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026 - Bote des Grauens

026 - Bote des Grauens

Titel: 026 - Bote des Grauens
Autoren: L. Ron Hubbard
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nachtrauerte? Er musste der Wirklichkeit ins Auge sehen, und je früher er es tat, desto eher konnte er sich eine neue Existenz aufbauen. Seine Schlacht war noch nicht geschlagen. O nein! All die Jahre hatte er sich vom Schicksal unterkriegen lassen. Immer hatte er dagegen angekämpft und es bezwungen.
    Mit dem heilen Fuß tastete er nach den Hausschuhen und griff dann nach dem Stock.
    Einen Trost gab es: sein Bein schmerzte heute viel weniger.
     

     

Der Professor stand an der Straßenecke gegenüber dem Park und war bester Laune. Er freute sich seines Lebens, trotz seiner fadenscheinigen Jacke und der abgewetzten Hose. Er gab Klavierunterricht und ergötzte sich nebenbei an deutscher Philosophie. Er ließ die Schlachten des neunzehnten Jahrhunderts neu auferstehen und erlebte sie mit, ohne ihrer Vergänglichkeit auch nur einen Gedanken zu schenken. Ein gewisser Jakob hatte heute seine Stunden bezahlt, was bedeutete, dass der Professor sich endlich eine neue Brille leisten konnte, die seine immer schwächer werdenden Augen dringend erforderten. Er hatte gar nicht erwartet, dass Jakobs Mama überhaupt etwas herausrücken würde, denn bei wirklich talentierten Schülern kam das höchst selten vor. Die unbegabten dagegen entrichteten ihr Scherflein gewöhnlich regelmäßig, so dass er es sich deshalb nicht leisten konnte, sie nicht mehr zu unterrichten, selbst wenn es absolut sinnlos war.
    Es war einer jener milden Wintertage, die die trügerische Hoffnung erwecken, der Frühling halte bereits seinen Einzug und der Winter müsste sich bis zum nächsten Jahr verabschieden. Selbst die Bäume schienen daran zu glauben, denn die ersten Knospen lugten bereits naseweis hervor.
    Die Ampel wurde grün, und der Professor tat den ersten Schritt, die Strasse zu überqueren, als er eine vertraute Uniform entdeckte. Fliegerleutnant McLean war aber heute schon früh unterwegs.
    Der Professor änderte seine Absicht und wartete auf den Leutnant, der langsam und schwerfällig näher kam Er stützte sich fest auf den Stock und wirkte müde. Der Professor hielt es für seine Aufgabe andere aufzuheitern, sie zu ermuntern, wann immer möglich. Und außerdem bereitete es ihm Vergnügen, den Leutnant mit klugen Aussprüchen lang verstorbener Philosophen aus der Reserve zu locken.
    Die Ampel wurde rot.
    Clays Gesicht war noch bleicher als sonst. Er nickte dem Professor grünend zu.
    „Einen wunderschönen Morgen. Leutnant. Was bringt Sie schon so früh auf die Beine?“
    Clay lehnte sich gegen den Zeitungsstand. „Besser in frischer Luft als im stickigen Zimmer. Aber warum das strahlende Gesicht?“
    „Heute“, erklärte der Professor vergnügt, „ist ein ganz besonderer Tag. Ich werde mir eine neue Brille kaufen und mir vielleicht eine Flasche wirklich gutes Bier leisten. Bock, wissen Sie?“
    „Bock?“
    „Ah, fühlen Sie denn nicht, wie nah der Sommer schon ist?“
    „Sie meinen wohl, der Winter?“
    „Dem Frühling folgt immer der Sommer. Leutnant. Das war noch nie anders. Ich habe das Gefühl, heuer wird ein besonders schönes Jahr für mich.“
    Clay lächelte ein wenig, er wollte nicht zynisch erscheinen. Er blickte zur Ampel hoch.
    Der Zeitungsverkäufer vom Stand an der Ecke gesellte sich kurz zu ihnen und stellte sich an den Bordstein. Der Professor unterließ es nie, dem Buckligen auf den Rücken zu klopfen. Er behauptete, das bringe Glück. Der Zeitungsverkäufer lächelte und nickte mit dem Kopf.
    „Wenn Sie doch schon soviel Glück haben, warum tun Sie denn das noch?“ konnte Clay sich nicht enthalten zu fragen.
    „Mein lieber Leutnant, vom Glück kann man nie genug haben“, versicherte ihm der Professor.
    „Und Sie glauben, Sie können es sich auf diese Weise sichern?“
    „Sichern? Nein, das ist nicht das richtige Wort. Es beschwören, würde ich eher sagen. Ihm schmeicheln. Ihm sein Geschick anvertrauen. Kant sagt…“
    „Ach, lassen wir Kant heute aus dem Spiel. Wenn man auch nur einen Augenblick sein Leben nicht fest in der Hand hält, passiert irgendetwas. Es ist ein Kampf, der in der Wiege beginnt und erst im Grabe endet. Nie wird der Mensch gewinnen.“
    „Darwin.“ Der Professor rümpfte die Nase.
    „Darwin hat nichts damit zu tun Der Menschheit war der Kampf ums Leben bewusst, noch ehe Darwin existierte. Aber bis jetzt weiß die Menschheit noch nicht alles, was sie über diesen Kampf wissen sollte. Der Mensch sieht eben nicht weiter, als ihn seine eigene Erfahrung gelehrt hat. Sie. Sie sprechen
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