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0266 - Der Flammengürtel

0266 - Der Flammengürtel

Titel: 0266 - Der Flammengürtel
Autoren: Rolf Michael
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Beifall des Publikums trieb Kaiser Nero selbst eine Quadriga milchweißer Pferde um die Arena. Wie ein Strahlenkranz lag der goldene Lorbeer um sein Haupt, während er mit geschickter Hand die Zügel des dahinrasenden Gespannes führte.
    Während Zamorra den Kaiser als Wagenlenker bewunderte, hörte er, daß hinter ihm Crispus, der Anführer der Christenschar, seine Gemeinde ermahnte, ohne Gegenwehr zu sterben.
    Ohne Gegenwehr? Zamorra war immer ein Mann der Tat gewesen. Er wollte nicht wie ein Schaf unter den Zähnen eines Löwen sterben. Und wenn es ihm schon beschieden sein mußte, den Weg in das ewige Nichts anzutreten, dann mußte er vorher noch mit Scaurus, dem Dämon, abrechnen.
    Mit donnernden Hufen verschwand das Vierergespann des Kaisers in der Carceres, den Ställen. Wenige Augenblicke später erschien Nero in der Cäsarenloge und grüße mit emporgestreckter Hand das Volk.
    Orkanartiger Beifall brandete auf. Dann ließ Nero ein rotes Seidentuch in die Arena fallen. Das Zeichen, daß die Spiele beginnen konnten.
    Auf einen Wink des Tigellinus schmetterten die Fanfaren erneut.
    Doch noch war nicht die Zeit für die Bekenner Christi gekommen. Zamorra sah hinter dem Gitter alle Phasen einer römischen Circusvorstellung.
    Rehe, Hirsche und seltene Antilopen wurden in die Arena getrieben. Dann erschienen Jäger in grüner Gewandung mit jagdbegierigen Hunden an der langen Leine. Es dauerte eine ganze Weile, bis die Jäger das schnelle Rotwild erlegt hatten.
    Nach dieser Tierhetze sah Professor Zamorra einen dressierten Kriegselefanten, den man über ein Seil laufen ließ. Doch der Parapsychologe wurde unterbrochen. Aurelian trat hinter ihn.
    »Welche Chance haben wir?« fragte er lakonisch und wies mit einem Seitenblick auf Regina Stubbe, die sich in einer Nische zusammenkauerte und hemmungslos schluchzte. Die fürchterliche Gewißheit des nahen Todes vor Augen ließ sie ihrer Verzweiflung freien Lauf.
    »Wir haben keine Chance!« erklärte Zamorra dumpf. »Es sei denn, es gelänge uns, aus der Arena zu entkommen. Merlins Ring wirkt nur, wenn die Rückreise vom gleichen Punkt beginnt, von wo man abgesprungen ist. Wir müßten also zur Tibervorstadt!«
    »Unmöglich!« brummte Aurelian. »Also siegt diesmal die Hölle, mein Freund!«
    »Ich habe mich oft in aussichtslosen Situationen befunden!« straffte sich Zamorras Gesicht. »Immer ist es mir gelungen zu entkommen. Und sollte Asmodis doch noch triumphieren, so werde ich wenigstens noch eins tun. Scaurus, der Dämon, wird vernichtet. Er mag uns unten anmelden.« Das Gesicht des Parapsychologen wurde hart.
    Inzwischen waren die Gladiatoren in der Arena erschienen. Wieder wurde Professor Zamorra Zeuge, wie sich Menschen zum Vergnügen der verrohten Menge bekämpften. Er selbst hatte vor einiger Zeit selbst als Gladiator kämpfen müssen, als ihn das Schicksal in die Zeit des wahnsinnigen Kaisers Caligula verschlug. [1]
    Die Wirklichkeit der Gladiatoren war nicht der glorifizierte Mythos, der die Arenakämpfer in einschlägigen Romanen und Filmen umgab. Hier kämpften Männer zum Gaudium des Pöbels ums nackte Überleben. Professor Zamorra wandte sich ab von dem blutigen Schauspiel. Die Menge auf den Rängen jedoch brüllte, tobte und schrie vor Begeisterung.
    Endlich verstummten die letzten Schreie der besiegten Gladiatoren, denen durch den umgedrehten Daumen des Kaisers oder des Volkes der Tod gegeben wurde. Sklaven säuberten die Arena und schleppten die leblosen Gestalten der gefallenen Gladiatoren in das Spolarium. In großen, flammenden Kandelabern wurde Weihrauch, Aloe und Kampfer verbrannt, um den unerträglichen Blutgeruch vergessen zu machen.
    Dem Volk wurde in dieser Zeit Essen aus der Kaiserlichen Küche gereicht. Jeder wüßte, daß nach dieser Mittagspause die Reihe an die Christen kommen würde.
    Professor Zamorra befand sich im Zustand erhöhter Erregung. Er zermarterte sich das Gehirn, wie er und die Freunde vielleicht noch im letzten Augenblick entkommen konnten.
    Gleich war es soweit. Und dann …?
    ***
    Scaurus, der Dämon, war zufrieden. Er hatte die Stimme des Asmodis vernommen, der ihm den höchsten Lob des Höllenherrschers aussprach. Er, Scaurus, hatte sich um das Reich der Dunkelheit verdient gemacht.
    Gleich nach dieser Vorstellung würde er den Körper des Tigellinus verlassen können, um in die Hölle zurückzukehren, wo ihn höchste Ehren erwarteten. Asmodis erwähnte so etwas wie eine Erhebung in den Stand eines Großkanzlers der
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