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0221 - Der Todessee

0221 - Der Todessee

Titel: 0221 - Der Todessee
Autoren: Jason Dark
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halten.
    Plötzlich bemerkte sie den hochgewachsenen Schatten dicht vor der Kühlerschnauze, ein riesiges Monstrum mit sehr langen Armen. Karen dachte an ein Ungeheuer, ihr Mund öffnete sich wieder zu einem Schrei, doch sie tat instinktiv das richtige, indem sie das Lenkrad nach links kurbelte und den Baum knapp passierte.
    Nichts anderes war das »Monster« gewesen, nur ein alter Baum.
    Die tiefer hängenden Zweige schabten noch über das flache Autodach, und für Karen White hörte es sich an wie das Kratzen von kalten Totenfingern.
    Erst jetzt dachte sie daran, die Scheinwerfer anzuschalten. Die beiden Lampen flammten auf. Breit und hell stachen die Strahlen durch die Finsternis, huschten über Baumstämme, trafen Büsche, leuchteten sie aus und wanderten weiter, mal nach links, dann wieder nach rechts. Es kam darauf an, in welche Richtung Karen ihren kleinen Morris lenkte.
    Einfach geradeaus fahren konnte sie nicht. Das ließ das Gelände nicht zu. So mußte sie Schlangenlinien fahren, um die Straße zu erreichen.
    Karen White schaffte es. Der Morris nahm die letzte Bodenwelle.
    Karen wurde noch einmal durchgeschüttelt und kurbelte das Lenkrad nach rechts, um in die schmale Kurve zu kommen, die sie fahren mußte. Endlich befanden sich alle vier Räder ihres Wagens auf dem Asphaltbelag der Uferstraße, die hier noch gut ausgebaut war. Weiter östlich mündete die Straße in einen Schotterweg.
    Gas!
    Der Motor des kleinen Morris überdrehte sich fast. Karen machte in ihrer Panik vieles falsch. Was ihr sonst in Fleisch und Blut eingegangen war, hatte sie wieder vergessen. So kam es, daß sie den Motor abwürgte und der Wagen mitten auf der schmalen Straße stehenblieb.
    Karen konnte einfach nicht mehr. Sie hatte in den letzten Minuten zuviel durchgemacht und mußte sich eine Pause gönnen. Ein paarmal schüttelte sie den Kopf, beugte sich vor und lehnte ihre Stirn gegen den Lenkradring.
    So blieb sie sitzen.
    Minuten verrannen. Erst als der Schweiß getrocknet war und Karen anfing zu frieren, da wurde ihr bewußt, daß sie nur den Slip trug.
    Zum Glück hatte sie ihre persönlichen Dinge zusammengerafft, auch Geld befand sich noch in ihrer Jeans.
    Sie drehte sich, griff zwischen den beiden Rückenlehnen der Vordersitze hindurch und holte die Jeans sowie ihr T-Shirt nach vorn. Dabei traute sie sich nicht, den Wagen zu verlassen, sie verrenkte sich fast die Glieder, als sie, hinter dem Lenkrad hockend, in die Kleidungsstücke stieg.
    Immer wieder warf sie skeptische Blicke in den Spiegel. Karen White dachte an das blaue Skelett und befürchtete, daß es sie verfolgen würde, was jedoch nicht der Fall war, denn sie sah nicht einmal den Hauch eines Scheins im Spiegel.
    Allmählich beruhigten sich ihre Nerven. Einen Plan hatte sie ebenfalls schon gefaßt. Sie mußte nach Darkwater und dort Bescheid sagen, was geschehen war. Da sollten Leute nach ihrer Freundin suchen. Man konnte sie nicht einfach dieser schrecklichen Tiefe überlassen, das ging auf keinen Fall.
    Darkwater lag etwa drei Meilen entfernt, am großen Bogen des Sees. Sonntags schallte das Geläut der Kirchenglocken weit über das dunkle Wasser.
    Sie fuhr weiter. Diesmal nicht so schnell und hektisch, sondern ruhiger. Dabei konnte sie noch nachdenken, und ihr fiel ein, daß Darkwater überhaupt keine Polizeistation besaß. Es gab zwar einen Konstabler, aber der war gleichzeitig Postmann und teilte sich seine Arbeit.
    Kurvig wurde die Straße. Mal konnte Karen den See erkennen, dann wiederum nahmen ihr hohe Bäume oder dicht wachsende Büsche den Blick auf die dunkle Wasserfläche.
    Als sie endlich die ersten Häuser von Darkwater sah, da atmete sie auf. Gerettet…
    ***
    Wir hatten eine wirklich heiße Fahrt hinter uns und dem Bentley alles abverlangt.
    Das alte Schätzchen schnurrte noch wie in seinen besten Tagen, obwohl es schon über fünf Jahre alt war. Ich sah noch nicht ein, mir einen neuen Wagen zuzulegen, der alte tat es auch, zudem war ja nichts daran. Der Silbergraue wurde regelmäßig gewartet und hatte mich noch nie im Stich gelassen.
    Cumberland Mountains. Davon hatte ich wohl mal gelesen, aber die Ecke selbst kannte ich nicht. Es war eine kaum erschlossene Gegend. Die Straßen, die wir nehmen mußten, konnte man an einer Hand abzählen. Die Autobahn führte weit vorbei, und wir mußten uns auf engen, manchmal pistenähnlichen Wegen weiterwinden.
    Schließlich sahen wir den See.
    Wir kamen aus den Hügeln, die von dem grauen Band der Straße
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