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021 - Aufbruch in die 'Neue Welt'

021 - Aufbruch in die 'Neue Welt'

Titel: 021 - Aufbruch in die 'Neue Welt'
Autoren: Jo Zybell
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Stellen mit navigatorischen Hinweisen. Oder Berichte über Thunfischherden und Seevögel oder angeschwemmte Blätter oder Baumteile - all das eben, was auf nahes Land hindeutete. Auch Bemerkungen über Untiefen, Klippen und meteorologische Beobachtungen hatte der Mann mit der Hakennase angestrichen.
    Matt hatte keine Zeit, über die Tatsache zu staunen, dass ein Buch aus seinem Zeitalter einen Menschen, von dem ihn eigentlich ein halbes Jahrtausend trennte, zu einer gewagten Seereise veranlasste. Jedenfalls gab es nun keinen Zweifel mehr - der eigenartige Name des Mannes, der Name seines Schiffes, die Karten auf der Kommandobrücke und jetzt dieses Buch… Ein Mosaiksteinchen fügte sich an das andere: Kapitän Colomb wollte Amerika neu entdecken. Ein andere Schlussfolgerung kam gar nicht in Frage.
    Die Stimme die Matt bis vor kurzem noch gehört hatte waren verstummt. Tatsächlich dort unten sprachen keine Männer mehr miteinander. Dafür entfernten sich Schritte.
    Matt drehte den Lampendocht herunter und klappte die Truhe zu. Eng an die Wand gepresst spähte er auf die nächtliche Kaistraße hinunter.
    Kein Mensch war zu sehen.
    Er riss zwei Vorhänge von den Schienen und verknotete sie. Seine Hände fuhren über den Schreibtisch, bis sie den Schaft eines Messers ertasteten. Er zog es aus einem Gefäß und ließ die Finger über die Klinge gleiten. Nur ein Brieföffner – doch besser als gar keine Waffe. Leise öffnete Matthew einen Fensterflügel.
    Er verknotete ein Ende des Vorhangs mit einem der Fenstergriffe. Keine besonders stabile Befestigung, aber die paar Meter hinab auf die Straße sollte sie halten. Sie musste einfach.
    Noch ein Blick hinunter zur Toreinfahrt. Niemand war zu sehen oder zu hören. Die Stille hatte etwas Bedrohliches. Matt ließ die Vorhänge an der Fassade hinunter gleiten und seilte sich ab. Niemand wurde auf ihn aufmerksam. Er konnte sein Glück kaum fassen.
    Er spurtete bis zur Einmündung einer kleinen Gasse und bog in sie ein. Geschafft! Ich glaub's nicht, aber ich habs geschafft… Die Erleichterung überwältigte ihn. Was jetzt?
    Nach wenigen Schritten erreichte er eine Gasse, die parallel zur Kaistraße durch das Hafengebiet führte. Er huschte hinein. Es konnte nur ein Ziel für Matt geben.
    Immer wieder presste er sich dicht an die Fassaden der Häuser, lauschte in die Dunkelheit, spähte nach allen Seiten, lief weiter, suchte Deckung in einem Treppenaufgang, lauschte erneut, lief weiter, immer weiter. Aruula, ich bin unterwegs zu dir…
    Der Gedanke, sie könnte längst verkauft, längst verschifft und weiß Gott wohin auf dem Meer unterwegs sein, fiel ihn an wie ein Fiebertraum. Er versuchte ihn wegzuschieben. Dann werde ich sie suchen, dann werde ich Emroc, dieses fette Schwein, so lange verprügeln, bis er verrät, an wen er sie verkauft hat…
    Stimmen drangen aus einer Spelunke. Ihre Tür öffnete sich. Ein Betrunkener wankte auf die Straße, ein Mann in einem langen Mantel und breitkrempigen Hut. Matt drückte sich an die Fassade und beobachtete ihn. Der Betrunkene brummte vor sich hin, stützte sich an der Hauswand ab und schwankte Matt entgegen.
    Der huschte in eine Toreinfahrt. Ich muss unbedingt unerkannt bis zu Emrocs Haus kommen… zu Aruula…
    Der Betrunkene torkelte in den Torbogen hinein, als seine Hand ins Leere griff. Matt zögerte keinen Augenblick. Zweimal schlug er zu; ächzend sank der Mann aufs Kopfsteinpflaster.
    »Sorry«, murmelte Matt. Er zog ihm den Mantel aus und schlüpfte hinein.
    Er zog den Hut tief in die Stirn. Hin und her wankend, als wäre er betrunken, setzte er seinen Weg fort. In dieser Tarnung wagte er sich über die nächste Gasse wieder an den Hafen und die Kaistraße hinunter. Dunst stand dort unten über dem Kopfsteinpflaster.
    Bald erreichte er die Werft, torkelte an den Lagerhallen und Baubaracken vorbei, und schließlich schälten sich die Umrisse eng aneinander gebauter Giebelhäuser aus dem nächtlichen Dunst. Matt verlangsamte seine Schritte, wagte sich nahe an die Häuserfront heran. Und erreichte eine hohe bogenförmigen Hofeinfahrt, wie man sie häufig sah im Ha- fenviertel. Doch Matt erkannte sie sofort: Das Tor zu dem Haus, das Emroc hier in Plymeth gemietet hatte. Der Eingang zur Sklavenhalle.
    Matthew blieb stehen. Etwa zwanzig Schritte trennten ihn von dem Tor. Fieberhaft überlegte er, wie er es anstellen könnte, in das Haus einzudringen. Sein Blick glitt über Fenster und Erker, seine Hand schloss sich um den Schaft
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