihn treffen.“
    „So sag ja nichts von mir. Niemand außer der Schwester darf wissen, was ich tat.“
    „Du hättest noch mehr getan; ich weiß es. Reich mir deine Hand, daß ich dir danke!“
    Sie gab sie mir.
    „Möge deine Flucht vollends gelingen! Ich muß fort; die Schwester sorgt um mich.“
    Sie zog, ehe ich es hindern konnte, meine Hand an ihre Lippen und huschte fort. Ich stand und lauschte ihr nach. Du gutes, rotes Kind!
    Dann trat ich in das Zelt und tastete zunächst nach dem Lager. Unter demselben steckten, in einer Decke gewickelt, die Gewehre. Ich nahm sie hervor und hing sie über. Messer und Revolver waren da, auch der Sattel mit den Taschen. Noch nicht fünf Minuten waren vergangen, so verließ ich das Zelt und kehrte zum Baum des Todes zurück, um mein Pferd zu satteln. Als dies geschehen war, beugte ich mich zu den Wächtern nieder; sie waren wach.
    „Die Krieger der Kiowas haben kein Glück mit Old Shatterhand“, sagte ich mit unterdrückter Stimme zu ihnen. „Sie werden ihn nie an ihrem Marterpfahl sehen. Ich reite Pida nach, ihm zu helfen, Santer zu fangen, und werde ihn als Freund und Bruder behandeln. Vielleicht kehre ich mit ihm zu euch zurück. Sagt dies dem Häuptling Tangua; er soll nicht um seinen Sohn in Sorge sein, denn ich werde ihn beschützen. Die Söhne und Töchter der Kiowa sind freundlich zu mir gewesen; sagt ihnen meinen Dank und daß ich ihnen dies nie vergessen werde. Howgh!“
    Ich nahm meinen Schwarzschimmel beim Zügel und führte ihn fort, denn reiten wollte ich noch nicht, um niemanden aufzuwecken. Erst als ich mich weit genug entfernt hatte, stieg ich in den Sattel, der mich nach der Ansicht der Kiowas nie wieder hatte tragen sollen, und ritt südwärts in die Prärie hinein.
    Denn nach Süden führte mein Weg, obgleich ich in der nächtlichen Dunkelheit die Spuren von Santer und den ihr verfolgenden Kiowas nicht sehen konnte. Ich brauchte sie nicht zu sehen und hatte überhaupt nicht die Absicht, mich nach ihnen zu richten. Ich wußte, daß Santer nach dem Rio Pecos ritt, und das war mir genug.
    Wer aber sagte mir, daß er diese Richtung nahm? Das Testament von Winnetou.
    In demselben kamen, so weit ich es gelesen hatte, drei Ausdrücke in der Sprache der Apachen vor. Den einen, Indelt-sche-tschil, hatte er verstanden; Tseschosch und
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