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0253 - Vorstoß in die Dunkelwelt

Titel: 0253 - Vorstoß in die Dunkelwelt
Autoren: Unbekannt
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die Verzweiflung. Sie kam wie ein formloses, schleimiges Ungeheuer, das seine Pseudopodien in jede Spalte senkte und mit naßkalten Fangarmen die Gehirne der überlebenden Paddler zusammenpreßte.
    Ollok stand einsam auf einer der Kraftwerkskuppeln. Hier hatte er dem Nähen des fremden Schiffes mit aufkeimender Hoffnung zugesehen.
    Hier war er Zeuge des brutalen Feuerüberfalls geworden. Es änderte nichts an der enttäuschenden Tatsache, daß er sich schwerste Vorwürfe machte. Umsonst sagte er sich, daß das Unglück nicht hätte zu geschehen brauchen, wenn man die Geschützkuppeln zurückerobert hätte. Das wäre nicht unmöglich gewesen. Die Kampfmittel der Techniker waren denen der Botas überlegen. Aber sie wagten niemals, sie voll einzusetzen. Was hätte es genützt, wenn sie eine total verwüstete Station zurückeroberten?
    Erst seit einem Zehnteltag wußte Ollok, daß sie alles ganz falsch gemacht hatten. Wären die drei Waffenkuppeln und die Leitstationen nicht unversehrt in die Hände der Botas gelangt, die Fremden lebten noch. Niemand wußte, wie die Fremden aussahen, aber jeder war sich darüber klar, daß sie nicht bösartiger sein konnten als die modifizierten Botaniker und die Kampfpflanzen der Gemeinschaftsintelligenz.
    Aber alle Vorwürfe änderten nichts mehr an der Tragödie.
    Zu dieser Zeit waren die Fremden entweder tot oder in der Gewalt der Pflanzenintelligenz. Eigentlich hätte das an der Lage der Techniker nichts ändern sollen. Sie hatten eine Chance vertan, und niemand würde wieder zu hoffen wagen. Es erschien sinnlos, auf eine zweite Chance zu warten.
    Langsam, beinahe unbeholfen, wandte sich Ollok durch das winzige Dachluk. Seine alten und neuen Brandwunden begannen zu schmerzen. Die Tränen liefen ihm über das pechschwarze Gesicht, und er hätte nicht sagen können, ob der physische oder der psychische Schmerz sie auslöste.
    Im Unterbewußtsein keimte der Gedanke, daß jetzt etwas geschehen müsse. Man durfte die Verzweiflung nicht überhandnehmen lassen. Irgend etwas mußte die sechstausend Techniker der Werft aus ihrer Lethargie reißen. Während er unter qualvollen Schmerzen die Notleiter hinabstieg, verwandelte der Erbe von OL-hilfreich sich aus einem jungen Mann in einen berechnenden Taktiker.
    Als er den langen Flur des Frauentraktes passierte, bemühte er sich um eine gerade Haltung. Es gelang ihm trotz der schmerzenden, ziehenden Narben. Doch er biß sich die Lippen blutig dabei. Hin und wieder glaubte er, hinter den milchigen Türscheiben der Frauenkammern ein Gesicht zu sehen.
    Dann zwang er sich ein zuversichtliches Lächeln ab.
    Der Beratungsraum war fast leer. Nur einige ältere Techniker der zweiten Generation saßen in sich zusammengesunken auf den Wandbänken. Sie hoben bei Olloks Eintritt flüchtig den Kopf. Dann verfielen sie wieder in ihr dumpfes brüten.
    Ollok trat erhobenen Hauptes in den leuchtenden Mittelkreis.
    Nach und nach richteten sich die Blicke der Alten auf ihn. Ollok tat, als sähe er durch sie hindurch. In Wirklichkeit jedoch beobachtete er die dunklen Gesichter scharf. Er sah die Skepsis, die Verzweiflung, den Fatalismus - aber er entdeckte auch Verwunderung und einen Schimmer von Hoffnung in den Mienen.
    Geduldig wartete er, bis er die Aufmerksamkeit aller auf sich gezogen hatte. Dann hob er die Hände.
    „Brüder!" rief er. „Ich danke euch, daß ihr hier auf mich gewartet habt. Aber ich muß denen zürnen, die sich in ihre Wohnungen verkrochen. Wo sind sie? Wer hat ihnen erlaubt, dem Direktorium fernzubleiben?"
    Er senkte die Arme und wartete.
    Endlich erhob sich einer der Alten. Gebeugt vom Alter, aber dennoch erhobenen Hauptes, trat er in den Außenkreis der Sprecher. Lange musterte er den jungen Direktor der Werft.
    „Auch ich zürne denen, die nicht kamen, Ollok. Aber ich kann die Mutlosigkeit verstehen. Wir Techniker sind zum Untergang verurteilt. Es ist nur noch eine Frage der Zeit. Die Gemeinschaftsintelligenz schickt unablässig neue Schlingpflanzen und Bäume unter unsere Plattform.
    Im Laufe Hunderter von Umläufen haben sie unsere Werftinsel hoch über das Niveau des Dschungels gehoben. Eines Tages wird die Gemeinschaftsintelligenz ihre Pflanzeninsel unter der Werft wegziehen.
    Dann stürzt die Plattform auf den Boden. Sie muß zerbrechen, denn sie wurde bereits bei der Landung unserer Vorfahren schwer beschädigt. Und wir alle werden dann entweder sterben oder genauso modifiziert und eingegliedert werden wie die ehemaligen
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