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0208 - Die sieben Leben des Vampirs

0208 - Die sieben Leben des Vampirs

Titel: 0208 - Die sieben Leben des Vampirs
Autoren: Werner Kurt Giesa
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möglich geworden.
    »Bei mir«, sagte er nachdrücklich, »gibt es keine Energiekrise. Das solltest du doch am besten wissen!«
    Arm in Arm ließen sie sich vom Strom der Studenten auf die grauen Betonwände der Hochschule zu treiben.
    ***
    Die Skelett-Fledermaus erschien übergangslos in einer geräumigen Grotte. Kalte, feuchte Luft wehte dem eigentümlichen Wesen entgegen, dessen Augen im bleichen Fledermausschädel unheilvoll glühten. Sieben schwarze, schmucklose Särge standen in einer langen Reihe nebeneinander.
    Hinter ihnen verströmten schwarze Kerzen ihr flackerndes Licht.
    Die Fledermaus torkelte. Abermals umgab sie der Nebel, und als die Konturen wieder klar wurden, stand die verdorrte Vampirgestalt Krakows in der Grotte vor den Särgen.
    Krakow schwankte. In seinem Innern brannte und fraß das tötende Silber noch immer, obgleich der Druide den Stab längst wieder mit sich genommen hatte.
    Krakow, der Vampir, war tot und doch nicht tot. Der Pakt, den er einst geschlossen hatte, hielt ihn noch aufrecht.
    Sein glühender Blick wanderte über die Reihe der schwarzglänzenden Särge, die mit rotem Samt ausgeschlagen waren. Vier waren leer, aber die drei ersten in der Reihe waren geschlossen, und Krakow wußte, was in ihnen lag. Ein Zittern überlief seine vertrocknete Gestalt, als er auf den mittleren, den vierten Sarg, zu schritt. Nein, er schritt nicht, er schwankte, war kaum noch in der Lage, sich aufrecht zu halten.
    Das Sterben war jedes Mal schmerzhaft, und er fürchtete den Tod wie seinen letzten, seit er ihn zum ersten Mal erlebt hatte.
    Er stützte sich auf die Kante des Sarges. Wie hatte dieser Druide ihn aufspüren können? Wie war es ihm gelungen?
    Krakows Tarnung in der Welt der Sterblichen war vollkommen gewesen, und doch hatte ihn jener Gryf, der aus Llandrysgryf kam und das Zeichen des Silbermondes auf der Stirn trug, entlarvt. Krakow hatte zu fliehen versucht, aber mit der Silbermond-Magie hatte Gryf ihn wieder eingeholt und gestellt.
    »Der Silbermond«, murmelte Krakow mit spröden, raschelnden Lippen. »Die Wunderwelten… sie sind verflucht…« Er vermochte sich nicht mehr länger zu halten. Die Magie des Silberstabes fraß in ihm und machte diesen Tod schlimmer als jeden zuvor.
    Krakow fand gerade noch die Kraft, den Sarg zu besteigen und sich auszustrecken. Langsam senkte sich der Deckel und rastete leise klackend in die Verschlüsse.
    Er öffnete sich nicht mehr. Der Vampir in seinem Innern war tot.
    Krakows viertes Leben war beendet.
    ***
    Weder Professor Zamorra noch seine Gefährtin und Sekretärin Nicole Duval gehörten zu den überzeugten Frühaufstehern. Bill Fleming hatte einmal boshaft behauptet, die Lebensgewohnheiten beider hätten sich denen der Vampire angepaßt.
    Immerhin hatte Zamorra festgestellt, daß er in den späten Nachtstunden am ungestörtesten arbeiten konnte, weil dann keiner mehr auf die Idee kam, ihn anzurufen und von seiner Tätigkeit abzuhalten. Zamorra war Parapsychologe und befaßte sich mit den Phänomenen des Okkultismus und der Magie sowohl in der Theorie als auch in der Praxis. Das bedeutete, daß er einen großen Teil seiner Zeit am Schreibtisch verbrachte und auswertete, was ihm an Beobachtungen und Erlebnissen entweder selbst untergekommen oder von anderen berichtet worden war.
    Dafür schlief er dann gern bis in den hellen Morgen. Rings um sein Schloß Montagne im schönen Loire-Tal waren alle Hähne ausgewandert, weil sie die Frustrationen nicht mehr ertragen konnten, mit ihrem morgendlichen Weckruf nichts auszurichten, und außerdem die Drohung ausgestoßen war, sie samt und sonders notzuschlachten, wenn sie ihr störendes Krähen nicht einstellten.
    Die Sonne kitzelte Zamorras Nase und sorgte endlich dafür, daß er aufwachte. Das Bett neben ihm war leer. »Nanu«, murmelte er, weil er sich deutlich entsann, daß da vor nicht langer Zeit noch Nicole friedlich eingeschlummert war. Sie besaß zwar ihre eigene Zimmerflucht, benutzte die aber nur in Ausnahmefällen.
    »Na, allein zu erwachen ist aber nicht das schönste Erlebnis«, murmelte Zamorra überrascht und fragte sich, wann seine süße Nici denn wohl aufgestanden war, ohne ihn wach zu küssen. Er erhob sich, trat ans Fenster und atmete tief durch.
    Der Himmel über diesem Teil Frankreichs versprach ein prachtvolles Kaiserwetter. Zamorra gähnte ausgiebig, hängte sich den Bademantel um die Schultern und beschloß, in aller Gemütsruhe zum Bad zu schlurfen.
    Nach einer halben Stunde begab
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