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0273 - Die Sekte aus dem Jenseits

0273 - Die Sekte aus dem Jenseits

Titel: 0273 - Die Sekte aus dem Jenseits
Autoren: Werner Kurt Giesa
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Er ließ das Säcklein mit den gesammelten Orchideen fallen und hetzte los. Seine Hand umklammerte vorsichtshalber den Griff des magischen Silberdolches. Bei Tag war die Ruine zwar weitgehend ungefährlich, aber wer konnte wissen…?
    Er erreichte die Ruine und drang in den Innenhof ein. Vergeblich suchte er nach dem Rufer. Da sah er das Brunnenloch. Von dort kamen die Schreie!
    Mit ein paar Sätzen war er am Rand und beugte sich hinunter. Er konnte nichts erkennen, weil’s unten zu finster war. Aber da war der Mann.
    »Wer seid Ihr? Wie kann ich Euch helfen?«
    Ein überraschter Ausruf kam von unten.
    »Schnell! Ich hänge hier, stürze ab! Vier Meter etwa… Ein Seil! Habt Ihr ein Seil?«
    Der Fremde sprach seltsam unbeholfen, als käme er aus einem fernen Land und habe die hiesige Sprache noch nicht richtig gelernt. Fieberhaft überlegte Volker, wo er ein Seil hemehmen sollte. Er besaß doch keins!
    Nur seinen Gürtel.
    Vier Meter… Zu tief! Oder doch nicht? Immerhin war der Gürtel mehrfach um seinen Leib gewunden und verknotet; man konnte nie wissen, wozu man einen langen Lederstreifen einmal gebrauchen konnte. Volker riß sich den Gürtel vom Leib, schlang ihn einmal ums Handgelenk und ließ das Ende nach unten fallen.
    Fast augenblicklich spürte er einen heftigen Ruck. Unten knirschte Stein. Gut fünfzehn Sekunden später polterte etwas dumpf.
    »Zieht mich hoch, werter Herr!« kam von unten eine heisere Stimme.
    Volker Weidbaur stemmte sich in den Boden und zog wie ein Verrückter. Nach einer Weile arbeitete sich ein dunkelblonder Mann in zerfetzter, aber sehr fremdländischer Kleidung nach oben, schmutzig, aber lebend.
    Volker Weidbaur erstarrte. Das hatte er nicht erwartet! Fast hätte er den Gürtel losgelassen. Aber Sekunden später hatte der Fremde bereits festen Boden unter den Füßen und richtete sich zu seiner ganzen beachtlichen Größe auf. »Ich danke Euch, Herr«, sagte er.
    Volker starrte ihn mit weit aufgerissenen Augen an.
    »Der verfluchte Hexer!« keuchte er entsetzt.
    ***
    »Ihr irrt, ich bin alles andere als ein Hexer«, sagte Zamorra keuchend und begann ein paar Atemübungen. Er fühlte sich ausgelaugt und konnte es kaum glauben, dem Tod entronnen zu sein. Er musterte seinen Retter, der sich jetzt wohl einen Narren schalt. Der junge Mann wand sich seinen langen Gürtel wieder mehrmals um den Leib, ohne Zamorra dabei aus den Augen zu lassen. Dem Weißmagier fiel der Silberdolch auf. Der sah ein wenig zu wertvoll für den etwas ärmlich gekleideten Jüngling aus.
    Höflich, wie er von Natur aus war, stellte Zamorra sich und seine Herkunft vor.
    Von Frankreich hatte der junge Bursche noch nie etwas gehört. Für ihn war Deutschland die ganze Welt. Gerade noch oben im Norden kannte er das »Engelland«, das wohl mit den britischen Inseln identisch sein mußte. »Länder, wie Ihr sie nennet, sind mir unbekannt, Hexer. Schert euch zu Eurem Spießgesellen, zum Teufel nämlich!«
    Mit diesen Worten warf er sich jetzt herum und rannte davon, auf den Mauerdurchbruch zu.
    »Wartet!« rief Zamorra ihm nach. »Ich will…«
    Im Trümmerfeld drehte der Junge sich noch einmal um und schwenkte die Waffe. »Wagt es nicht, mir zu folgen, oder ich steche Euch mit dem Hexendolch!!« schrie er.
    Und verschwand.
    Zamorra überlegte. Engelland - England, das direkt an Deutschland passen sollte, und andere Länder waren unbekannt… Dabei wußte auch im tiefsten Mittelalter selbst der letzte Mohikaner, daß die Erde zwar eine Scheibe war, aber immerhin Länder wie Italien, Griechenland und Gallien hervorgebracht hatte. Dieses Weltbild hier stimmte nicht.
    So wenig, wie Baum-Orchideen ins kühle Nordeuropa paßten…
    Der Verdacht in Zamorra wurde immer größer, nicht nur eine Zeitverschiebung erlebt zu haben, wie sie weiland im alten Rom die Giftmischerin Locusta bewirken konnte, sondern noch eine andere. Die ganze Weltlogik lag im argen. Hier mußte mehr Hexerei im Spiel sein, als er ursprünglich glaubte.
    Und das Amulett besaßen die Schergen!
    Es gab keine Spur mehr von ihnen, aber auch nicht von Nicole und Fenrir, sosehr Zamorra auch nach ihnen suchte. Langsam brach die Dämmerung herein. Zamorra ließ sich auf einem Steinblock nieder und stützte das Kinn in die Handflächen. Er konnte entweder zurück zum Dorf gehen in der Hoffnung, Nicole dort zu finden und vielleicht befreien zu können, oder er konnte hierbleiben und in das Burggemäuer eindringen. Wahrscheinlich kamen jene, die ihn und Nicole
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