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028 - Die Kapuzenmaenner

028 - Die Kapuzenmaenner

Titel: 028 - Die Kapuzenmaenner
Autoren: R. Warner-Crozetti
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hat die Familie stets mit eiserner Hand regiert.“
    Kate, die bis jetzt dem Wortwechsel der beiden gelauscht hatte, wandte sich um und stellte sich neben den Diwan.
    „Mir macht es nichts aus, euch zuzuhören. Ihr seid beide ganz unterhaltend, aber Stokes steht schon seit einiger Zeit an der Tür. Ich hoffe, es ist deshalb, weil er das Essen ankündigen will.“
     

     

Das Essen war sowohl für Kate wie auch für Campion eine Überraschung. Sie hatten einfache Küche erwartet, statt dessen servierte ihnen Stokes einen ausgezeichneten Salat,
    Lammbraten mit Sauce Hollandaise und Rübchen Julienne. Zum Nachtisch gab es dicke Stücke Apfelkuchen, dünne Scheiben eines scharfen Käses und hervorragenden Kaffee. Valerie saß mit ihnen am Tisch, rauchte eine Zigarette nach der anderen und trank drei Tassen schwarzen Kaffee; das Essen rührte sie nicht an.
    „Wo ist Ihr Bruder?“ fragte Kate nach dem Essen.
    „Er geht viel im Wald spazieren. Er taucht dann auf, wenn er Hunger hat.“
    „Hat er keine Angst vor dem Tiger?“
    Valerie, die die Tasse in der Hand hatte, um zu trinken, ließ diese mit einem Klirren auf den Teller zurücksinken. „Wer hat euch von dem Tiger erzählt?“
    „Dein Großvater hat ihn in seinem Brief erwähnt“, sagte Campion, sie genau beobachtend. „Belial sagte auch, wir würden Stokes brauchen, um uns vor ihm zu schützen.“
    Plötzlich verbarg Valerie ihr Gesicht in den Händen. Kate runzelte die Stirn, sie hatte nie zuvor erlebt, daß er mit Absicht grausam war. Er ignorierte zwar ihren Blick, zeigte aber durch eine Augenbewegung, daß er sich ihrer Mißbilligung bewußt war. „Ist er aus einem Zirkus entsprungen?“ fragte er.
    „Ich wollte, es wäre so. Aber alles, was ich weiß ist, daß er zuerst Schafe und dann vor zwei Nächten ein Kind tötete.“ .
    „Es müssen einige große Katzen in den Wäldern leben. Bist du sicher, daß es sich um einen Tiger handelt?“
    „Es ist keine solche Katze.“ Valerie rang die Hände. „Sie ist gestreift und hat die Figur eines Tigers. Sie ist groß und gemein und haßt Großvater, Paul und mich. Niemand im Ort hatte das Tier je gesehen, bevor es das Kind tötete.“
    „Für ein wildes Tier ist ein Mensch wie der andere. Es sucht sich nicht eine einzelne Familie aus, um sie zu hassen. Ist es vielleicht ein Sendung?“
    „Was ist ein Sendung?“ fragte Kate.
    „Wenn eine Hexe oder ein Hexenmeister ein Individuum haßt, schicken sie ein wildes Tier, um es zu töten, oder es auch nur zu erschrecken.“
    „Ich weiß es nicht, nicht mehr.“ Valerie schüttelte den Kopf. „Es kann alles sein.“
    Campion sah Stokes bei der Anrichte stehen. Den Rücken zum Raum, hörte er ganz offensichtlich zu, anstatt den Kognak zu servieren. „Habt ihr die Angewohnheit, euren Angestellten zu gestatten, zu lauschen?“ fragte Campion und deutete mit dem Kopf auf Stokes.
    Valerie drehte sich in ihrem Sessel um. Ihr Mund wurde schmal, als sie fragte: „Erzählen Sie alles Belial, Stokes? Sie haben doch wohl nicht vergessen, was Schwätzern zustößt? Henri Dillon ist nicht zu krank, um Sie zu bestrafen.“ Während sie sprach, schien Valerie zu wachsen, Stokes kleiner zu werden. Er zuckte unter ihren Worten zusammen, als wären es Peitschenhiebe. „Ist Belial so schwach, daß er nicht weiß, was hier geschieht ohne daß Sie es ihm hinterbringen? Henri weiß, was in Widderburn vor sich geht ohne daß es ihm jemand sagt.“
    Stokes zitterte; seine Augen flehten Valerie um Gnade an. Campion aber war erstaunt und angewidert von dieser neuen, herrschsüchtigen Seite der Frau, die er einst geliebt hatte. Hier war ein Mysterium, größer als das der Leute von Widderburn. Dieses schlanke, dunkle Mädchen hatte die Kraft, Furcht und Haß hervorzurufen. Sie benahm sich wie ein Diktator, der ohne Reue einen Diener töten konnte, wenn es seinen Zwecken nützte. Der letzte Rest Liebe, das neu erwachte Verlangen erstarben in ihm. Er hatte sie um ihrer Sanftheit, ihres Mitleids, ihrer Freundlichkeit willen geliebt. Alles das hatte sich in Grausamkeit und Haß verwandelt. „Sie können gehen, Stokes.“ Valeries scharfer Befehl brach das Schweigen, das sie in Bann geschlagen hatte.
     

     
    Paul Dillon betrat das Haus durch die Küche. Er übersah Stokes, der das Geschirr abwusch und hängte seine Jacke an die Tür zur Halle. Sein hageres, dunkles Gesicht zeigte Spuren der Erschöpfung nach seinem langen Marsch durch die Wälder. Er kam in dem Augenblick in die
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