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025 - Die Todesmasken des Dr. Faustus

025 - Die Todesmasken des Dr. Faustus

Titel: 025 - Die Todesmasken des Dr. Faustus
Autoren: Dämonenkiller
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Herr?«
    »Nein, ich nehme mein Abendbrot an einem anderen Tisch ein«, erklärte Speyer.
    Er steuerte auf einen Tisch zu, der in der Ecke neben der Tür zur Küche stand, aus der verlockende Düfte strömten. Speyer hatte sich Fisch bestellt. Von den drei Komödianten beachtete ihn nur der verwachsene Zwerg, aber auch dieser würdigte ihn nur eines kurzen Blickes.
    Speyer setzte sich so, daß er den Prinzipal beobachten konnte. Er war tatsächlich eine stattliche Erscheinung, groß, mit breiten Schultern, schmalen Hüften und einer tiefgebräunten Haut. Die Hand, mit der er den Weinkrug an den Mund führte, war kräftig. Er hatte ein schmales Gesicht, das von einer geraden Nase in zwei fast identische Hälften geteilt wurde. Speyer hatte noch nie ein Gesicht gesehen, das so ebenmäßig war. Es wirkte von jeder Seite schön und männlich, aus welcher Perspektive man es auch betrachtete. Vielleicht war der Prinzipal der Komödianten in der Rolle eines »Prinzen« aufgetreten und hatte Theresas Herz im Sturm erobert?
    Da der dritte Mann am Tisch mit dem Rücken zu ihm saß, hatte Speyer noch keinen Blick auf sein Gesicht werfen können. Die drei unterhielten sich über irgendwelche Probleme der Schauspielerei, und obwohl Speyer nie ein scherzhaft gemeintes Wort heraushörte, kicherte der Gnom immer wieder in sich hinein. Er war bestimmt nicht größer als einen Meter und hatte links einen Buckel, der bis zum Hinterkopf hinaufragte. Seine Arme waren extrem kurz und standen seitlich ab. Wenn er nach dem Weinkrug griff, mußte er immer eine entsprechende Körperdrehung machen. Seine Beine waren ebenfalls viel zu kurz; sie baumelten von der Bank, gut einen halben Meter über dem Boden. Er hatte ein Pferdegesicht, in dem vereinzelt borstige Bartstoppeln sprossen.
    Die Tür zur Küche ging auf. Agnes Naßanger kam mit einer Schüssel, in der Speyers Karpfen dampfte.
    »Ah, duftet das!« rief der Prinzipal mit sonorer Stimme und machte eine theatralische Handbewegung.
    Plötzlich ertönte von oben der spitze Schrei einer Frau. Die Mohrenwirtin erstarrte, beinahe wäre ihr die Fischschüssel entfallen. Die Komödianten drehten sich zur Treppe herum.
    »Was war das?« fragte der Gnom mit seiner schrillen Stimme.
    »Laßt Euch nur nicht stören, edle Herren!« rief der Wirt beruhigend. »Das ist weiter nichts.«
    Als die Wirtin mit zitternden Händen den Fisch vor Speyer auf den Tisch stellte, ergriff er ihre Hand und fragte: »Geht es Theresa nicht gut?«
    »Das war nicht Theresa«, behauptete sie. Doch als neuerlich ein Schrei ertönte, der sich wie der Schmerzenslaut einer gequälten Kreatur anhörte, konnte sie nicht mehr an sich halten und schluchzte auf.
    »Diesmal habe ich Theresas Stimme erkannt«, erklärte Speyer.
    Und die Wirtin nickte.
    Er fragte barsch: »Warum kümmert sich niemand um sie?«
    Die Wirtin wischte sich über die Augen. »Wir können nicht ständig um sie herum sein. Es ist wirklich nichts Schlimmes. Nur einer ihrer Anfälle. Das geht gleich wieder vorbei. Laßt Euch bitte nicht stören, Herr!«
    »Weib!« brüllte der Wirt sie an. »Wie bedienst du unsere Gäste!«
    Die Wirtin verschwand schnell wieder in der Küche.
    Speyer zerteilte den Fisch, um die Gräten herauszulösen. Als er den ersten Bissen an den Mund führen wollte, ertönte wieder ein Schrei Theresas. Diesmal hielt er länger an und ging schließlich in ein Wimmern über.
    »Wirt, könnt Ihr nicht endlich dieses Gejammer abstellen!« empörte sich der dritte Mann am Tisch der Komödianten, den Speyer bisher noch nicht zu Gesicht bekommen hatte.
    Als er jetzt den Wirt ansprach, wandte er den Kopf herum. Und Speyer erkannte ihn sofort. Der Fisch blieb ihm beinahe im Halse stecken. Es war der Dieb, der den Goldenen Drudenfuß gestohlen hatte. Speyer hatte Muße, ihn eingehend zu betrachten. Es konnte kein Zweifel bestehen.
    Der Wirt kam herbei und redete begütigend auf seine Gäste ein. Er versicherte, daß die Anfälle seiner Tochter nun vorbei seien. Und tatsächlich war von da an auch nichts mehr zu hören.
    Speyer hatte den Karpfen kaum angerührt und schob ihn von sich. Er hatte plötzlich keinen Appetit mehr. Außerdem war der Fisch viel zu wenig gewürzt und stank nach Sumpf.
    »Darf ich die Herren zu einem Krug Wein einladen?« fragte Speyer die Komödianten. »Der Mohrenwirt hat mir verraten, daß Ihr die hohe Kunst der Mimik beherrscht. Und da ich schon immer ein Verehrer dieser Kunst war, würde es mir eine besondere Ehre sein,
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