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03 - Schatten Krieger

03 - Schatten Krieger

Titel: 03 - Schatten Krieger
Autoren: Michael Cobley
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beigesetzt. Wenn er nach Süden über die Außenbezirke der Stadt hinwegsah, konnte er die Laternen des Bestattungshains sehen. Diesen künstlich aufgehäuften Hügel mitten in der Stadt nannten die Priesterinnen der Erden-Mutter
Insel des Gedenkens.
Während sich die Nacht herabsenkte, breitete sich allmählich ein Teppich aus Licht in den Straßen und den Bezirken aus, als Verandalampen und Straßenlaternen entzündet wurden. Er lachte plötzlich, fest davon überzeugt, dass er an der Schwelle eines neuen Anfangs stand, einer neuen Hoffnung und eines neuen Lebens. Vorher blieb ihm nur noch, seine Mutter und seinen Bruder aufzusuchen und herauszufinden, was er aus der Vergangenheit retten konnte.
    Er stieg über die Holztreppe hinunter, neben dem träufelnden Rinnsal, das am Fuß der Stufen im dichten Unterholz verschwand. Corlek ließ den Hügel hinter sich und ging zügig über einen Knüppelweg, der an beiden Seiten von Büschen gesäumt wurde und zwischen Feldern hindurchführte. Der Weg brachte ihn zu einem trägen, gewundenen Fluss namens Deinlok. Dahinter lagen die nördlichen Stadtteile von Sejeend und die ehemaligen Besitzungen der Familie Ondene. Als er sich der Brücke näherte, musste er stehen bleiben, als eine Kolonne von mehr als zehn Pferdekarren aus dem Norden vorbeirumpelte. Vermutlich transportierten sie die erste Ernte der fruchtbaren Felder von Ost-Khatris. Das Klappern der Hufe und die eisenbeschlagenen Räder der Karren, die über die schweren Planken polterten, vereinten sich zu einem mächtigen Dröhnen. Corlek zog die breite Krempe seines Hutes tiefer in die Stirn, schulterte seinen Reisesack und folgte ihnen. »Zurück in die Zivilisation«, flüsterte er, als er das andere Ufer des Deinlok erreichte.
    Er folgte den Karren nicht hinauf in die nördlichen Vororte, sondern schlug sich nach rechts auf den grasbewachsenen Uferweg. Er eilte durch die Dunkelheit und ließ sich von seinen Erinnerungen führen. Sie sagten ihm, dass er bald an einen großen, schief stehenden Königsgoldbaum kommen würde, in dessen Rinde Rhanye und er als Kinder ihre Initialen geschnitzt hatten. An einer Flussbiegung blieb er stehen, zündete eine kleine Blendlampe an und schaute sich um. In dem Dickicht fand er, wie erwartet, den geneigten Baum, und auch die Initialen waren dort, wenngleich mittlerweile auch ein wenig höher, als er es in Erinnerung hatte. Er hakte die Lampe an seinen Gürtel, streifte sich die Handschuhe über und riss den Schleier aus Hundsdorn und Gras beiseite. Er suchte nach den flachen Steinen und Holzscheiten, die sie einst auf den ausgedehnten Sumpfboden gelegt hatten, der die östliche Grenze des Ondene-Besitzes versperrte. Die Büsche und Setzlinge hatten schon lange ausgetrieben und waren zu großen Pflanzen geworden, die Felsen jedoch waren noch da. Sie bildeten sichere Trittsteine. Als er eine Weile später aus dem Wald heraustrat, schmutzig und zerkratzt, stand er vor einem hohen, schweren Palisadenzaun, statt vor den mit Blumen geschmückten Zäunen, die einst als Einfriedung der Katen für die Dienstboten gedient hatte. Er folgte dem Verlauf des Weges nach rechts, bis er sehen konnte, wo der Zaun auf den alten Westwall stieß, der aus Holz, Schiefer und Torf bestand. Er kauerte sich ein Dutzend Schritte davor hinter dichtes Buschwerk und suchte den geheimen Eingang. Es war ein kleiner Ausschnitt in dem alten Wall, der nach innen fiel, nachdem Corlek einige Male kräftig dagegen getreten hatte. Als er auf Händen und Knien durch den kurzen, von Wurzeln gesäumten Tunnel kroch, lachte er leise, als er sich die Überraschung auf den Gesichtern seiner Mutter und seines Bruders ausmalte, wenn sie ihm die Tür öffneten.
    Das Licht seiner Lampe zeigte ihm den viereckigen Holzrahmen der Luke, die sich in der schrägen Flanke auf der anderen Seite des Erdwalls öffnete. Er brauchte eine Weile, bis er sie öffnen konnte, weil die Graswurzeln im Laufe der Jahre ein dichtes Flechtwerk darüber gezogen hatten. Als er schließlich auf die andere Seite gelangt war, befestigte er das Paneel wieder in der Öffnung und passte anschließend sorgfältig die mit Gras bedeckte Luke in das viereckige Loch ein.
    In einigen der Dienstbotenkaten brannte Licht, und er hörte Stimmen, während er nach Norden schlich, in Richtung des alten Wäldchens, an dem das Sommerhaus lag. Er hielt sich zwischen den Bäumen und benutzte das Unterholz als Deckung, als er auf der anderen Seite aus dem Laubwerk trat. Einen
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