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03 - Schatten Krieger

03 - Schatten Krieger

Titel: 03 - Schatten Krieger
Autoren: Michael Cobley
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vier- und fünfstöckigen Gebäude. Dahinter tauchte der Kala in der Nähe des Hafens wieder auf. Der Schreiber hielt sich in westlicher Richtung und folgte einer schmalen Straße, die zwischen einigen prachtvollen Stadtvillen entlangführte, den Heimstätten der Reichen, und um die hohe Mauer eines Bestattungshaines herum und schließlich durch das Bogenportal des Haines hindurch.
    Der Hain lag geschützt hinter dieser Ringmauer und schmiegte sich tief in den Schatten der Eisenholzbäume, deren Zweige sich schwer unter den Büscheln der süß duftenden Litrilu-Blüten bogen. Opferglocken klingelten an den niedrigsten Ästen, während vereinzelt Trauernde die reich geschmückten Grabsteine pflegten. Die Gräber lagen alle am Fuß des Felsens oder doch ziemlich dicht in seiner Nähe, und der Schreiber steuerte auf eines davon zu.
    Es war das Grabmal eines Soldaten, dessen letzter Ruheplatz von einem gewaltigen Granitblock geschützt wurde, der einer archaischen, mit Palisaden versehenen Festung glich und dessen vier Ecken von strengen Wachen mit Schwertern in den erhobenen Fäusten bewacht wurden. Der Schreiber drückte sich an einem hohen Busch vorbei, der den Spalt zwischen Grabmal und Fels verbarg, hockte sich hin und griff hinter einen Stein am Sockel des Grabes. Einen Moment später zog er einen kleinen, schweren Lederbeutel hervor. Er richtete sich wieder auf und drehte sich dann zu dem Felsen herum, der mit Flechten, winzigen blühenden Pflanzen und Grasbüscheln bewachsen war. Er musterte den Fels einen Moment, lächelte, und stieß dann ein einzelnes Wort aus.
    Der Fels kräuselte sich wie eine Wasseroberfläche, und plötzlich erschien eine rostige Eisentür darin. Der Schreiber förderte einen spitzen Schlüssel aus einer Tasche in seiner Robe zutage, öffnete die Tür und trat ein. Die Tür fiel hinter ihm zu. In dem Raum war es vollkommen dunkel, bis auf den winzigen Streifen Sonnenlicht um die Einfassung der Tür. Der Mann tastete nach einer kleinen Lampe, die in einer Nische etwa in Hüfthöhe stand, entzündete sie mit einem weiteren Wort und zwängte sich dann in einen unbehauenen, schmalen Spalt im Fels. Seine Roben blieben an den Vorsprüngen des grob behauenen Steines hängen, aber er ging weiter, ohne darauf zu achten. Er folgte dem kurvigen Gang, der tief in den uralten Felsen hinabführte.
    Nach einiger Zeit wurde der Tunnel wieder eben und mündete schließlich in einer ovalen Kammer. Die Flamme der Öllampe warf den Schatten des Mannes über unebene Wände, die mit Symbolen beschmiert waren und an denen verrottete Amulette aus Holz, Leinen und Knochen hingen. Doch er achtete nur auf das Gesicht, das sich aus dem sandigen Boden erhob. Es war aus grauem Lehm geformt und maß vom Scheitel bis zum Kinn etwa zwei Meter. Breite, leere Augenhöhlen starrten an die dunkle Decke der Kammer, und die Lippen waren geöffnet, als wollten sie sprechen.
    Der Schreiber starrte das Gesicht einen Moment an, zog dann den Beutel heraus und öffnete ihn. Er beugte sich hinab und streute ein wenig von dem feinen Aschepuder, das sich darin befand, in die Augen und den Mund sowie in eine flache Rinne, die das Gesicht umgab. Dann richtete er sich auf, steckte den Beutel wieder ein, trat einen Schritt zurück und stieß eine Reihe von rauen, gutturalen Silben aus.
    Vor dem Licht, das plötzlich in dem Gesicht aufflammte, musste er den Blick abwenden. Als er nach einem Moment erneut hinsah, verschleierten Dampfwolken die glühenden, grünlichen Strahlen, die aus den Augen, dem Mund und der umlaufenden Rinne drangen. Er trat näher, und helle, smaragdgrüne Augen drehten sich in ihren Lehmsockeln und sahen ihn an. Der Mund verzog sich zu einem glühenden, unangenehmen Lächeln.
    …
spät, Jumil… du hast dich wieder einmal verspätet… vielleicht solltest du bestraft werden …
Jumils Gesicht verzerrte sich vor Furcht.
    »Nein, bitte, Großer Schatten, ich flehe Euch an! Ich bin so rasch gekommen, wie ich konnte. Einer der Hohen Meister hat mich aufgehalten … dieser idiotische Frolek mit seinen hirnlosen Fragen!«
    Ein glühender Tentakel entrollte sich wie eine Schlange aus einem Mundwinkel, zuckte auf Jumil zu und wickelte sich um seinen Hals. Der Schreiber schrie auf und fiel auf die Knie.
    »Gebieter, ich bitte Euch … verschont mich, ich flehe Euch an! Ich habe alles getan, was Ihr von mir verlangt habt…«
    Alles?
    »… ja, ja, ich schwöre es! Es gibt jetzt fünf Herden der Nacht-Geschöpfe, die alle
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