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0276 - Die Phantome vom Gespenster-Kreuz

0276 - Die Phantome vom Gespenster-Kreuz

Titel: 0276 - Die Phantome vom Gespenster-Kreuz
Autoren: Jason Dark
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waren, sah sie nicht mehr, aber ich hatte sie nicht vergessen.
    Irgendwie machten die Menschen auf mich einen ratlosen, gleichzeitig auch ängstlichen Eindruck. Die Gesichter waren kalkweiß, die Augen vom Weinen gerötet. Gesprochen wurde wenig. Sie schritten dahin, und nur ihre Tritte auf dem Boden unterbrachen manchmal die gespenstisch anmutende Stille.
    Wenn Gespräche geführt wurden, dann immer nur sehr leise und mit flüsternden Worten.
    Herr Risse redete ebenfalls. Er schüttelte ein paar Mal den Kopf. Diese Bewegung wiederholte sich stets, wenn er von einem Phänomen redete, das er nicht begriff.
    »Es hat aber mit dem steinernen Kreuz zu tun, oder nicht?«
    »Genau, Herr Sinclair. Da können Sie recht haben. Wo unsere Vorfahren das Kreuz errichtet haben, gab es im Jahr 1633 die große Schlacht. Zuvor hatte der Krieg auch schon getobt. Die Schweden waren ins Land eingefallen, es kam immer wieder zu Gemetzeln, aber die Hauptschlacht der Kaisertreuen gegen die Schweden wurde in diesem Jahr geführt. Es sind zahlreiche Soldaten und Söldner gefallen. Zum Gedenken an diese Stätte hat man ein Steinkreuz errichtet.«
    »Und dort fand man die letzte Leiche.«
    »Das stimmt.«
    Wir waren inzwischen schon so weit gegangen, dass wir die Gaststätte bereits sahen. Vor der Tür standen die ersten Gäste in der Sonne. Sie warteten auf die Familie. Leute rauchten. Da kein Wind durch den Ort fuhr, standen die Qualmwolken wie Hauben über ihren Köpfen.
    »Dann ist den Beamten noch etwas aufgefallen«, erklärte Herr Risse, als wir bei den anderen stehen blieben. »Auf der Spitze des Kreuzes befand sich eine kleine Fahne.«
    »Fahne?« fragte Will Mallmann.
    »Ja. Schwarzer Stoff mit einem Totenkopf darauf.«
    Die letzte Antwort elektrisierte mich. Ich hatte ja mit einigem gerechnet, damit allerdings nicht. Was tat eine Fahne auf der Spitze des Kreuzes? Zudem eine Fahne, die noch als Emblem oder Abdruck einen Totenschädel zeigte?
    Ich grübelte über eine Erklärung nach. Herr Risse merkte mir an, womit sich meine Gedanken beschäftigten. »Na, haben Sie die Lösung gefunden?« fragte er.
    »Leider nicht.«
    »Aber ich«, sagte Will Mallmann. »Meiner Ansicht nach kann nur der junge Mann die Flagge auf die Spitze des Kreuzes drapiert haben. Oder sehen Sie eine andere Möglichkeit?«
    Wir schauten uns an. Herr Risse hatte keine Alternative parat, ich wusste ebenfalls keine bessere Lösung.
    Die Familie des Toten traf ein. Begleitet von engen Freunden betraten sie das Lokal. Ich hörte, wie der Wirt den Trauernden sein Beileid aussprach, und wir ließen erst die anderen Gäste vorgehen. Danach war es bei uns soweit.
    Wir betraten den Raum. Die Kühle tat gut. Jetzt hatten die Serviererinnen Schwerstarbeit zu verrichten. Zunächst einmal schleppten sie die gefüllten Bierkrüge. Der Wirt zapfte, als würde es um sein Leben gehen.
    Herr Risse erwischte ihn in einer kurzen Pause. Drei Worte genügten, dann bekamen wir den Schlüssel zum Kartenraum. Im Weggehen bestellte der Mann aus Selb drei Kruge Bier.
    Das Kartenzimmer war klein. Es standen drei blankgescheuerte Tische darin. Man konnte auch Billard spielen. Durch zwei Fenster fiel das Sonnenlicht und ließ den Staub auf den Tischen wie eine hauchdünne, graue Schicht erscheinen.
    Aufatmend nahmen wir Platz. Nach dem langen Stehen tat das Sitzen richtig gut.
    Schlechte Luft war in dem Kartenzimmer. Wir hatten uns den Tisch an der Wand ausgesucht. Als Will von den Sonnenstrahlen geblendet wurde, stand er auf und zog die Vorhänge vor die Fenster.
    Unser Bier traf auch bald ein, und ich musste ehrlich gestehen, dass mir das zweite Maß ebenso gut schmeckte wie das erste. Wenn man großen Durst hat, erfrischt Bier am besten.
    Als wir die Gläser absetzten, knetete Herr Risse seine Hände ineinander. Die Jacke hatte er ausgezogen und über die Lehne gehängt. Sein Hemd leuchtete blütenweiß.
    »Wissen Sie noch mehr über diese Zeit?« fragte ich ihn.
    »Natürlich, aber es steht wohl in keinem Zusammenhang mit den Morden.«
    »Das kann man nicht so leicht sagen«, bemerkte Will. »Reden Sie am besten frei von der Leber weg. Vielleicht finden wir Anhaltspunkte.«
    Herr Risse schüttelte den Kopf. »Die Menschen damals hatten es nicht einfach«, behauptete er. »Sie litten schwer unter den Wirren des Krieges. Sie gerieten immer zwischen die Fronten marodierender Söldner oder Soldaten. Von Eger aus trafen die kaiserlichen Regimenter ein, um sich hier in Selb Verpflegung für
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