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0228 - Kein Lösegeld für blonde Girls

0228 - Kein Lösegeld für blonde Girls

Titel: 0228 - Kein Lösegeld für blonde Girls
Autoren: Kein Lösegeld für blonde Girls
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Morgenblätter hatten eine große Sache daraus gemacht, und bei diesen Berichten kamen wir nicht gerade gut weg. Grored war interviewt worden und hatte sein Licht natürlich nicht unter den Scheffel gestellt, was ich ihm übrigens nicht übelnahm.
    An Kay war keiner der Reporter herangekommen, obwohl sie, wie Trace uns mitteilte, das Haus belagerten.
    Ein paar Tage danach stand eine dicke Anzeige in der »Tribune«, im »Herald« und im »News«. Sie lautete:
     
    Als Verlobte empfehlen sich
    Kay Trace
    Martin Grored
    New York, den 25. Juni 19 ..
     
    Phil und ich schickten ein paar Blumen und Glückwünsche. Zu einem persönlichen Besuch hatten wir keine Lust. Man weint nicht gerne am Grab seines eigenen guten Rufs.
    Diese Verlobungsanzeige war auch der Anlaß, daß wir etwas von Roman hörten. Was er eigentlich wollte, blieb mir, nachdem er angerufen hatte, immer noch schleierhaft, es sei denn, daß er das Bedürfnis hatte, sein Herz auszuschütten, sein Pech zu beklagen und auf Grored zu schimpfen, den er absolut nicht leiden mochte Das letztere war durchaus nicht verwunderlich, schließlich hatte ihm diesfer Kay weggeschnappt, und das war wohl ein Grund, um wütend zu sein.
    Es verging eine Woche, und wir hatten den Fall Kay Trace schon lange vergessen. Wir bemühten uns auch gar nicht darum, ihn im Gedächtnis zu behalten. Wir hatten das Gefühl, uns blamiert zu haben, und wollten nicht mehr daran denken.
    Plötzlich wurden wir, wenn auch nur mittelbar, wieder daran erinnert.
    Es war der 3. Juli, vormittags zehn Uhr, als die Anmeldung durchrief.
    »Jerry, Sie haben bildschönen Besuch.«
    »Wie soll ich das verstehen?« lachte ich.
    »Hier unten steht eine kleine Chinesin, die behauptet, Sie zu kennen, und die Ihnen etwas sagen will.«
    »Dann schicken Sie sie in Gottes Namen herauf.«
    Es dauerte ein paar Minuten, bis die Tür aufging. Zuerst erkannte ich das hübsche Mädel mit den großen, nur leicht geschlitzten Augen gar nicht, aber als sie dann mit einem süßen, kleinen Lächeln einen artigen Knicks machte, wußte ich plötzlich, wo ich sie hintun sollte.
    Es war eine der zwei Bardamen, die an jenem Abend mit Lucy und deren Kavalier zusammengesessen hatten.
    »Setzen Sie sich!« forderte ich das Mädel auf, und sie klemmte sich auf die äußerste Kante eines Stuhls.
    »Ich bin San Fu Mi«, zirpte sie. »Jack, der Kellner des ›Goldenen Drachens‹, hat mir geraten, Sie aufzusuchen.«
    »Woher wissen Sie denn überhaupt, wer ich bin?«
    »Jack kennt Sie. Er sagte, er habe Sie schon zweimal als Zeugen vor Gericht gesehen, als er im Zuschauerraum saß. Jack liebt es, die Gerichtssäle zu besuchen, wenn ein besonderer Fall verhandelt wird.«
    »Und warum hat der Kellner Ihnen den Rat gegeben, zu mir zu kommen?«
    »Ich möchte niemand verdächtigen, Mr. Jerry«, lächelte sie. Offenbar hielt sie Jerry für meinen Nachnamen. »Aber es handelt sich um Lucy, die am Tag, nachdem sie noch bei uns so vergnügt war, getötet wurde.«
    »Überfahren«, berichtigte ich. »Überfahren und dadurch getötet«, beharrte sie »Kann man nicht auch jemanden ermorden, indem man ihn überfährt?«
    »Natürlich kann man das«, antwortete ich mit aufsteigenden. Interesse. »Wollen Sie etwa behaupten,. daß dies auf Lucys Tod zuträfe?«
    »Ich kann gar nichts behaupten, Mr. Jerry. Ich kann nur sagen, was ich weiß. An dem Abend, an dem Lucy einen gewaltigen Schwips hatte, waren wir zusammen im Waschraum. Dabei sagte sie ungefähr folgendes: Du kannst mir gratulieren, kleine Mi. Von jetzt an wird mein Brot auf beiden Seiten gebuttert sein. Mein Freund und ich, wir haben ein ganz dickes Ding gedreht, und ich habe ihn dadurch so in der Hand, daß er mir geben muß, was ich will. Ich weiß zuviel, und das wird ihn einen großen Haufen Dollars kosten. Wenn er dann genügend ausgespuckt hat, so lasse ich ihn sitzen und mache eine Bar auf. Ich warnte Lucy. Ihr Freund sah zwar recht harmlos aus, aber ich hatte gelegentlich bemerkt, daß er gehässig und hinterhältig sein konnte, aber meine Warnungen fruchteten nichts. Sie lachte mich aus und meinte, von solchen Dingen verstehe ich nichts. Sie vergaß, daß wir Chinesen von vielen Dingen etwas verstehen, und zwar mehr als jeder Weiße. Wir verstehen es vor allem, in der Seele eines Menschen zu lesen, und die Seele des Mannes war schmutzig. Am nächsten Tag hatte Lucy das, was die Zeitungen einen tödlichen Unfall nannten, und ihr Freund hat sich bei uns niemals wieder sehen lassen.
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