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0286 - Briefe aus der Hölle

0286 - Briefe aus der Hölle

Titel: 0286 - Briefe aus der Hölle
Autoren: Jason Dark
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zwischen uns stehenden Tischs. An der Tür stand noch ein Bewacher. So richtig fit war ich noch nicht. Allmählich wurde es Herbst, der Körper stellte sich um, und ich hatte zwar wirklich in einem Tiefschlaf gelegen, der schon fast einer Bewußtlosigkeit glich. Über meinen Kopf schien jemand eine Glocke gestülpt zu haben, deshalb arbeitete auch mein Gedankenapparat noch nicht auf vollen Touren.
    »Sie heißen?« fragte ich.
    »Henry Torry.«
    Das hatte ich zwar schon vorher erfahren, dennoch wollte ich es von ihm hören. Ich griff in die Tasche und holte eine halbleere Zigarettenschachtel hervor. »Möchten Sie?«
    »Nein.«
    Die Schachtel verschwand wieder.
    »Sie haben also Ihre Frau getötet«, stellte ich fest.
    Er hob den Kopf. Sein Blick verirrte sich in mein Gesicht. Die Augen nahmen einen lauernden, irgendwie abschätzenden Zug an. »Ich habe sie zwar getötet, aber ich war es trotzdem nicht.«
    »Wer dann?«
    »Der Teufel!«
    So etwas hatte man mir schon einmal gesagt. Ich lehnte mich zurück und krauste die Stirn. »Hat der Teufel Sie besucht?«
    »Auch das.«
    »Erzählen Sie mal.«
    Er zierte sich ein wenig. Ich mußte ihn noch einmal auffordern, bis er schließlich mit dem Bericht herausrückte. Er begann, den Teufel zu beschreiben.
    Ich hörte sehr genau zu und mußte anerkennen, daß er den Höllenfürsten tatsächlich gut getroffen hatte. So wie er ihn darstellte, war es außergewöhnlich, aber nicht ungewöhnlich, denn der Satan zeigte sich gern in dieser Aufmachung, zudem war er auch so auf zahlreichen Bildern zu sehen. Deshalb war diese Beschreibung, so exakt sie auch sein mochte, für mich noch kein Beweis.
    »Und was hat der Teufel gesagt?« fragte ich.
    »Er hat mir die Schlinge gegeben.«
    »Mit der Sie Ihre Frau töteten.«
    »Ja. Aber der Satan wollte es so.«
    »Weshalb haben Sie gehorcht?«
    Jetzt traf mich ein erstaunter Blick. »Ich mußte doch sein Erbe antreten.«
    »Wessen Erbe?«
    »Haben Sie noch nie etwas von Gideon Torry gehört, Mister?«
    »Nein, klären Sie mich mal auf!«
    »Gideon Torry war ein Henker. Er lebte vor mehr als 100 Jahren und wurde immer zum Hof bestellt, wenn es etwas zu tun gab. Er soll für die Queen Victoria gehenkt haben.«
    Ich schüttelte den Kopf. »Das mag ja alles sein. Aber wie kommen Sie dazu, sein scheußliches Erbe zu übernehmen.«
    »Er wollte es so.«
    »Der Henker oder der Teufel?«
    »Gideon.«
    Jetzt verstand ich gar nichts mehr. Ich schwieg auch, und schaute ihn mir nur an. Entweder war Henry Torry vor mir ein ganz durchtriebener Lump, der uns praktisch aus dem Spiel bluffte, oder er war tatsächlich ein von Dämonen beeinflußter Mensch.
    Ein Mörder, der für seine Taten nichts konnte.
    »Warum gerade Ihre Frau?« wechselte ich das Thema.
    »Der Teufel machte mir den Vorschlag.«
    »Haßten Sie Ihre Frau?«
    »Wenn ich das Erbe des Henkers übernehme, darf ich nach so etwas nicht fragen.«
    Da hatte er recht. Ein Henker konnte sich keine Gefühle erlauben. Er mußte seiner Arbeit nachgehen, dabei spielte es keine Rolle, ob er eine Frau oder einen Mann vom Leben in den Tod beförderte.
    Reue konnte ich bei Torry auch nicht erkennen. Er berichtete glatt und irgendwie selbstverständlich.
    Das erschreckte mich nicht nur, er bewies mir auch gleichzeitig, daß ich diesen Mann nicht mit normalen Maßstäben messen konnte.
    Möglicherweise steckte hinter ihm mehr, als wir bisher angenommen hatten. Und vielleicht war die Geschichte mit dem Teufel gar nicht so weit hergeholt.
    »Sie wissen, was mit Ihnen passiert, Mr. Torry?«
    »Nein.«
    »Man wird Sie vor Gericht stellen und verurteilen. Sie sind praktisch auf frischer Tat erwischt worden.«
    »Ich habe einen guten Beschützer.«
    »Meinen Sie den Teufel damit?«
    »Sicher.«
    O verdammt, der sagte das mit einer so großen Lässigkeit, daß ich nicht wußte, woran ich war. Ich hätte ihm noch zahlreiche Fragen stellen können, über die Vergangenheit, zum Beispiel, und wie es zum Kontakt mit dem Bösen gekommen war, das alles schob ich auf, denn diesem Mann schien so ziemlich alles egal zu sein. Reden wollte ich noch mit ihm, allerdings später.
    Ich drehte mich auf meinem harten Stuhl um und winkte dem Mann an der Tür.
    »Sir?« fragte der baumlange Kerl, der Muskeln wie einst der gute Tarzan besaß.
    »Sie können ihn wegbringen.«
    »Sehr wohl, Sir.« Der Mann nickte, ging auf Torry zu und räusperte sich zweimal.
    Torry stand auf. Für einen Moment schaute er mich an. Er machte den Eindruck
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