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0216 - Der Ripper kehrt zurück

0216 - Der Ripper kehrt zurück

Titel: 0216 - Der Ripper kehrt zurück
Autoren: Jason Dark
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dachte Eveline Dupres allerdings nicht nach. Sie hatte andere Sorgen, denn sie wollte HORRORLAND so rasch wie möglich verlassen. Obwohl sie sich selbst als einen nicht ängstlichen Menschen bezeichnete, war ihr dieser großzügig angelegte Park doch auf die Nerven gefallen. Zudem hatten sich wenige Menschen hierher verlaufen. Normalerweise war HORRORLAND überfüllt, aber das Wetter spielte nicht so mit.
    Mittlerweile war zwar der Wonnemonat Mai angebrochen, doch Regen empfanden die meisten Menschen nicht als sehr wonnig. Zudem wehte ein steifer Wind, der im Norden von Schottland Schnee gebracht hatte und bis in den Süden der Insel fuhr. So manche Gegenstände an den künstlichen Fassaden klapperten und bewegten sich. Die entstehenden Geräusche gaben der Kulisse einen zusätzlichen gänsehauterzeugenden Touch.
    Noch eine gute Viertelstunde, dann wurde der Park geschlossen. Schon einmal war die Sirene ertönt.
    Als Eveline sich in Bewegung setzte, heulte sie ein zweites Mal auf. Fünf Minuten vor der endgültigen Schließung würde sie sich ein drittes Mal melden.
    Die junge Französin ließ das Gebiet der Gruselschlösser hinter sich, ging durch eine schmale Gasse und passierte eine Andenkenbude, wo ein Mann dabei war, seinen Stand zuzuklappen. An der Bude wurden Aufkleber verkauft. Sie zeigten natürlich Motive, die mit HORRORLAND in einem ursächlichen Zusammenhang standen.
    Frankenstein, Dracula und der Werwolf gingen als Aufkleber weg wie warme Brötchen. Ebenso fand man ihre fratzenhaften Gesichter und schrecklichen Gestalten auf Luftballons und Popcorntüten.
    Der Verkäufer schaute der einsamen Gestalt nach. Er grinste, hob die Schultern und schloss seine Läden endgültig.
    Schon nach wenigen Schritten wich die Asphaltdecke altem, rissigen Kopfsteinpflaster, so wie es im Soho der Jahrhundertwende üblich gewesen war. Man hatte diesen Ortsteil von London in der Tat gut nachgebaut. Ein Wirrwarr von kleinen Gassen und eng beieinanderstehenden Häusern, alten Laternen und baufällig wirkenden Pubs.
    Auch Menschen gab es. Hinter manchen Fensterscheiben waren Gesichter zu sehen. Bleiche, blasse Haut schimmerte. Alle Gesichter zeigten den gleichen Ausdruck. Angst!
    Im alten Soho hatte man Angst, denn dort ging der Ripper um. Und dieses Gefühl der Bedrohung hatten die Erbauer des Parks eingefangen. Täuschend echt sogar, dass Menschen, die Soho durchschritten und in den Schlössern oder Burgen noch gelacht hatten, ziemlich wortkarg wurden, wenn sie über das Kopfsteinpflaster gingen.
    Exit - Ausgang!
    Dieses Wort stand überall an den falschen Fassaden, und Eveline brauchte sich nur danach zu richten, um den Park verlassen zu können. Sie schien die einzige Besucherin im HORRORLAND zu sein, denn ihr begegnete niemand mehr.
    Es war doch kälter geworden, und sie zog die lange Strickjacke enger um ihren Körper. Unter der Jacke trug sie eine grüne Bluse. Der Rock zeigte eine blaue Farbe, ebenso die Strümpfe. Ihre Handtasche hatte sie über die Schulter gehängt und musste sich nun nach rechts wenden, um den Ausgang zu erreichen.
    Diese Gasse war noch schmaler. Und Eveline erschrak, als sie die alte Kutsche am Rand stehen sah.
    Eine Leichenkutsche.
    Schwarz war sie angestrichen. Aus dem Haus daneben trugen sie einen Toten. Alles Wachsfiguren, aber täuschend echt nachgebildet. Der Kutscher stand neben der Tür und leuchtete mit der Laterne.
    Hinter ihren Glasscheiben glomm eine Lampe, aber so schwach, dass das bleiche Gesicht des Kutschers im Dunkeln blieb.
    Der Tote war ermordet worden. Aus seinem Hals rann ein Blutstreifen, der sich auf dem bleichen Wachs verteilt hatte. Kinder hatten dem »Toten« eine Pappnase aufgesetzt und dem Kutscher einen blühenden Kirschbaumzweig an den Hut gesteckt.
    Eveline musste lachen, als sie das sah. Irgendwie gefiel es ihr. So etwas machte die Atmosphäre nicht mehr bedrohlich. Im Gegenteil, es lockerte sie auf.
    Nach einigen Yards gelangte sie an eine Laterne. An ihr lehnte eine Frau. Wie sie da stand, die Hände in die vorgeschobenen Hüften gestemmt, erinnerte sie an eine Prostituierte. Ihr bleiches Wachsgesicht war zu einem Lächeln verzogen, der lange Rock reichte bis zum Boden, war jedoch leicht durchsichtig, und der Ausschnitt der Bluse hätte nicht nur im alten victorianischen England Aufsehen erregt.
    Hinter der Hure befand sich eine spaltbreit geöffnete Tür. Viel konnte man als Besucher nicht erkennen, doch es reichte, um die Faust und das Messer zu sehen, das sich
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