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0199 - Phantom der Lüfte

0199 - Phantom der Lüfte

Titel: 0199 - Phantom der Lüfte
Autoren: Wolfgang E. Hohlbein
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entfernt, daß ich den Rückweg längst vergessen habe. Ich weiß nicht, wie lange es her ist - vier-, fünftausend Jahre, vielleicht mehr. Ich habe es vergessen.«
    »Fünftausend Jahre?« echote Nicole ungläubig.
    Borg nickte. »Ja. Auch das ist ein Teil des Fluches, der auf mir lastet. Ich bin unsterblich. Ich altere nicht, und keine Gewalt des Universums kann mich töten - wie Sie ja selbst erlebt haben. Mein Gott, wie oft habe ich mir gewünscht, endlich sterben zu können. Aber es geht nicht. Varcours Fluch wird mich wohl bis ans Ende der Zeiten verfolgen.«
    »Varcour?«
    »Mein Druse. Sie würden sagen: Magier, Zauberer oder Druide. Er gehörte zu meiner Mannschaft. Viele meiner Siege habe ich ihm und seiner Magie zu verdanken. Er diente mir treu, bis zu dem Tag, an dem wir in eine Falle segelten. Wir gerieten in einen Hinterhalt - der Lastensegler, den wir kaperten, war bis zum Rand mit Soldaten vollgestopft. Das war das Ende meines Schiffes.«
    »Aber Sie entkamen?« fragte Bill.
    Borg zuckte zusammen, als habe er einen Schlag bekommen.
    »Ich entkam«, sagte er leise. »Ich entkam, weil ich meine Mannschaft verriet. Ich habe meine Männer in den Tod gehetzt, um noch einmal mit dem Leben davonzukommen. Aber ich habe dafür bezahlt. Gott, wie habe ich bezahlt - mehr als genug. Varcour hat mich verflucht, ehe ihn der tödliche Pfeil traf.«
    »Und seither verfolgen Sie diese Kreaturen?«
    Borg schüttelte den Kopf. »Nicht mich.«
    »Aber Sie haben doch…«
    »Sie haben den Anfang des Kampfes nicht miterlebt«, unterbrach ihn Borg sanft. »Ich habe sie angegriffen. Ich habe mein Schwert gezogen und bin auf sie losgegangen, obwohl ich wußte, wie sinnlos es war. Ich mußte einfach. Sehen Sie, Zamorra - Varcour und die Malicia verfolgen nicht mich. Sie würden mich niemals angreifen. Nein. Varcours Rache ist viel teuflischer. Sie töten jeden, der mir etwas bedeutet. Seit viertausend Jahren verstecke ich mich vor den Menschen, weil ich Angst habe, einen Mann zu treffen, der mein Freund werden könnte, eine Frau, in die ich mich verlieben könnte. Aber es passiert immer wieder. Und die Malicia taucht immer wieder auf. Sie vernichten jeden, zu dem ich eine Beziehung aufbaue. Sie verschleppen sie, foltern sie und bringen sie dann vor meinen Augen um. Das ist Varcours Rache, Zamorra. Die schlimmste Strafe, die man sich vorstellen kann. Wissen Sie, was es bedeutet, einsam zu sein. Viertausend Jahre lang Einsamkeit. Viertausend Jahre lang keinen Freund haben zu können, viertausend Jahre lang keine Frau umarmen zu können, ohne Angst zu haben, daß ihr diese Umarmung den Tod bringt?«
    Zamorra schwieg betroffen. Allmählich begann er zu begreifen, was sich hinter Borgs Stirn abspielen mußte.
    »Deshalb also glauben Sie, daß Sandy in Gefahr ist«, murmelte er schließlich.
    »Ich weiß es«, sagte Borg hart. »Ich hoffe nur, ich komme noch rechtzeitig.«
    »Wozu?« fragte Zamorra.
    Borg preßte die Lippen aufeinander und starrte in den Himmel. In seinen Augen flackerte ein seltsames, unbeschreibliches Feuer. »Ich hatte viel Zeit zum Überlegen«, sagte er. »Die letzten hundert Jahre. Ich bin auf diese Welt geflohen, weil ich hoffte, hier endlich Ruhe zu finden, aber der Fluch des Drusen hat mich selbst hier eingeholt. Aber ich habe fast einhundert Jahre lang Zeit gehabt. Ich glaube, es gibt eine Lösung. Es muß einen Ausweg geben.«
    »Und wie sieht der aus?« fragte Nicole neugierig.
    Borg lächelte nervös. »Es ist nur ein Gedanke. Aber ich muß es riskieren. Ich… ich muß versuchen, irgendwie an Bord des Schiffes' zu kommen. Ich muß den Sternstein haben. Damit fing alles an. Wenn es eine Möglichkeit gibt, das Grauen zu beenden, dann so.«
    »Sie wollen an Bord des Schiffes?« fragte Zamorra zweifelnd.
    Borg nickte. »Es ist gefährlich, ich weiß. Aber ich werde es tun.« Er lachte humorlos. »Die Kehrseite von Varcours Fluch - ich kenne praktisch keine Angst. Was soll mir schon passieren.«
    Zamorra wandte sich schweigend ab. Aber hinter seiner Stirn arbeitete es. Er wußte noch viel zu wenig von Borg, um sich ein Urteil über die Durchführbarkeit des verzweifelten Planes bilden zu können. Aber eigentlich erschien der Gedanke logisch. Wenn es überhaupt eine Möglichkeit gab, gegen die Armee der Toten vorzugehen, dann nur an Bord des Schiffes.
    Sie hatten den Fuß des Berges erreicht. Der Wagen rumpelte um eine Kurve, umrundete einen riesigen Felsbrocken und preschte am Fuße einer gigantischen
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