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0227 - Stellas Rattenkeller

0227 - Stellas Rattenkeller

Titel: 0227 - Stellas Rattenkeller
Autoren: Jason Dark
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erst zum Wagen laufen, und sicherlich hatte sich Rafferty auf dem Weg zu einem Apparat befunden.
    »Ja«, ächzte er. »Nicht weit von hier. An der zweiten Leichenhalle. Da ist auch ein Haus…«
    »Können Sie laufen?«
    »Versuchen…«
    Suko und ich packten zu. Wir hievten ihn gemeinsam in die Höhe und stützten ihn unter den beiden Achseln ab. Stehen konnte er kaum, seine Beine wollten wegknicken. Wahrscheinlich eine Folge körperlicher Schwäche, nicht der Verletzung.
    Es war für uns klar, daß wir am Ball bleiben würden, obwohl wir darüber mit keinem Wort gesprochen hatten. Aber diese Rattenplage schien mir nicht von ungefähr zu kommen, ich hatte das Gefühl, daß sie gesteuert wurde, und zwar bewußt.
    Nur — wer steckte dahinter?
    Automatisch beschäftigten sich meine Gedanken wieder mit dem Rattenkönig. Er hatte in Southwick gelebt, sein Name war Rocky Koch gewesen. Den letzten Akt des Dramas hatte er überlebt, und ich glaubte, mich daran zu erinnern, daß man ihn in eine Irrenanstalt gesteckt hatte. Das war natürlich nicht schlecht gewesen, wobei sich mir die Frage stellte, ob er nicht schon entlassen worden war, doch daran wollte ich eigentlich nicht glauben.
    Wenn Koch also ausschied, wem gehorchten die Ratten dann?
    Ich wußte es nicht, aber ich nahm mir fest vor, es herauszufinden. Natürlich ließen wir unsere Umgebung nicht aus den Augen. Immer wieder schauten wir rechts und links zwischen die Büsche, ohne allerdings einen der Nager zu entdecken.
    Der Erdboden schien sie verschluckt zu haben. Daß dem nicht so war, wußte ich sehr genau, nicht umsonst waren die Ratten in einer Formation über den Friedhof gelaufen.
    Der Weg mündete in einen breiteren, der fast schon einer Straße glich. Zudem war er noch geteert, und die Hitze der vergangenen Tage hatte die Teerdecke richtiggehend breiig zäh gemacht. Man hatte das Gefühl, kleben zu bleiben.
    »Wir sind gleich da«, ächzte der Verletzte und holte tief Luft. Es war trotz unserer Unterstützung anstrengend für ihn, so zu laufen. Alle drei atmeten wir auf, als wir den kleinen, halbrunden Platz vor dem Gebäude erreichten, das Rafferty uns avisiert hatte.
    Diesmal knirschten kleine Kieselsteine unter unseren Füßen, als wir auf den düsteren Bau der Leichenhalle zugingen.
    Ein so großer Friedhof wie der Brompton Cemetery kommt natürlich mit einer Leichenhalle nicht aus. Ich wußte, daß es vier von ihnen gab. Täglich fanden hier zahlreiche Beerdigungen statt.
    Eine Leichenhalle bietet tagsüber schon ein düsteres, wenn nicht abschreckendes Bild, des Nachts war es noch schlimmer. Dieser Bau, der sich vor uns aus der Dunkelheit schälte, kam mir vor wie ein übergroßes Zuchthaus für gefangene Geister. Wahrscheinlich war er, wie die anderen Leichenhallen auch, aus Backsteinen errichtet, hatte zur Vorderseite hin hohe Fenster mit Milchglasscheiben, durch die man nicht schauen konnte.
    Die Halle interessierte uns nicht. Der Verletzte deutete mit dem Kopf auf einen Bau links daneben.
    »Da müssen wir hin.«
    »Ist das Haus besetzt?«
    »Nein, aber ich habe einen Schlüssel.« Er blieb stehen. »Greifen Sie mal in meine rechte Hosentasche.«
    Das tat ich und beförderte ein Schlüsseletui zutage.
    »Der kleinste ist es!«
    Es war ein flacher Schlüssel, der zu einem BKS-Schloß paßte. Wir mußten noch eine kleine Treppe hoch, dann standen wir vor der Tür, und ich schloß auf.
    Zweimal mußte ich den Schlüssel drehen, dann konnte ich die schwere Tür aufdrücken.
    Der typisch muffige Geruch einer Leichenhalle empfing uns, obwohl in diesem Bau keine Toten aufbewahrt wurden. Aber der Gestank hatte sich eben ausgebreitet, da war nichts zu machen.
    Durch einen schmalen Flur mußten wir und konnten in ein dunkles Zimmer schauen, dessen Tür zur Hälfte offenstand. Suko hatte auch im Flur bereits Licht gemacht. Er schob sich an mir vorbei, trat über die Schwelle und suchte nach dem Schalter. Es raschelte, als seine Hand an der Tapete entlangfuhr, den Lichtschalter fand und ihn betätigte.
    Es wurde hell.
    Gleichzeitig hörten wir Sukos Schrei. »Bleibt draußen, verdammt!« Er rammte hastig die Tür zu.
    Ich hatte es bereits gesehen. In dem dahinterliegenden Zimmer hockten zahlreiche Ratten!
    ***
    Kreidebleich blieb der Chinese stehen und lehnte sich mit dem Rücken gegen die Tür, während ich den Verletzten stützte. Er wußte allerdings nicht, was das zu bedeuten hatte, denn er schaute Suko und mich fragend an.
    »Warum gehen Sie nicht
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