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027 - Das Gesicht im Dunkel

027 - Das Gesicht im Dunkel

Titel: 027 - Das Gesicht im Dunkel
Autoren: Edgar Wallace
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tastende Hand berührte den Fußboden. Es war stockdunkel, und sie war sehr, sehr durstig. Die Zunge klebte ihr am Gaumen.
    Schließlich erhob sie sich langsam und unsicher, wobei sie sich an die Wand lehnte, um nicht umzufallen. Dann begann sie nach einer Tür zu suchen, fand eine und öffnete sie. Sie hatte eine unklare Empfindung, als ob sie einen langen Gang vor sich habe, an dessen Ende eine Lampe brannte. Sie ging darauf zu und fand in einem kleinen Raum ein Waschbecken, dem sie sich erfreut zuwandte. Als sie den Hahn aufdrehte, kam zuerst braunes, schmutziges Wasser zum Vorschein, aber allmählich wurde es klar. Sie wusch sich das Gesicht und trank nachher, wobei sie die Hände als Becher benutzte. Dann ließ sie sich auf der Fensterbank nieder und versuchte nachzudenken.
    Mühsam drang sie Schritt für Schritt in ihr gelähmtes Gedächtnis ein, und plötzlich erinnerte sie sich des Eßzimmers bei den Eltons und des perlenden Sekts, der so abscheulich geschmeckt hatte - Dora!
    Sie stand immer noch unter dem Einfluß des Betäubungsmittels, aber mit der Zeit wurde es ihr doch klar, warum es so dunkel war. Sämtliche Fenster waren durch schwere Läden verschlossen. Vergeblich versuchte sie die eisernen Riegel zu bewegen. Die Anstrengung erschöpfte nur ihre schwachen Kräfte, und sie sank ohnmächtig zu Boden.
    Als sie wieder zu sich kam, war sie kalt und steif, aber der Kopfschmerz hatte sehr nachgelassen, und nachdem sie wieder etwas Wasser getrunken hatte, kehrte sie in das Zimmer zurück, in dem sie erwacht war. Nach einigem Suchen gelang es ihr, einen Schalter zu finden und Licht zu machen, und nun sah sie, daß die ganze Einrichtung der Stube aus einer Matratze und einem zerbrochenen Stuhl bestand. Unter Aufwendung ihrer ganzen Kraft brach sie eines der Stuhlbeine ab, um es im Notfall als Waffe zu benutzen. Dann fiel sie erschöpft auf die Matratze nieder und versank sofort in tiefen Schlaf.
    Als sie erwachte und sich aufrichtete, hörte sie sprechen. Lautlos schlich sie bis zu der verschlossenen Tür den Gang hinab und lauschte. Die Stimme kam von unten; als sie sie erkannte, wäre sie beinahe in Ohnmacht gefallen.
    Es war Lacy Marshalt! Zitternd kauerte sie sich nieder und spähte durchs Schlüsselloch. Draußen war es hell, und sie gewahrte eine Männergestalt. »Hier irgendwo muß es sein!« sagte Marshalts Stimme wieder. Der Mann da draußen schien ebenso angestrengt zu horchen wie sie. Jetzt drehte er sich um. Sie sah die große Nase, das lange Kinn -Malpas!
    Mit wankenden Knien flüchtete sie sich in ihr Zimmer zurück. Ein furchtbares Grausen hielt sie gepackt und raubte ihr fast den Verstand. Und dann klopfte es leise an die Flurtür.
    Mit angehaltenem Atem starrte sie auf die Tür. Noch zweimal klopfte es, und dann wurde es wieder totenstill. Audrey wagte sich nicht zu regen. Endlich knirschte ein Schlüssel, sie hörte ein leises Rascheln, und die Tür bewegte sich. Mit angstvoll hämmerndem Herzen wagte sie sich auf den Flur zurück, und fast wäre sie vor Freude in Tränen ausgebrochen! Auf dem Fußboden stand ein Tablett mit heißem Kaffee, Brötchen, Butter und kaltem Fleisch. Nachdem sie gierig gegessen und getrunken hatte, klärten sich ihre Gedanken, und sie begann zu grübeln. Was konnte Dora veranlaßt haben, sie hier im Malpasschen Hause einzusperren? Sie machte alle Lampen an, die sie finden konnte, und drehte den Wasserhahn wieder auf. Die Helligkeit und das plätschernde Wasser übten eine beruhigende Wirkung auf sie aus. Dann und wann wagte sie den Weg bis zur Flurtür, aber draußen herrschte tiefe Stille.
    Erst als sie zum siebentenmale ging, hörte sie jemand die Treppe heraufkommen. Rasch kniete sie nieder und lugte durchs Schlüsselloch. Etwas Dunkles glitt an der Tür vorüber und machte auf dem breiten Treppenabsatz halt. Jetzt sah sie es deutlich: Es war ein Mann; er trug einen langen Mantel und einen Schlapphut. Nun streckte er die Hand aus, und ein Teil der Wand öffnete sich - eine etwa fünfzig Zentimeter breite Tür, die so gut versteckt war, daß selbst Shannons geübtes Auge sie nicht entdeckt hatte. Audrey sah, wie die Hand hineingriff. Eine blaue Flamme zuckte auf, und das Licht im Flur erlosch. Dann kam er auf die Tür zu, sie sah das Ende des Schlüssels in das Loch gleiten, wandte sich laut schreiend um, rannte in ihr Zimmer zurück, schlug die Tür fest zu und lehnte sich mit dem Rücken dagegen. Die Flurtür öffnete sich.

35
    Um vier Uhr morgens kehrte Dick
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