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02 - Aus Liebe zu meiner Tochter

Titel: 02 - Aus Liebe zu meiner Tochter
Autoren: Betty Mahmoody
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mehrere Bergketten, und sie sagte: »Ich will nie mehr Berge sehen.«
    Dann kam der Konsul zurück; man sah ihm an, daß er Erfolg gehabt hatte. »Es ist alles in Ordnung, Sie können jetzt nach Hause fliegen!«
    Sechs Stunden später saßen wir im Flugzeug. Da wir keinen Direktflug nach New York bekommen hatten, bezahlte die Luftfahrtgesellschaft für Unterkunft und Verpflegung im Münchner Sheraton. Trotz der Verlockungen einer westlichen Speisekarte brachten wir keinen Bissen hinunter, so sehr litten wir noch unter der Anspannung der vergangenen Tage, von unseren geschrumpften Mägen ganz zu schweigen. Ich überredete Mahtab immerhin dazu, eine Portion Himbeeren zu bestellen. Über die Schale hinweg sagte sie mit einem schlauen Lächeln: »Mommy, du nimmst mich auf den Arm! Ich weiß, daß wir in Michigan sind, denn das sind echte Himbeeren.«
    Da wir am Kennedy Airport mit Verspätung eintrafen, verpaßten wir den letzten Anschlußflug nach Detroit. Wir passierten den Zoll und machten uns dann gleich zu dem Flugsteig auf, von dem aus am nächsten Morgen der erste Flug gehen sollte. Wir waren fast zu Hause, aber ich fühlte mich immer noch allein und verletzlich. Die Nacht würde Moody eine Chance geben, die Entfernung zwischen uns zu verkürzen. Mißtrauisch beäugte ich jeden, der vorbeiging.
    Als wir zum Flugsteig der Northwest Airlines kamen, war der Flughafen wie verlassen. Ich machte es Mahtab auf den Plastikstühlen so bequem wie möglich und begann dann meine Nachtwache. So müde ich war, ich wagte nicht zu schlafen und meine Tochter unbeobachtet zu lassen. Auch Mahtab schlief nicht viel, aber sie beklagte sich nicht. Ich
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    sah die Müdigkeit in ihrem Gesicht und dachte bei mir, wie bemerkenswert sie doch war, wie reif, geduldig und gefaßt. Es gibt viele Eltern, die für ihr Kind das gleiche getan hätten wie ich. Aber es gibt nicht viele Sechsjährige, die ausgehalten hätten, was Mahtab ausgehalten hatte. Ich war stolz darauf, ihre Mutter zu sein -
    und dankbar, daß ich mein Versprechen, den Iran nicht ohne sie zu verlassen, hatte halten können.
    Als der Flugkapitän am nächsten Morgen den Anflug auf den Metropolitan Airport von Detroit ankündigte, wachte Mahtab auf. Sie glaubte, nicht recht gehört zu haben. »Hat er wirklich Detroit gesagt?« wollte sie wissen.
    Wir rannten beide die Rampe hinunter. Michigan! Freiheit! Familie! Sicherheit! Wir wurden von einem halben Dutzend Verwandter begrüßt. Als ich zwei Tage vorher von München aus angerufen hatte, hatten sie mich gefragt, was ich am meisten vermißt hätte. Mir fiel nichts anderes ein als . . . Snickers! Ich hatte sicher noch nie mehr als ein oder zwei Snickers im Jahr gegessen, aber jetzt hatte ich plötzlich beide Arme voller Tüten mit Schokoladeriegeln, die für den Rest meines Lebens an Halloween für sämtliche Nachbarskinder reichen würden.
    Mahtab bekam zwei Puppen geschenkt: eine Cabbage Patch Doll und eine Puppe ganz in Violett, Mahtabs Lieblingsfarbe. Im Iran hatte Mahtab immer gefragt: »Wenn wir hier rauskommen, gehen wir dann gleich drei Tage lang zu McDonald's, bevor wir zu den Großeltern fahren?« Jetzt, da wir tatsächlich zurückgekehrt waren, dachte sie nicht mehr an McDonald's. Sie wollte nur noch heim und alle begrüßen.
    Am Flughafen vermißte ich sofort meine beiden Söhne Joe und John. Sie waren erst von unserer Ankunft benachrichtigt worden, als wir in Detroit landeten. Die Nerven eines jeden Familienmitglieds waren zum Zerreißen ge-20
    spannt gewesen; niemand hatte gewagt, an unsere Ankunft zu glauben, und niemand wollte Joe und John am Ende enttäuschen.
    Alle, die zur geplanten Ankunftszeit am Abend vorher nach Detroit gekommen waren, um uns abzuholen, hatten die Nacht am Flughafen verbracht. Als wir nicht wie geplant ankamen, begann eine meiner Schwestern zu schreien. Sie war überzeugt, daß etwas Schreckliches passiert sein mußte, daß wir irgendwie abgefangen worden waren.
    Als wir an jenem Freitagmorgen endlich ankamen, waren wir völlig erschöpft. Doch die Aufregung hielt uns wach, und als wir über die vereiste Autobahn heimwärts fuhren, sah ich die mir so vertraute Landschaft mit neuen Augen. Berge frischen Schnees säumten die Straßen. Meine Heimat war für mich schon immer etwas ganz Besonderes gewesen, aber so schön wie heute hatte Michigan noch nie ausgesehen.
    Endlich erreichten wir das Farmhaus meiner Eltern im ländlichen Bannister. Wir fuhren die gewundene, ungepfla-sterte Einfahrt
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