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0225 - Blüten mit dem Todeszeichen

0225 - Blüten mit dem Todeszeichen

Titel: 0225 - Blüten mit dem Todeszeichen
Autoren: Blüten mit dem Todeszeichen (2 of 3)
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hatte.
    Mr. High riß sich gewaltsam aus seinen Erinnerungen. Er kehrte an seinen Schreibtisch zurück und sagte mit einer Stimme, die wieder klar und sachlich klang:
    »Setzen Sie sich doch, Phil. Jerry ist zum Zuchthaus rausgefahren, wie Sie ja wissen. Ich habe ihm die Erlaubnis dazu erteilt, obgleich es mir lieber gewesen wäre, wenn er auf diesen Besuch verzichtet hätte…«
    Phil hatte Platz genommen. Er sah den Chef verwundert an.
    »Ich hoffe«, sagte Mr. High ernst, »ich hoffe, Phil, ich brauche nicht extra zu betonen, daß ich an Neville ebenso hänge wie Sie oder Jerry oder jeder andere hier im Hause. Aber wir sind hier keine Filmproduzenten, die in Sentimentalität reisen. Wir sind FBI-Leute, Phil, und ich möchte, daß Sie das nicht eine Sekunde aus den Augen verlieren.«
    Phil zupfte an seiner rechten Manschette.
    »Eh«, brummte er unsicher, »eh — soll das heißen —«
    »Das soll heißen«, erwiderte Mr. High, »daß ich von mir und von Ihnen und von jedem anderen weiterhin die Pflichterfüllung erwarte, die für einen G-man Selbstverständlichkeit ist. Ein Kamerad von uns wurde unter erdrückenden Indizien zum Tode verurteilt, obgleich er behauptet, unschuldig zu sein. Gut, das ist eine Tatsache, ob sie uns gefällt oder nicht. Wir werden diesen Kameraden nicht sitzenlassen, das versteht sich. Wir werden alles — ich betone: alles — für ihn tun. Aber wir werden auf keinen Fall so tun, als ob es nur noch ihn gäbe. Wir werden uns nicht so verhalten, als wären plötzlich alle Verbrecher aus der Welt verschwunden. In diesem Hause wird nicht rin einziger Fall bearbeitet, der den Aktentitel NEVILLE trägt. Ist das klar?«
    Phil hatte die Lippen hart aufeinander gepreßt. Es dauerte eine Weile, bis er gepreßt sagte:
    »Ja, ich glaube, das ist klar.«
    »Wir müssen auch ein wenig an die optische Seite der Sache denken, Phil«, fuhr der Chef fort. »Sie und Jerry sind Nevilles beste Vertraute gewesen. Er war Ihr Lehrer, und vieles, wenn nicht alles, was Sie und Jerry geworden sind, verdanken Sie Neville. Die Presse weiß das. Sie beide werden deshalb vorläufig nicht in der Sache Neville arbeiten —« Phil riß den Kopf hoch. Bevor er etwas sagen konnte, fuhr der Chef fort: »Sie werden deshalb vorläufig nicht in der Sache Neville arbeiten! Das ist meine Entscheidung, Phil. Vielleicht gebrauchen Sie mal Ihren Verstand, bevor Sie sich restlos Ihrem Trotz überlassen. Es geht um Neville, nicht um Sie. Neville soll hingerichtet werden, nicht Sie. Wenn Sie und Jerry weitere Ermittlungen anstellen, wird Ihre Zuneigung und Ihre Verehrung für Neville Ihre Augen blind machen, Ihre Ohren taub und Ihre Fähigkeiten stumpf. Ich werde G-men aus Frisco oder sonstwoher kommen lassen, G-men, die Neville noch nicht ein einziges Mal gesehen haben. Die werden allen Spuren nachgehen. Und dann werden wir weitersehen.«
    »Und wenn die Kollegen nichts finden?«
    Der Chef hob den Kopf. Seine Augen sahen Phil ernst an.
    »Ich bin der Chef des größten FBI-Distriktes der Vereinigten Staaten«, sagte er. »Glauben Sie mir bitte, daß mein Arm ziemlich weit reicht. Ich habe noch nie Beziehungen ausgespielt oder Druck ausgeübt. Aber bevor man Neville hinrichten würde, müßte man sich Gedanken über eine Neubesetzung dieses Platzes machen. Und über einiges andere mehr…«
    Der Chef schwieg einen Augenblick, dann zog er eine Akte heran. In geschäftsmäßigem Tonfall fuhr er fort: »Ich möchte, daß Sie und Jerry eine Falschgeld-Sache übernehmen. Es sind da gefälschte Hundert-Dollar-Noten aufgetaucht. Gut gemachte Blüten. Vielleicht ist es eine kleine Bande, vielleicht ist es eine große. Vielleicht ist es harmlos, vielleicht wird es für Sie beide sehr gefährlich. Sie werden es ja sehen…«
    Der Chef schob Phil den Aktendeckel zu. Einen Augenblick lag die Akte auf der Schreibtischkante. Dann griff Phil zu.
    »Okay«, sagte er. »Wir bringen Ihnen die Leute, Chef. — Es sei denn, man bringt uns mit den Füßen zuerst in dieses Haus…«
    ***
    Der Wärter schloß die Zelle auf. Er tat es mit stillschweigender Zustimmung des Blockchefs. Obgleich es natürlich verboten war. Sie hätten Neville eigentlich in den Besucherraum führen müssen. Statt dessen ließen sie mich in seine Zelle.
    Als ich ihn das letzte Mal besuchen konnte, war er noch in Untersuchungshaft gewesen. Und das Gespräch zwischen uns war nicht erfreulich verlaufen. Neville hatte gespürt, daß selbst wir angefangen hatten, an ihm zu zweifeln.
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