Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0266 - Der Flammengürtel

0266 - Der Flammengürtel

Titel: 0266 - Der Flammengürtel
Autoren: Rolf Michael
Vom Netzwerk:
erkannte Zamorra die Konturen der Mitgefangenen im Hintergrund des düsteren Gewölbes.
    Ein heftiger Stoß mit dem stumpfen Ende des Speeres traf den Parapsychologen im Rücken. Er stolperte einige Treppen herab und stürzte vornüber in faulig riechendes Stroh. Hinter ihm wurden Aurelian und Regina Stubbe in das Verlies gestoßen.
    Knarrend wurde das Gitter hinter ihnen geschlossen. Nur noch einmal würde sich dieses Tor vor ihnen auftun. Denn sie befanden sich nun in den unterirdischen Gelassen unter der Wagenrennbahn auf dem Vatikan.
    Es gab kein Entkommen mehr. Drei Prätorianerkohorten sicherten im ständigen Wachwechsel das Gefängnis. Von hier führte nur noch ein einziger Weg – der Weg in den Tod.
    In Regina Stubbes bleichem Gesicht lag entsetzliche Angst. Auf ihre Fragen hatten Zamorra und Aurelian sehr einsilbig geantwortet. Dann aber, als man sie gefesselt vom Palatin zum Ager Vaticanus führte, ahnte sie ihr Geschick, das ihr die beiden Männer zu verheimlichen suchten. Wer kann einem jungen, lebensfrohen Mädchen ins Gesicht sagen, daß es in wenigen Tagen sterben soll.
    Sterben – im Rachen reißender Bestien!
    Donnerartiges Gebrüll eines Löwen ließ das Gemäuer erzittern. Von einer anderen Stelle antwortete das kehlige Fauchen eines Tigers. Schaurig tönte das Hungergeheul eines Wolfsrudels.
    Zitternd klammerte sich Regina Stubbe an Professor Zamorra.
    »Mut! Habt Mut, Brüder und Schwestern!« flüsterte es ringsum. »Der Schmerz ist kurz und die Freude ewig. Morgen abend werden wir unseren Meister im Paradiese sehen!«
    Und erst von einer Frauenstimme intoniert, dann von mehreren kräftigen Männerkehlen aufgenommen schien der Hochgesang der Christen dem nahen Tod unter den Zähnen der Löwen und den Pranken der Bären Trotz bieten zu wollen.
    »Christus regnat! – Christus regiert!« scholl es aus den Verliesen.
    Die Sklaven, welche den Circus für das blutige Schauspiel des nächsten Tages herrichteten, sahen sich verständnislos an.
    Waren das Menschen, die sterben sollten? Die in kurzer Zeit ihren Glauben mit ihrem Blut besiegeln sollten?
    Andere Missetäter, die man zur Hinrichtung führt, schreien, schlagen um sich und beteuern ihre Unschuld. Hier aber – ein Gesang, in dem ein Triumph lag, als seien nicht sie die Verurteilten, sondern die Römer, in deren Macht das Recht über Leben und Tod lag.
    Aurelian war wieder zum Pater geworden. Er war nun der Geistliche, der versuchte, das Mädchen aus dem zwanzigsten Jahrhundert zu trösten. Regina Stubbe hatte zwar von der Christenverfolgung unter Kaiser Nero gehört – sich aber die Schrecknisse nie im Detail ausgemalt. Nun aber würde sich bald das Tor für sie öffnen – und hinter dem Tor lauerte der erbarmungslose Tod. Bei dem Gedanken an das Kommende zitterte Regina Stubbe wie Espenlaub. Zwar ging sie hin und wieder zur Kirche, doch konnten ihr auch Aurelians Hinweise auf das Himmelreich und die Ewigkeit die fürchterliche Angst nicht nehmen.
    Erschüttert beobachtete Zamorra die Szenerie. Inzwischen drang die Morgenröte des neuen Tages durch die Gitter des Verlieses.
    Der Parapsychologe konnte sich nicht vorstellen, daß dieser Tag sein letzter sein sollte. Er, der so oft den Dämonen des Schreckens Widerstand geleistet hatte und vor dem Satans Legionen erbebten, sollte heute im Kreise der Bekenner sein Leben lassen.
    Sein Blick streifte die im feuchten Verlies eingekerkerte Christenschar. Es waren Menschen jeden Alters und aller Gesellschaftsschichten. Der kräftige Körper eines Feldsklaven stand neben einem Kaufmann, dem ein gewisser Bauchansatz das Attribut des Wohlstandes verlieh. Das abgezehrte Gesicht einer Wäscherin aus der Subura bildete den Kontrast zu den anmutigen Zügen der Gattin eines Senators, die immer noch Würde und Gelassenheit bewahrte.
    Der feste Glaube an die Erlösung ließ die Christen die Schrecken des Todes vergessen.
    Zamorra ging zur Gittertür, die sie von der Arena trennte. In der aufdämmernden Morgenröte sah er, daß sich die Ränge des Circus langsam mit Menschen füllten.
    Ein undefinierbares Brausen wie das Geräusch der Meeresbrandung war zu hören. Je mehr sich der Circus füllte, um so stärker wurde das Geräusch. Das Volk von Rom war erschienen, um die Bestrafung der Menschen zu sehen, die Rom angezündet hatten und Feinde der bestehenden Ordnung waren.
    Schmetternde Fanfaren und feierliche Tubatöne kündigten das Erscheinen des Cäsaren und seines Gefolges. Unter dem rasenden
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher