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0240 - Totentanz im Dollar-Club

0240 - Totentanz im Dollar-Club

Titel: 0240 - Totentanz im Dollar-Club
Autoren: Totentanz im Dollar-Club
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angegriffen gewesen!«, wandte ich ein.
    »Das war eine Kleinigkeit!«, behauptete der Spielzeugfabrikant. »Chetnut sagte selbst, er fühle sich fünfzehn Jahre jünger, als er tatsächlich sei. Und wenn Sie mir ein ehrliches Wort gestatten Mr. Crockett, da ist die Geschichte mit dem Zahnarzt.«
    Ich behielt meine reservierte Miene, obgleich in mir alles gespannt war.
    »Mit was für einem Zahnarzt?«, fragte ich gelassen.
    »Mit diesem Franzosen! Bisher sind zwei von unseren Klubmitgliedern bei diesem Mann in Behandlung gewesen. Dave Chetnut und Richy Gordon. Und beide sind innerhalb weniger Wochen gestorben. Finden Sie das etwa nicht seltsam?«
    Doch, dachte ich. Das finde ich sogar sehr seltsam. Aber ich hütete mich, das zu sagen. Dafür beschloss ich, mich bei diesem Zahnarzt anmelden zu lassen.
    ***
    Entweder hatte Calosier überhaupt keinen Warteraum, oder der war nur für die weniger zahlungskräftigen Kunden da. Ich jedenfalls, der ich ja als englischer Finanzmann galt, wurde sofort in das Behandlungszimmer geführt. An der Tür hatte mich eine sehr hübsche junge Dame in einem netten Sommerkleid empfangen, das man vielleicht ein bisschen gewagt finden konnte, wenn man strenge Maßstäbe anlegte. Sie setzte ein bezauberndes Lächeln auf und bat mich, ihr zu folgen. Wer hinter diesem Mädchen herging, dachte jedenfalls vorübergehend nicht an den Zahnarzt…
    Das Behandlungszimmer war das ungewöhnlichste, das ich je gesehen habe.
    Hier war nicht alles so blütenweiß und typisch »nach Arzt« aussehend. Die Wände waren lichtgrün gekachelt. Auch die verschiedenen Schränke und Apparaturen zeigten beruhigende Farben. Es roch nicht einmal nach Krankenhaus, Äther, oder was weiß ich welchem Zeug. Eher schien ein leichter Parfümduft in der Luft zu schweben. Alles in allem wirkte das Zimmer auf eine angenehme Weise utopisch. Zur Hälfte erzeugten Farben, Bildschmuck und Sessel den Eindruck, man befinde sich in einem sehr modernen Wohnzimmer, zur anderen Hälfte hingegen brachten die ungewöhnlich geformten Apparaturen ein technisches Element hinein, das dem Ganzen seinen utopischen Charakter verlieh.
    Hatte mich bisher eine Blondine geführt, so wurde ich von ihr an eine rassige Dame mit pechschwarzem Haar weitergereicht. Sie bat mich, in einem der bequemen Sessel Platz zu nehmen. Ich tat es. Sie kam mit einem Block, der wie ein kleines Notizbuch aussah, an den Tisch, wo ich saß, ließ sich mir gegenüber nieder und erfragte auf charmante Weise meine Personalien.
    Als sie fertig war, erschien die Blonde wieder und fragte, ob sie mir einen Whisky oder etwas anderes servieren dürfte. Dar Herr Doktor werde sogleich erscheinen und bitte mich noch um ein wenig Geduld.
    Ich ließ mir einen Whisky einschenken, der allerbeste Klasse war. Dabei rauchten wir eine Zigarette, denn die Blondine rauchte mit. Sie fragte mich, was für Musik ich gern hörte. Ich nannte ihr die Namen von ein paar Sachen, die ich gerade im Kopf hatte. Eine Minute später lief der Plattenspieler. Ich bekam immer mehr Mühe, nicht zu grinsen. Fünfundneunzig Prozent von Calosiers Behandlungsmethoden schienen theatralischer Natur zu sein. Als mich die Blonde im vollen Ernst fragte, ob ich tanzen möchte, blieb mir der Whisky im Hals stecken. Ich zog mich diplomatisch aus der Schlinge, indem ich ihr versicherte, dass es mir ein ungeheures Vergnügen wäre, wenn ich mit ihr tanzen dürfte, aber leider wäre ich darin so schlecht, dass ich mich lieber nicht blamieren wollte. Sie war so gewandt, dass sie das Gespräch sofort in eine andere Richtung lenkte. Im Verlauf von etwa zehn Minuten wusste ich, dass Calosier nicht nur Wert auf äußere Schönheit bei seinen weiblichen Hilfskräften legte, sondern dass die Mädchen obendrein noch sehr klug sein mussten. Möglicherweise unterhielt ich mich mit akademisch gebildeten Damen, denn nach einiger Zeit setzte sich auch die Schwarze wieder zu uns und nahm am Gespräch teil. Endlich aber erschien Calosier selbst.
    Er war eine durchaus bemerkenswerte Erscheinung. An Größe glich er mir etwa, vielleicht war er sogar ein oder zwei Zentimeter größer. Seine Gestalt war ein wenig schmaler als meine. Er trug einen dunkelgrauen, sehr eleganten Anzug, Perle in der Krawatte und teure Wildlederschuhe. Sein Gesicht war sonnengebräunt und nach meinem Geschmack ein bisschen zu weich, fast weibisch. Daran konnte auch das kleine Lippenbärtchen nichts ändern, das er trug und das anscheinend mit Pomade gepflegt
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