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025 - New York, New York!

025 - New York, New York!

Titel: 025 - New York, New York!
Autoren: Claudia Kern
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waren die Umrisse der Insel nicht mehr zu erkennen. Im Norden, wo früher einmal Harlem gelegen hatte, bildete sich eine Nebelwand, die langsam auf die Stadt zukroch.
    Matt sah nach Westen und stutzte. Zwischen den Häusern entdeckte er ein großes steinernes Gebäude, das wie ein Tempel aussah. Davor standen Menschen in einer langen Reihe. Es mussten Hunderte sein, die sich dort versammelt hatten.
    »Worauf warten diese Leute?«, fragte Matt, als Colomb seine Geschichte beendet hatte.
    Der Maa'or wusste anscheinend, was gemeint war, denn er fragte nicht nach, sondern erklärte: »Ihr habt Glück, dass ihr gerade jetzt nach Nuu'ork gekommen seid. Vor Tagen erst haben wir etwas entdeckt, von dem in alten Prophezeiungen gesprochen wurde.« Er machte eine theatralische Pause. »Wir haben das Sonnenkorn gefunden!«
    »Das was?«, fragten Matt und Colomb gleichzeitig.
    Der Maa'or sah sie überrascht an. »Gibt es diese Legende in Euree nicht?« Seine Besucher schüttelten den Kopf. »Nun«, sagte er, »als Kristofluu über die Welt kam, wurde es kalt und finster und Menschen wie Götter froren. Da griff Wudan hinauf zur Sonne und brach ein Stück aus ihr heraus. Die anderen Götter beneideten ihn um die Wärme in seinem Palast. Es kam zu Intrigen und Kämpfen unter ihnen. Schließlich begriff Wudan, dass es keinen Frieden geben konnte, solange er mehr besaß als die anderen. Also legte er das Stück der Sonne in eine Samenhülse und vergrub es tief in der Erde, wo kein anderer Gott es finden konnte.«
    »Stattdessen habt ihr jetzt dieses… Sonnenkorn gefunden?«, hakte Matt nach.
    Der Maa'or nickte. »So ist es. Schon bald werden wir es öffnen und unserer Stadt die Wärme zurückgeben.«
    Das klingt irgendwie nach der Büchse , der Pandora, dachte Matt mit einer düsteren Vorahnung. Er sollte Recht behalten…
    ***
    Pieroo stand an Deck und spielte mit dem Fernrohr, das Colomb auf dem Schiff zurückgelassen hatte. Seit Stunden versuchte der Hüne zu ergründen, warum die Landschaft weit entfernt erschien, wenn man durch das eine Ende blickte, aber ganz nah, wenn man das andere benutzte.
    Das ergab keinen Sinn.
    Er setzte es erneut an. Die Sanddünen erschienen zum Greifen nah, aber er widerstand dem Impuls, das auszuprobieren. Langsam schwenkte er das Fernglas nach links - und sah eine halbnackte Frau, die in den Dünen saß und… mit was spielte? Mit Puppen?
    Pieroo nahm das Rohr von seinem Auge, drehte es um und wischte über die Linse. Ein weiteres Mal sah er hindurch, aber an dem bizarren Bild änderte sich nichts. Da saß tatsächlich in klirrender Kälte eine Frau auf dem Eis, nur mit ihrer Unterwäsche bekleidet. Was war los mit ihr? Eine Verrückte? Oder war sie lebensmüde?
    Einen Augenblick lang blieb Pieroo nachdenklich stehen, dann ging er zur Planke, die das Schiff mit dem Hafen verband.
    »Bin glei widde da«, nuschelte er als Antwort auf die unausgesprochene Frage des Schiffskochs und verließ die Santanna.
    Pieroo fühlte die Blicke der Mannschaft in seinem Rücken, als er mit vorsichtigen Schritten über das Eis schlitterte. Eigentlich hätte er den Matrosen eine Erklärung geschuldet, aber er wollte sich erst selbst davon überzeugen, dass das Fernglas ihm die Wahrheit gezeigt hatte. Kurze Zeit später erkannte er, dass es wirklich so war. Jetzt konnte er die Frau auch mit bloßem Auge sehen. Pieroos Stiefelsohlen knirschten über die ersten Ausläufer der Düne und er beschleunigte seine Schritte.
    Die Unbekannte reagierte nicht, obwohl sie ihn sehen musste. Selbst als er sie erreichte und ansprach, blieb sie still sitzen. Nur ihre bläulich verfärbten Hände, die eine Puppe umklammert hielten, bewegten sich.
    Der Hüne dachte nicht lange nach. Er legte seine Arme um den kalten Körper der Frau und hob sie hoch. Dann trug er sie zurück zum Schiff, nicht ahnend, was er damit anrichtete…
    ***
    Der Maa'or hatte Matt und Colomb förmlich gezwungen, sich das Sonnenkorn anzusehen.
    Umringt von der sichtlich nervösen Leibgarde drängten sich die drei Männer an der wartenden Menge vorbei auf das steinerne Gebäude zu, das der Maa'or als »Madison Kathedrale des vergangenen Ruhmes« bezeichnet hatte.
    Matt nahm an, dass man die Kathedrale auf den Ruinen des Madison Square Garden gebaut hatte.
    Die Wartenden beschwerten sich lautstark, als sie von den Soldaten rüde beiseite gestoßen wurden. Beleidigungen wurden ausgetauscht, Schimpfworte machten die Runde. Besonders populär schien es zu sein, die
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