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0263 - Das gläserne Grauen

0263 - Das gläserne Grauen

Titel: 0263 - Das gläserne Grauen
Autoren: Jason Dark
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er keine Chancen gesehen, so war er dann nach London gekommen und in den Polizeidienst eingetreten.
    Sofern es seine Zeit erlaubte, holte er seine Freundin ab, wenn die letzte Vorstellung vorbei war. Das Kino-Center lag am Rand von Soho, die Gegend war zwar nicht unbedingt als gefährlich zu bezeichnen, doch in der Nacht sieht vieles anders aus als am Tage.
    An diesem Abend war es spät geworden. Der Film dauerte länger als gewöhnlich, zudem stimmte die Kasse nicht recht, und Lilly mußte noch einmal nachzählen.
    Es war schon nach Mitternacht, als sie den Fehler endlich fand und sich aufstöhnend zurücksinken ließ. Sie nahm ihre Brille ab und drückte beide Finger gegen die Augen. Lilly fühlte sich erschöpft. Es war manchmal ganz schön hart, wie sie ihre Brötchen verdienen mußte. Sie hatte festgestellt, daß ihr auch in der Freien Welt niemand etwas schenkte und man nur durch harte Arbeit Erfolg haben konnte.
    20 Jahre war Lilly alt. Ihr Haar war dunkel. Sie trug einen Mittelscheitel, dennoch fiel das Haar nicht glatt nach beiden Seiten weg, sondern widerspenstig als eine Kraushaarfrisur. Es stand ab wie die Borsten einer Bürste.
    Wer Lilly anschaute, bemerkte zuerst diese wilde Haarflut und erst später das schmale Gesicht mit der kleinen Nase, die das Gestell der Brille nie richtig balancieren konnte. Lilly war auch nicht sehr groß, dafür schlank, und sie steckte voller Temperament.
    Als es gegen die Glasscheibe ihres Büros klopfte, zuckte sie zusammen, drehte hastig den Kopf und schaute in das lächelnde Gesicht eines älteren Mannes.
    Es war der Nachtwächter, der unter anderem auch dieses Kino-Center inspizierte.
    Lilly winkte ihm zu.
    Der Mann verstand und öffnete die Tür. Er war ein gemütlicher Typ, hatte bereits die Pensionsgrenze überschritten, war ziemlich breit und trug einen Kugelbauch vor sich her.
    »Hey, Alvin«, sagte Lilly. »Ist es schon soweit?«
    »Ja, Mädchen, ja. Daß ich dich hier treffe.« Er schüttelte den Kopf.
    »Kann ich kaum fassen.«
    »Wieso?«
    »Es ist ziemlich spät. Holt dich dein Freund denn ab?«
    Lilly nickte. »Tom wartet sicherlich schon. Haben Sie ihn gesehen, Alvin?«
    »Nein. Aber ich bin schon vor einer Stunde hiergewesen. War nichts Gescheites im Fernsehen.«
    Lilly Tonev stand auf und lachte. »Sie sollten öfter mal ins Kino gehen.«
    »Das ist doch nur was für junge Menschen. Außerdem gefallen mir die meisten Filme nicht. Immer nur Horror und Action, nein, das ist nichts für meinen Jahrgang.«
    Lilly verteidigte den Film. »Es gibt auch andere. Der neue mit Dustin Hofman…«
    Auf dem Gesicht des Nachwächters ging die Sonne auf. »Ja, den werde ich mir ansehen, wenn er hier läuft.«
    »Ob wir ihn bekommen, weiß ich nicht.«
    »Dann setz dich mal für mich ein.«
    Lilly lächelte und griff nach ihrer gefütterten Jacke. »Ich werde es versuchen.«
    Der Nachtwächter nickte. »Dann viel Spaß noch, ihr beiden. Und treibt es nicht zu toll.«
    »Wo denken Sie hin, Alvin! Mein Freund ist bei der Polizei.«
    »Das spielt keine Rolle. Wenn man jung ist, schlägt man oft über die Stränge.«
    »War das bei Ihnen so?«
    Da lachte der Mann und hob seinen Zeigefinger. »Ich verrate nichts, Mädchen. Jeder sollte seine Erfahrungen machen.«
    »Wenn wir mal Zeit haben, erzählen Sie mir davon, ja? Vielleicht kann ich meinen Freund überraschen.«
    »Werde mich hüten.«
    Lilly Tonev verabschiedete sich mit einem kurzen Winken. Sie verließ den Raum, betrat die leere Halle, in der nur die Notbeleuchtung brannte, und sah rechts und links die beiden Treppen, die zu den kleineren Kinos führten.
    Ihre Schritte hallten auf dem Steinboden, und sie hallten auch noch in der kleinen Passage wider, in dem das Kinozentrum lag. Rechts und links des Ganges befanden sich Geschäfte. Die Schaufenster waren erleuchtet, so daß man in der Passage selbst auf Licht verzichten konnte.
    Tom Tiptree wartete nicht im Wagen, sondern stand vor einer Schaufensterscheibe. Als er die Schritte vernahm, drehte er sich um, schaute auf seine Uhr und lächelte trotzdem.
    Nach dem Begrüßungskuß fragte er: »Hat aber heute verflixt lange gedauert.«
    »Ja, entschuldige, aber ich mußte die Abrechnung noch einmal machen, weil ich mich verrechnet hatte.«
    »Hast du denn noch Lust auf einen Schluck?« fragte er.
    Lilly blieb stehen und schaute zu dem dunkelblonden Mann mit dem Oberlippenbart hoch. »Nein, Tom, jetzt nicht. Ich habe einfach keinen Bock mehr.«
    »Okay.« Er legte seine Hand
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