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0282 - Amoklauf der Amazone

0282 - Amoklauf der Amazone

Titel: 0282 - Amoklauf der Amazone
Autoren: Rolf Michael
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und drängte ihr Pferd in die Nähe des Seils. Die Schärfe des Balmung zerschnitt auch Stahlblech wie Papier. Das grob gedrehte Hanfseil mußte beim ersten Schlag zerreißen.
    Angstvoll schnaubend drängten die Pferde sich zusammen. Professor Zamorra verkrallte sich in die Mähne und legte beide Schenkel fest um den glatten Leib des Pferdes. Er sah Sandra Jamis kurz nicken.
    Das Wagnis konnte beginnen. Noch ein oder zwei Herzschläge, dann sprang Sandra Jamis und warf sich mit einem kühnen Schwung auf den Rücken des Schimmels. Im selben Augenblick zischte der Balmung in Tinas Hand herab und zerschnitt das Seil wie einen Nebelstreifen.
    Mit trompetenhaftem Wiehern stieg der Schimmel hochauf. Sekundenlang peitschten seine Vorderhufe die Luft. Doch Sandra Jamis saß fest wie angeschmiedet. Ein lauter, anfeuernder Ruf des Mädchens ließ den mächtigen Hengst einen erschreckten Satz vorwärts machen. Dann spürte der Schimmel Sandras Hacken in den Weichen. Zwar hatte man ihn nur vor dem Wagen trainiert, doch instinktiv machte er einen Sprung nach vorne. Sofort spürte er einen leichten Schlag auf der linken Seite des Halses und wich aus Furcht vor dem nächsten Hieb nach rechts aus. Doch das war genau die Reaktion, die Sandra Jamis erreichen wollte. Denn genau in dieser Richtung war das Seil des Corrals herabgefallen und eine Öffnung.
    Sandra hätte am liebsten vor Freude aufgeschrien, als sie spürte, daß sie den Hengst lenken konnte. Noch einige spornende Hackenschläge in die Weichen, dann sprang der Schimmel mit weitausholendem Satz über das Seil, das lose am Boden lag.
    Carsten Möbius krallte sich verzweifelt in der Mähne seiner Stute fest, als das Tier mit einigen Galoppsprüngen dem Rest der Herde folgte.
    Hinaus in die Freiheit der trojanischen Ebene…
    Professor Zamorras Brauner schien ein Renner zu sein, der sich sofort an die Spitze setzte, während Sandra Jamis plötzlich mit ihrem Pferd zu kämpfen begann. Nur das feine Gehör des Pferdes hatte den silberhellen Ruf gehört, der durch die Nacht drang.
    »Steh, Boreas!« vernahm das kluge Tier die Stimme seiner Herrin. Während Professor Zamorra, Carsten Möbius und Tina Berner mit dem Rest der Herde davonstoben, hatte Sandra Jamis all ihre Reitkünste aufzubieten, um oben zu bleiben.
    Ein fleischgewordenes Erdbeben tobte unter ihr. Eben noch stieg der Schimmel kerzengerade in die Höhe, dann duckte er sich wieder ab und machte einen Katzenbuckel. Er drehte sich in irren Kreisen und versuchte, nach den Beinen der Reiterin zu schnappen, was Sandra Jamis in arge Bedrängnis brachte. Ohne Sattel, vor allen Dingen aber ohne Zügel und die das Tier zwingende Kandare hatte sie wenig Aussichten, dem Pferd ihren Willen aufzuzwingen.
    Professor Zamorra und Carsten Möbius merkten nichts davon, daß Sandra nicht mehr in ihrer Nähe war. Sie hatten genug damit zu tun, sich auf dem Pferderücken zu halten und nicht von dem glatten Fell abzurutschen. Tina Berner hatte ihren Rappen in Führungsposition gebracht und ließ die Tiere in Richtung auf einige leuchtende Punkte in der Dunkelheit galoppieren. Von weitem drang schon die leichte Brandung des Meeres an ihr Ohr. Die Lichter waren die Wachfeuer vom Schiffslager der Griechen.
    Wenn sie es erreichten, waren sie in Sicherheit. Auch Tina hatte nicht bemerkt, daß ihre Freundin nicht mehr an ihrer Seite war.
    Sandra hatte soeben den gemeinsten Trick des Schimmels kennengelernt. Ohne Vorwarnung ließ sich Boreas fallen und begann, sich auf die Seite zu wälzen. Instinktiv sprang Sandra Jamis ab, bevor der schwere Pferdekörper sie zermalmen konnte. Doch als sich der Schimmel staubbedeckt wieder emporrappelte, landete Sandra wieder mit einem Sprung auf seinem Rücken.
    Diesen Kampf wollte sie jetzt gewinnen. Denn lange konnte der Schimmel diese kräftezêhrenden Sprünge nicht durchhalten.
    Sandra hatte sich nicht verschätzt. Wie eine Marmorsäule stand Boreas unter ihr, und nur das leichte Zittern des Körpers ließ erkennen, daß noch Leben in ihm war. Aus der Brust kam ein Schnauben, das auf Angst und Erschöpfung hindeutete.
    Doch Sandra Jamis wußte sehr genau, daß dies auch die Ruhe vor dem Sturm sein konnte. Sie war auf jede Tücke gefaßt, die sich ein Pferd ersinnen kann, um den unnützen Ballast auf dem Rücken loszuwerden.
    »Das Glück der Pferde - sind Reiter auf der Erde!« murmelte das Mädchen einen Spruch, den schon Generationen von Reitlehrern ihren Schützlingen beigebracht haben.
    Doch bevor der
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