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0275 - Das Erbe des Satans

0275 - Das Erbe des Satans

Titel: 0275 - Das Erbe des Satans
Autoren: Das Erbe des Satans
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sich die Hand. Der Arzt hieß Frederic Rush, hatte seine Praxis ganz in der Nähe und war so etwas Ähnliches wie der Hotelarzt des »Statler«.
    Wir drei setzten uns an einen kleinen Tisch in einer Nische der Bar.
    Der Doc trank einen Whisky mit so viel Soda, daß das Getränk wie ein Gesundheitstee für achtzigjährige Diabetiker ausah. Er nippte vorsichtig an seinem Glas und ging dann auf meine Frage ein.
    »Ich weiß nicht viel über die Kranke. Ich habe sie heute zum erstenmal gesehen. Das war vor etwa einer Stunde, als mich die Leitung des Hotels zu ihr rief. Die Frau hatte einen schweren Herzanfall, der durch den plötzlichen Schreck ausgelöst wurde. Ihr Mann erzählte mir, wie es dazu kam. Missis Snatch — so heißt die Lady — saß vor dem Fenster des blauen Salons, trank Tee und las die ›Times‹. Sie sah auf, als plötzlich ein Schatten auf sie fiel. Im gleichen Augenblick klirrte es, die Scheibe zerbarst, und eine Flut von Splittern fiel vor der Frau auf den Teppich. Vor dem Fenster baumelte an einem Strick die ›Leiche‹ eines Mannes.«
    »Das muß ein furchtbarer Schock gewesen sein«, sagte Phil.
    »Und ob! Missis Snatch brach zusammen. Es war ein schwerer Anfall. Ihr Mann fand sie erst eine Minute später. Er hatte sich gerade im Bad aufgehalten. Die arme Frau. Es sieht nicht sehr gut aus mit ihrem Herzen. Ich wollte sie sofort in eine Klinik einweisen, aber sie widerstrebte. Ich kann es verstehen, denn das Ehepaar befindet sich auf der Hochzeitsreise.«
    »Hochzeitsreise? Kann denn eine so junge Frau schon so schwer herzkrank sein?«
    »Missis Snatch ist über Fünfzig, Mister Cotton. Sie ist die Erbin der Vanderway-Millionen. Ihr erster Mann war Sam Vanderway, der Ölkönig.«
    Ich pfiff durch die Zähne.
    »Den Namen habe ich schon einmal gehört, Doc. Aber sagen Sie, was ist Snatch für ein Mann. Sie haben doch mit ihm gesprochen?«
    Rush starrte auf die glänzend polierte Platte des Tisches, nahm dann vorsichtig einen Schluck aus seinem Glas, hob den Kopf, sah mich einen kurzen Augenblick flüchtig an und senkte sofort wieden Blick.
    Mit einem leichten Kopfschütteln und einem Zucken der Schultern sagte er dann:
    »Es steht mir nicht zu, darüber ein Urteil zu fällen, Mister Cotton.«
    »Aber Sie können mir sagen, was Sie für einen Eindruck haben!«
    »Gut. Ich will Ihnen die ins Auge springenden Fakten nennen. Also: Missis Snatch ist 52 Jahre alt. Ihr Ehemann hat die Vierzig noch nicht erreicht. Er sieht aus wie ein Gigolo, wie ein Playboy, der die vornehmste Aufgabe seines Lebens darin sieht, anderen Leuten — und wahrscheinlich in erster Linie reichen älteren, einsamen Frauen — das Geld aus der Tasche zu ziehen. Missis Snach ist keine Schönheit. Wahrscheinlich sogar das Gegenteil. — Mike Snatch sieht gut aus, allerdings nicht für jedermanns Begriffe. Sportsmann, von auffälliger Eleganz, schwarze pomadiesierte Locken, Schnurrbärtchen, raucht aus einer goldenen Zigarettenspitze, trägt vier schwere Brillantringe an den Händen, scheint den Alkohol zu lieben.«
    »Sie sind ein aufmerksamer Beobachter, Doc.«
    »Das bringt mein Beruf mit sich, Mister Cotton. — Und noch etwas, fast scheue ich mich es auszusprechen. Und ich bitte Sie, dies als meinen ganz persönlichen, privaten Eindruck von Mister Snatch zu betrachten.«
    »Ja, natürlich.«
    »Es scheint mir fast, daß Snatch es nicht ungern sehen würde, wenn seine Frau ihrer Krankheit erliegt.«
    »Wie kommen Sie zu dieser Annahme?«
    »Als ich die Kranke untersuchte und mich dabei über sie beugte, stand Mister Snatch hinter mir. Auf der anderen Seite des Bettes ist ein großer Spiegel angebracht. Zufällig schaute ich hinein, als ich die Herztöne der Frau abhörte. Ich sah das Gesicht des Mannes. Es war von Ekel und Abscheu verzerrt. Er starrte seine Frau mit einem solchen Ausdruck von Haß und Widerwärtigkeit an, daß ich erschrak. Im nächsten Augenblick schaute auch Snatch in den Spiegel. Unsere Blicke trafen sich. Innerhalb von Sekundenbruchteilen verwandelte sich das Gesicht des Mannes. Der Ausdruck des Ekels war wie weggewischt. Statt dessen zeigten seine Züge eine fast übertriebene Form der Anteilnahme, Besorgnis und Hilflosigkeit.«
    »Sie hätten Detektiv werden sollen, Mister Rush«, sagte Phil. »Mit Ihrer Beobachtungsgabe…«
    »Halb so schlimm, Mister Decker«, wehrte der Arzt lächelnd ab. »Meine Wahrnehmungen hätte auch jeder andere gemacht.«
    Der Doc blickte auf die Uhr und sagte, daß es für ihn
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