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0286 - Briefe aus der Hölle

0286 - Briefe aus der Hölle

Titel: 0286 - Briefe aus der Hölle
Autoren: Jason Dark
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Straße erreicht, in der das Haus ihrer Eltern lag. Auch sie war in der Mietwohnung aufgewachsen, und das Mädchenzimmer stand ihr eigentlich noch immer zur Verfügung.
    Ebenso besaß sie einen Wohnungsschlüssel.
    Vor dem Haus fand sie keinen Parkplatz. Um den Wagen abstellen zu können, mußte sie einige Yards zurückfahren. Sie drehte den Fiat in die Lücke und atmete auf, als das kleine Fahrzeug stand.
    Da ihre Eltern um diese Zeit wahrscheinlich schon schliefen, wollte sie nicht klingeln, außerdem hatte sie ja den Wohnungsschlüssel.
    Gayle Torry lief eilig die paar Schritte zurück. Ihren Mantel hatte sie nicht zugeknöpft. Durch die schnellen Schritte flatterten die beiden Hälften wie lange Tücher hinter ihr her. Sie schloß die Haustür auf.
    Die alten Bewegungen waren ihr noch aus der Junggesellinnenzeit vertraut.
    Mit traumwandlerischer Sicherheit fand sie den Knipser für das Licht, drückte ihn nach unten und konnte im nächsten Augenblick die breite Treppe erkennen, die sich bis zum Dach hin in die Höhe zog.
    Ihre Eltern wohnten in der zweiten Etage. Sie mußte sich beeilen, denn das Flurlicht verlöschte schnell. Niemand sollte bemerken, daß sie allein und mitten in der Nacht nach Hause kam, deshalb versuchte sie möglichst leise zu sein.
    Ihre Schritte waren auf der Treppe kaum zu hören. Den Wohnungsschlüssel hielt sie schon bereit und schloß auch sofort auf.
    Fast lautlos betrat sie die Wohnung, machte in der Diele Licht und zog witternd die Nase hoch, denn ihr war sofort der seltsame Geruch in der Wohnung aufgefallen.
    Hatte es gebrannt?
    Im ersten Moment dachte sie daran, bis ihr klar wurde, daß sie keinerlei Spuren sah und sie auch feststellen mußte, daß ein Brandgeruch anders roch.
    Nein, das hier war etwas anders.
    Schwefel…
    Ja, so roch Schwefel. Das wußte sie genau, denn sie hatte mal eine Freundin in einem Bad besucht, in dem es ebenfalls nach Schwefel gerochen hatte. Die Freundin war in diesem Ort zur Kur gewesen.
    Verwundert runzelte sie die Stirn.
    Gayle hatte nicht damit gerechnet, mit offenen Armen empfangen zu werden, aber seltsam war das hier schon. Die Tür zum Arbeitszimmer ihres Vaters stand offen. Es brannte die Schreibtischleuchte, aber ihr Vater saß nicht vor dem Tisch.
    In der offenen Tür blieb die Frau stehen und strich sich das braune Haar zurück.
    Eine in der Tat sehr seltsame Sache, die ihr hier begegnete. Da ihr Vater ein sehr ordentlicher Mensch war, konnte sie sich kaum vorstellen, daß er das Licht hatte brennen lassen, um anschließend ins Bett zu gehen.
    Merkwürdig, dachte sie. Das ist alles sehr merkwürdig. Sie schritt in das Arbeitszimmer hinein, und ihr fiel sofort der Brief auf, der auf dem Schreibtisch lag.
    Gayle wunderte sich über die vielen Seiten. Ihr Vater war nie ein fleißiger Schreiber gewesen, und wem sollte er so lange Briefe schreiben?
    Es war zwar ein wenig indiskret, dennoch wollte sie lesen, was ihr Vater geschrieben hatte.
    Kopfschüttelnd schaute sie nach unten, denn irgend etwas stimmte da nicht. Diese Handschrift gehörte jedem anderen, nur nicht ihrem Vater.
    Der schrieb nie so gestochen scharf, so abgezirkelt, so sauber. Wenn ihr Vater etwas zu Papier brachte, sah es immer so aus, als wäre ein Huhn darübergelaufen.
    Ohne eigentlich zu wollen, packte Gayle Torry die einzelnen Seiten, knickte sie zusammen und steckte sie ein.
    Jetzt wollte sie nur noch wissen, wo sich ihre Eltern aufhielten. Die eigenen Sorgen hatte sie plötzlich vergessen.
    Gayle ging wieder zurück in die Diele und pendelte ihren Blick auf die Schlafzimmertür ein. Sicher, die Eltern waren zu Bett gegangen, aber sie mußte mit ihnen reden.
    Ohne anzuklopfen, wollte sie den Raum nicht betreten. Sie pochte dreimal mit dem abgeknickten Zeigefinger gegen die Tür, erhielt jedoch keine Reaktion, so daß sie schließlich die Höflichkeit sausen ließ und die Türklinke kurzerhand nach unten drückte.
    Abgeschlossen war nicht. Das taten ihre Eltern nie.
    Einen Lidschlag danach traf sie der Schock ihres Lebens.
    Sie sah ihren Vater und auch ihre Mutter.
    Mutter war tot. Ihr Kopf hing in einer Schlinge, deren Ende ihr Vater um sein rechtes Handgelenk gewickelt hatte…
    ***
    Gayle glaubte, dem Wahnsinn zu verfallen. So etwas Schreckliches wie das Gesicht ihrer Mutter hatte sie noch nie in ihrem Leben gesehen. Die völlig verdrehten Augen, der offene Mund, das Stück der Zunge, die angelaufene Haut, nein, sie konnte nicht mehr hinsehen, aber sie war auch nicht in
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