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02 Ich bin so Fry: Meine goldenen Jahre

02 Ich bin so Fry: Meine goldenen Jahre

Titel: 02 Ich bin so Fry: Meine goldenen Jahre
Autoren: Stephen Fry
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Kontakts mit einem feuchten Teelöffel zu durchsichtigen Kristallklumpen verschmolzen war.
     
    Ich sah und roch und durchlebte diese selbe Szene siebenundzwanzig Jahre später noch einmal in einem Zimmer des Hotel Colbert in Antananarivo auf Madagaskar. Es war sehr, sehr heiß und sehr, sehr feucht, und ich trug nur Boxershorts. Ein Gewitter näherte sich und grollte bereits bedrohlich, und die Internetverbindung des Hotels, eh schon bestenfalls wankelmütig, fiel ganz aus. Als ich vom Schreibtisch aufstand, um auf die Toilette zu gehen, bot sich mir plötzlich ein grausiger Anblick.
    Ein ungeheuer fetter Mann mit gigantischen Hängebrüsten und einer riesigen Bauchschürze durchquerte das Zimmer. Ich stockte, drehte mich um und sah in ungläubigem Schrecken wieder hin. Da stand er und füllte den Garderobenspiegel aus, ein lächerlich wirkender übergewichtiger Mann mittleren Alters, auf so groteske Weise adipös wie niemand sonst, der mir seit den Dreharbeiten vor einem Jahr im Mittleren Westen der USA vor Augen gekommen war. Ich musterte diesen widerwärtigen Schwabbelberg von Kopf bis Fuß. Und dann kamen mir die Tränen.
    Während des vergangenen Vierteljahrhunderts hatte ich mich immer wieder auf kleinen und großen Leinwänden und auf Fotos in Zeitungen gesehen und mir nieIllusionen gemacht, was meine physische Erscheinung betraf. Aber in jenem Zimmer an jenem Abend sah ich mich aus irgendwelchen Gründen so, wie ich war. Es war nicht so, dass ich erschauderte, mich schnell bedeckte und es ignorierte. Ich machte mir nicht vor, dass alles in Ordnung sei. Ich sagte mir nicht, dass ich von der Körpergröße her durchaus ein paar Extrapfunde mitschleppen konnte. Nein, ich weinte über das schreckliche Etwas, zu dem ich geworden war.
    Im Bad gab es eine Waage. 139 Kilogramm. Was bedeutete das in altmodischem Englisch? Für die Umrechnung hatte ich ein App auf meinem Handy. 21 Stone und 12 Pounds. Heiliger Strohsack. 21 Stone. 306 Pounds.
    Ich erinnerte mich an unseren Probenraum 1982. Ich hatte es geschafft, auf Zucker im Tee und Kaffee zu verzichten. Jetzt war die Zeit gekommen, auf alle anderen Manifestationen dieser Substanz zu verzichten: Pudding, Schokolade, Toffees, Karamell, Pfefferminz, Doughnuts, Kuchen, Korinthenbrötchen, Törtchen, Flans, Pfannkuchen, Götterspeisen und Konfitüren. Und ich würde Körperertüchtigung betreiben müssen. Eine Diät würde nicht reichen, sondern ich müsste Ernährung und Lebensweise vollkommen umstellen.
    Ich werde nicht behaupten, dass seit jenem Moment erleuchtenden Horrors auf Madagaskar kein Gramm Zucker mehr über meine Lippen gekommen ist, aber es ist mir gelungen, verführerische Patisserien, Pudding, kandierte Früchte, Schokoladenkonfekt, Eiscreme,
petits fours
und
friandises
zu meiden, wie Kellner sie in Restaurants anpreisen, die ich und meine verwöhnten Freunde frequentieren. Kombiniert mit täglichen Spaziergängen, wöchentlich dreimaligen Besuchen im Gym und dem generellen Verzicht auf stärkehaltige und fetteSpeisen hat diese standhafte Entsagung es meinem Gewicht ermöglicht, unter 16 Stone zu sinken.
    Ich hege nicht den geringsten Zweifel, mich ohne Schwierigkeiten wieder aufblähen zu können und wie eine Zeichentrickfigur im Expresslift schnell am einundzwanzigsten Stockwerk, am zweiundzwanzigsten, am dreiundzwanzigsten und am vierundzwanzigsten vorbei bis zum fünfundzwanzigsten zu sausen. Ständige Achtsamkeit ist die Parole. Unsere Beziehung erfordert es nicht, Ihnen beteuern zu müssen, dass ich mich jetzt hundertprozentig kenne, aber ich glaube, dass ich überzeugend eingestehen kann, mich zumindest gut genug zu kennen, um unbedingt skeptisch und misstrauisch zu sein, wenn es um Behauptungen geht, Lösungen und Heilmittel gefunden oder Ziele endgültig erreicht zu haben.
    Nehmen wir zum Beispiel das Rauchen …

C steht für Cigarettes
     
     
    … für Convict –
Sträfling
    … für Cundall
    … Corporal Punishment –
Prügelstrafe
    … Common Pursuit –
Verlorenes Glück
    … Cessation –
Entwöhnung
     
    Narren sind alle die, die Tabak nicht lieben und Jungen.
    Christopher Marlowe
     
    A
ngesichts der Tatsache, dass ich als Schuljunge gern den Unterricht störte, unfreundlich war und ungehorsam, mag es überraschen, dass ich bereits fünfzehn war, als ich meine erste Zigarette rauchte. Wie um auszugleichen, dass ich in Dingen des Geistes frühreif war, blieb ich in Angelegenheiten des Körpers stets ein Spätentwickler. Mein erster
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