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0286 - Briefe aus der Hölle

0286 - Briefe aus der Hölle

Titel: 0286 - Briefe aus der Hölle
Autoren: Jason Dark
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aber beugte sich vor, neigte sein Maul bis dicht an das Ohr des Mannes und flüsterte einen Namen.
    Henry erschrak, und der Satan fuhr zurück. Mit vorgestrecktem Arm und wie ein in der Pose erstarrter Balletttänzer blieb er stehen, wobei sein Finger auf Henry Torry deutete.
    »Willst du nicht?« fragte der Satan.
    »Doch, ich will!«
    »Dann steh auf und geh!« Er warf Henry die Schlinge zu. Der Mann fing sie geschickt auf und lenkte seine Schritte auf die Tür zu. Um seine Tat zu begehen, brauchte er nicht einmal die Wohnung zu verlassen…
    ***
    Man konnte von Shelly Torry nicht behaupten, daß sie gut schlief.
    Deshalb nahm sie bereits seit Jahren Schlaftabletten, um ins Reich der Träume zu gleiten.
    Wenn ihr einmal die Augen zugefallen waren, gab es auch nichts, was sie noch aufweckte. Da konnte neben ihrem Bett der Blitz einschlagen und der Donner grollen, sie schlief weiter.
    Das wußte auch ihr Mann.
    Seine Hände spielten mit der Schlinge, als er die quadratisch angelegte Diele betrat. Alle Türen der Wohnung zweigten von hier aus ab, und das gemeinsame Schlafzimmer lag direkt gegenüber.
    Henry hatte die Tür hinter sich geschlossen. Dennoch schaffte es der Teufel, durch das Holz zu kriechen.
    Eine Rauchwolke entstand, der Schwefelgeruch verstärkte sich, und plötzlich stand er wieder neben ihm.
    »Tu's!« zischte er dem Mann ins Ohr.
    »Und dann?«
    »Wirst du schon sehen, mein Lieber. Es gibt für dich viel zu tun, denn du bist nicht der einzige in dem höllischen Reigen. Ich habe noch einige Briefschreiber…«
    »Wer denn?«
    Der Satan stieß ein glucksendes Gelächter aus. »Das werde ich dir nicht sagen. Vielleicht erfährst du es früh genug, aber nun lauf, damit ich sehe, wie gut du mir gehorchst!«
    Henry hatte sich längst entschlossen. Er lenkte seine Schritte zielstrebig auf die Tür des Schlafzimmers zu, hinter der seine Frau schlief und nichts merken würde.
    Bevor der Mann die Klinke nach unten drückte, drehte er sich noch einmal um.
    Der Teufel stand im Hintergrund und lächelte. Ein seltsames Licht umflorte ihn. Es war dunkel und dennoch hell. Völlig unnatürlich, aber Henry konnte die Gesichtszüge des Satans erkennen.
    »Viel Glück«, sagte Asmodis. »Ich wünsche es dir von meinem ganzen satanischen Herzen.«
    »Ja, ja.« Der Mann nickte, drehte sich wieder und legte seine Hand auf die Klinke.
    Shelly schloß nie ab. Das hatte sie auch an diesem Abend nicht getan, und die Tür schwang beim leichtesten Druck auf.
    Wie eine graue Schattengestalt blieb der Teufel in der Diele stehen und schaute seinem Günstling nach, der sich über die Schwelle schob und in das Dunkel eintauchte.
    Für einen Moment blieb er im Finstern stehen. An der rechten Seite sah er schwach die Umrisse des Fensters. Auch das breite Doppelbett zeichnete sich ab, der Schrank ebenfalls, und er hörte das ruhige Atmen seiner Ehefrau.
    Bald würde sie nicht mehr atmen…
    Henry Torry, der sich völlig in den Klauen des Satans befand, grinste und zog seine Lippen weit zurück. Mit traumwandlerischer Sicherheit fand er den Lichtschalter, betätigte ihn und schaute zu, wie die Schalenleuchte an der Decke hell wurde.
    Er brauchte keine Angst zu haben, daß Shelly erwachte. Die Schlaftabletten wirkten, zudem waren es im Laufe der Zeit immer stärkere geworden.
    Er schaute auf das Bett. An seinem Fußende war er stehengeblieben, sah die Frau und schüttelte sich, als hätte jemand Wasser über ihm ausgegossen.
    Fast 30 Jahre waren sie miteinander verheiratet. Beide waren nicht schöner geworden, aber als er Shelly so im Bett liegen sah, wobei ihr graues Haar auf dem hellen Kissen auf ihn wie ein schmutziger Fleck wirkte, da merkte er plötzlich, wie sehr er diese schlafende Gestalt haßte, obwohl sie seine Frau war.
    Ihr Gesicht wirkte gelöst. Die Bettdecke war zur Seite gerutscht. Henry sah den grauen Stoff des Nachthemds und schüttelte sich. Wie konnte man nur ein graues Nachthemd anziehen. Ebenso grau wie die Frau selbst und der verdammte Alltag, in dem sie beide steckten und sich nichts mehr zu sagen hatten.
    Ihr Mund stand offen. Leise röchelnd drang der Atem über ihre Lippen.
    Davor sprühten kleine Speichelbläschen, die Gesichtszüge wirkten entspannt.
    Henry faßte die Schlinge fester. Der Teufel hatte ihm einen Auftrag gegeben, ihn würde er auch ausführen.
    Seinen großen Meister selbst sah er nicht mehr. Der hatte es vorgezogen, draußen zu bleiben. Das konnte er auch, denn er wußte die Aufgabe in guten
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