Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0193 - Ich heulte mit den Wölfen

0193 - Ich heulte mit den Wölfen

Titel: 0193 - Ich heulte mit den Wölfen
Autoren: Ich heulte mit den Wölfen
Vom Netzwerk:
genießen. Natürlich kannte ich alle diese Leute, aber ich kümmerte mich nicht um sie. Gerade an der Tür begegnete ich dem Inhaber des teuersten Beerdigungsinstitutes am Platze. Wenigstens würden Mr. Parker und seine Tochter mit gebührendem Pomp unter die Erde oder vielleicht auch in eine Marmorgruft gebracht werden.
    Anstandshalber fragte ich das Mädchen zuerst nach Mr. Windlass, und nachdem ich erfahren hatte, dass der ausgegangen war, verlangte ich Patsy zu sprechen. Ich musste fast zehn Minuten warten, bis sie kam, und konnte feststellen, dass sie der Situation angemessen und darum rührend und bemitleidenswert aussah. Zwar war sie tadellos frisiert und frisch blondiert, aber ihr Gesicht war ohne jedes Make-up, bis auf eine kaum sichtbare Spur von Lippenstift. Sie trug ein raffiniert einfafches schwarzes Wollkleid und nicht einmal die Andeutung von Schmuck. Was mich wunderte, war, dass sie sogar ihren Trauring mit dem großen Smaragd, den ich neulich bewunderte, abgelegt hatte.
    »Ich muss Sie unter diesen Umständen doppelt um Verzeihung bitten, dass ich Sie belästige«, sagte ich. »Aber auch über die Trauer um die Toten dürfen wir Ihr Söhnchen Robby nicht vergessen.«
    »Ich denke Tag und Nacht an ihn«, entgegnete sie leise. »Aber ich weiß, auch sicher, dass ich ihn gesund Wiedersehen werde.«
    »Ich hoffe es«, sagte ich. Im Stillen musste ich die felsenfeste Zuversicht dieser Frau, die ich doch von einer ganz anderen Seite kennengelernt hatte, bewundern.
    »Was führt Sie zu mir, Mr. Cotton?«, fragte sie, und ich hatte den Eindruck, dass sie meine Antwort mit Spannung erwarte.
    »Ich möchte von Ihnen wissen, ob sich die Entführer inzwischen nochmals gemeldet haben. Den letzten Erpresserbrief, den Ihr Vater erhielt, hat er ja leider verbrannt. Da die Entführer aber zweifellos über seinen plötzlichen Tod orientiert sind, nehme ich mit Bestimmtheit an, dass sie sich nunmehr an Sie halten werden, wenn sie das nicht sogar schon versucht haben.«
    »Sie irren sich«, antwortete sie mit niedergeschlagenen Augen. »Warum sollten die Leute denn auch Forderungen an mich stellen? Ich habe doch bei weitem nicht genug Geld, um die zu befriedigen.«
    »Ich glaube nicht, dass Mr. Lasko Ihnen das Geld verweigern würde.«
    »Ich weiß es nicht.«
    Sie hob fast gleichgültig die Schultern und machte dabei eine Bewegung mit der rechten Hand, nach der Stelle am linken Ringfinger, an dem der kostbare Engagementring gesessen hatte.
    Fast hätte ich sie gefragt, wo sie dieses Schmuckstück hatte und warum sie es nicht trug, aber ich unterließ es. Ich bildete mir ein, es bereits zu wissen. So ging ich also auf ein anderes Thema über.
    »Ich habe vergessen, Sie zu fragen, ob Sie eine Schreibmaschine im Haus haben.«
    »Wieso? Wollten Sie hier einen Brief schreiben?«
    »Nein, aber ich möchte eine Schriftprobe nehmen. Wie Sie wissen, wurden die beiden Erpresserbriefe, der erste, den ich noch besitze und der zweite, den Ihr Vater verbrannt hat, mit der Maschine geschrieben.«
    »Und Sie glauben, das wäre ausgerechnet hier geschehen?«, fragte sie gekränkt.
    »Man kann das nie wissen. Haben Sie nun eine Maschine oder nicht?«
    »Ja, eine Royal. Sie steht drüben in Vaters Zimmer.«
    »Darf ich sie mal sehen und ein paar Worte schreiben?«
    »Wenn Sie wollen, ich habe nichts dagegen.«
    Sie führte mich hinüber. Ich nahm den Deckel ab, spannte einen Bogen ein und sah sofort, dass es die Maschine war, mit der der erste - Cilly Ovoll betreffende - Brief geschrieben worden war.
    Ich faltete den Bogen zusammen, steckte ihn in die Brieftasche und fragte beiläufig:
    »Wer benutzte diese Maschine?«
    »Praktisch jeder im Haus. Wir schrieben alle darauf. Nadine, ich selbst, John, Miss Porter und möglicherweise sogar das eine oder andere der Mädchen. Ich habe keine Ahnung.«
    Also war diese meine Theorie richtig gewesen, aber auch das war jetzt Nebensache.
    »Haben Sie eigentlich den Schlüssel zum Wandsafe noch hier?«, fragte ich.
    »Nein, den hat Mr. Lasko beschlagnahmt, obwohl sich kaum noch etwas darin befindet. Ich möchte nur wissen, was mit den drei Millionen, die angeblich dort gelegen haben sollen geschehen ist. Ich habe mir schon Gedanken darüber gemacht, ob Daddy sie vielleicht sogar schon bezahlt hatte und die Kidnapper seinen Tod ausnutzen, um sie zum zweiten Mal zu verlangen.«
    Jetzt war ich es, der sich in Schweigen hüllte. Lügen wollte ich nicht und die Wahrheit sagen ebenso wenig. Der Form
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher