Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

03 - Hinter dem Schleier der Tr��nen - Mein Abschied vom Harem der Frauen

Titel: 03 - Hinter dem Schleier der Tr��nen - Mein Abschied vom Harem der Frauen
Autoren: Choga Regina Egbeme
Vom Netzwerk:
mein Leben intensiver geworden war. Vielleicht auch, weil ich mehr in mich hineinhorchte. Ich war nicht unglücklich in dieser Zeit, sondern freute mich, dass ich zu Hause geblieben war. Ich fühlte mich in meiner kleinen Welt sicher und geborgen.
    Indem jedes Licht um mich herum erloschen war, hatte ich allerdings jegliches Zeitgefühl verloren. Es muss an einem Nachmittag gewesen sein, als Josh mich nur wenige Schritte aus meinem Zimmer in den Vorraum unseres Treppenhauses führte. Er nahm meine Hand, und meine Finger spürten eine weiche Substanz, Dinge, die sich wie Bälle anfühlten, aber hart waren, sowie schmale spitze Gegenstände. Ich konnte mir nicht zusammenreimen, was das sein sollte.
    „Nadeln, Kugeln, Kerzen!“, jubelte mein Sohn. „Mama, das ist ein Tannenbaum! Bald ist Weihnachten!“
    Nun hörte ich Magdalenas Stimme, die eigenartig klang klang: „Ich habe ihn uns aus Deutschland schicken lassen. Er sollte eigentlich rechtzeitig ankommen, damit du ihn noch sehen kannst. Hat leider nicht geklappt, Schwesterchen. Er ist auch nur aus künstlichen Nadeln Aber wir finden ihn alle ganz schön.“
    „Welche Farbe haben die Kugeln? Sind sie rot?“, fragte ich.
    „Gelb und weiß“, sagte Josh. „Es sind ganz viele.“
    Nun vernahm ich Ada: „Die Kerzen sind elektrisch Ich mache ihn jetzt mal an. Kannst du was erkennen?“

    Ich schüttelte den Kopf. „Das macht nichts. Wenn ihr euch freut, bin ich mit euch glücklich.“ Dann erzählte Josh und ich vom vorigen Weihnachtsfest mit Ezira un Tanisha. „Damals haben wir bestimmt zu spät gefeiert“ gestand ich meinem Sohn.
    „Weihnachten ist immer schön!“ Josh schmiegte sie dicht an mich. „Ich sage dir noch mal, wie der Bau aussieht.“ Er beschrieb ihn derart plastisch, dass ich ihn so deutlich vor mir zu sehen glaubte, wie ich mich a das Strahlen in den Augen meines Kindes erinnerte. Mein Sohn musste sich allerdings noch einige Tage gedulden bis es im Haus ganz köstlich duftete.
    Denn endlich war der Weihnachtsabend gekommen.
    Als Überraschung zauberte Magdalena einen deutschen Kuchen. Dazu musste sie nach langer Zeit den uralten Herd im Farmhaus, der sonst nie benutzt wurde, in Gang setzen. Da wir nur noch zu sechst waren hatten wir alle an einem Tisch Platz. Es war der größte der sonst auf der Veranda stand. Ich fühlte den Stof einer Decke, und Josh erzählte, dass sie goldene und silberne Girlanden aufgehängt hatten und überall Kerzen brannten.
    Wir sangen deutsche Weihnachtslieder, di Magdalena alle kannte. In seinem manchmal etwas holprigen Deutsch bemühte sich Josh, mitzuhalten.
    Wir wollten uns keine Geschenke machen. Das war so besprochen worden, weil ich ja nichts mehr basteln konnte. Doch Magdalena überraschte mich mit einem kleinen eckigen Kästchen, das sie mir in die Hand legte.
    „Was ist das?“, fragte ich verwundert.
    „Ein Diktiergerät“, erklärte sie und führte meine Finger auf die Tasten.
    Wenig später hörte ich meine eigene Stimme. „Wann immer du willst, kannst du von jetzt an deine Gedanken festhalten“, sagte meine Schwester.
    „Denn du wolltest doch Tagebuch führen.“
    Ich schloss sie gerührt in die Arme. Nun brauchte ich nicht einmal mehr zum Schreiben meine Augen. Für Josh hatte sie ein kleines Auto gekauft, mit dem er begeistert spielte.
    „Es hat so eine Antenne wie das von dem Doktor, der uns besucht hat!“, freute er sich. Ich hörte einen kleinen Motor surren und „sah“ natürlich das große Auto vor mir. Das war lustig, denn anfangs dachte ich, ein richtiges Auto würde in den Hof fahren. Ich schreckte hoch, weil ich nicht wusste, dass er das Spielzeug herumsausen ließ. Doch noch am Weihnachtsabend ließ er es irgendwo auf dem Weg zu meinem Zimmer stehen. Ich trat darauf. Es gab einen knirschenden Ton, und ich wusste, dass ich etwas kaputtgemacht hatte, was meinem Sohn viel Freude bereitet hatte.
    Verzweifelt tastete ich am Boden herum und konnte es kaum finden. „Josh, ich habe dein Auto zerstört.“
    „Ach, meine Mama!“ Er kniete sich neben mich und drückte sich an mich.
    „Du hast doch immer nur Angst vor dem Auto gehabt.“
    Magdalena erbot sich, ein neues zu kaufen. „Ist schon gut, ich brauche kein Auto“, sagte mein Sohn und streichelte mich voller Zartheit. „Mama“, fragte er, „darf ich heute Abend bei dir schlafen?“ Das hatte er schon lange nicht mehr gemacht.
    „Weil Weihnachten ist, ja?“
    „Ich habe dich so lieb, Mami.“
    Als es Schlafenszeit war,
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher