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0294 - Das Grauen wohnt in toten Augen

0294 - Das Grauen wohnt in toten Augen

Titel: 0294 - Das Grauen wohnt in toten Augen
Autoren: Rolf Michael
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ihrem Schicksal überlassen. Sonst war sie auf jeden Fall rettungslos verloren. Denn auch der nächste Reiter, der auf einem hochbeinigen Kamel heranstürmte, zielte mit seinem Speer höllisch genau.
    In seinen toten Augen leuchtete der Wille zum Töten.
    Verzweifelt setzte das Girl alles auf eine Karte. Sie ließ das Kopfgeschirr des kleinen Dschemmels los und erwartete den Angriff. Irgendwie gelang es ihr, eiskalt zu bleiben. Da sie eine vorzügliche Tennisspielerin war, hatte sie die Reaktionsschnelligkeit, die sie benötigte.
    Sie achtete nicht auf den das Skelett umwehenden Burnus und das heranstampfende Kamel. Sie ließ die Lanze keinen Moment aus den Augen.
    Der Geisterreiter schien wie von einer bösen Macht gelenkt. Er wartete bis zum letzten Moment. Sabine konnte die Spitze der Waffe fast auf ihrer Haut spüren. Da — da stach der unheimliche Reiter zu.
    Es war mehr eine Reflexbewegung, mit der sich das Mädchen zur Seite bog. Im selben Moment griff sie zu. Beide Hände umklammerten die Lanze kurz unterhalb der Spitze und Sabine legte alle ihre Kräfte in den einen Ruck.
    Ein grausiger Heulton - dann ließ der Geisterreiter die Lanze fallen.
    Sabine hechtete sich zur Seite, um nicht unter die Hufe des tänzelnden Kamels zu geraten. Der Länge nach stürzte sie in den glühend heißen Wüstensand.
    Im selben Moment zerfiel in ihrer Hand die Lanze. Der Geisterreiter riß sein Kamel herum und zerrte den Krummsäbel frei.
    Doch in diesem Moment geschah etwas Ungeheuerliches.
    Das kleine Kamel ruckte aus seiner knienden Haltung empor. Die Erstarrung schien von dem Tier abgefallen zu sein. Es erkannte die tödliche Gefahr.
    Für das Kamel war alles eine instinktive Handlung.
    Flucht! Die Rettung lag in der Flucht!
    Angstvoll blökend rannte das kleine Dschemmel los. Und es kreuzte genau den Weg, den das Reittier des Angreifers nahm, der mit geschwungenem Säbel den nächsten Angriff auf das Mädchen ritt.
    Das Kamel des Geisterreiters stolperte über das kleine Dschemmel und stürzte vornüber zu Boden. Der Skelettkrieger wurde über den Kopf des Tieres in den Sand geschleudert.
    Sabine stieß einen Schrei aus, als sie erkannte, daß sich das Kamel und der Geisterreiter sofort in Sand auflösten. Nichts blieb mehr vorhanden als ein großer Sandhaufen, dessen zerfallende Konturen der Samum sofort verwehte.
    Sabine sah durch den tobenden Sand, wie sich das kleine Dschemmel zu der Wellblechbaracke rettete, in der die anderen Tiere untergebracht waren. Einer der Arbeiter in dieser Stallung brachte den Mut auf, die Tür so weit zu öffnen, daß sich das zitternde Kamel nach drinnen retten konnte.
    Doch Sabine spürte, daß es ihr nicht gelingen konnte, eine der Baracken zu erreichen. Denn die unheimlichen Reiter begannen, sich zu einem konzentrierten Angriff zu formieren.
    Sabine Janner ballte ihre Hände zu Fäusten. Gleich mußten die Reihen der Geisterwesen auf sie èindringen. Es gab keine Rettung mehr für sie.
    Nur noch wenige Augenblicke, dann war es vorbei.
    Dann sang der heiße Wüstenwind Sabines Todesmelodie…
    ***
    Asfar, der Dschinn, war entsetzt. Die von ihm aus dem wirbelnden Sand der Wüste geschaffenen Wesen entglitten seiner Kontrolle.
    Er spürte, daß unheimliche Kräfte in die Geisterkrieger flossen. Kräfte, die er weder selbst besaß noch ihnen jemals geben würde.
    Es waren Kräfte der Zerstörung und des Todes.
    Asfar, der Gelbe, wollte nicht, daß ein Mensch oder sonst ein Lebewesen zu Schaden kam. Für ihn war das alles ein fröhlicher Spaß. Es war mal etwas anderes als das ewige Einerlei der Wüste, wenn er Menschen in panischer Furcht fliehen sah.
    Dieses hübsche Mädchen imponierte dem Dschinn. Sie hatte den Mut gehabt, sich trotz aufsteigender Angst der Gefahr zu stellen. Asfar wollte das Spiel noch etwas weitertreiben, um zu sehen, wann das Girl denn endlich Todesfurcht zeigen würde. Wenn sie sich, in den Wüstensand gekauert, aufgab, war Asfar erst zufrieden. Dann hatte er seine heile Freude.
    Immerhin war Asfar ein Wüstengeist, und seine Mentalität und sein Sinn für Humor entsprachen so gar nicht dem menschlichen Verständnis. Wo beim Menschen der Wahnsinn einsetzt, ist in der Geisterwelt die Grenze des Witzes erreicht.
    Doch so weit Asfar das Spiel auch trieb - als der Krummsäbel die Haarlocke Sabines abschnitt, erkannte der Dschinn, daß die Sandkreatur nicht nur von ihm gelenkt wurde.
    Eine Kraft griff ein, die so abgrundtief böse war, daß Asfar zurückbebte. Obwohl er
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