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0179 - Der unheimliche Ritter

0179 - Der unheimliche Ritter

Titel: 0179 - Der unheimliche Ritter
Autoren: Werner Kurt Giesa
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ließ er die Stablampe aufflammen.
    Er war in der großen Küche des Schlosses angelangt, und direkt unter dem Fenster hatte ein Eimer gestanden, der randvoll mit Milch gefüllt gewesen war. Jetzt war das weiße Zeug übergeschwappt, und Zamorras schwarze Hose hatte einen bläulichen Schimmer angenommen, abgesehen davon, daß das Bein tropfnaß war.
    Er begann es auszuwringen, so gut es ging, aber genügend Flüssigkeit blieb noch im Stoff, und den Schuh bekam er auf diese Weise auch nicht trocken. Er hatte sich damit abzufinden, daß er die nächsten zweihundert Meter eine milchige Spur durch das Schloß ziehen würde.
    Bedachtsam und kochend vor Ärger über dieses Mißgeschick schloß er das Fenster wieder, durch das er eingestiegen war. Im Aufblitzen der Stablampe hatte er die Tür erkannt, umrundete vorsichtig den breiten Tisch und hoffte, daß die Tür nicht ausgerechnet in eine Besenkammer führen würde.
    Sie führte nicht.
    Ein schmaler Korridor führte direkt zum Speisesaal. Eine sinnreiche architektonische Überlegung, die den Diener nicht dazu zwang, mit der dampfenden Weihnachtsgans über zwanzig Meter Korridor zu laufen und eventuell über den faltig gewordenen Teppich zu stolpern. Hier gab es nur kalte Steinfliesen.
    Zamorra wechselte in den Speisesaal hinüber, der gut und gerne einem mit einem halben Hundert Personen bestückten Festbankett Raum bot. Ein zweiflügliger Ausgang wies den Weg zum Hauptkorridor, an dem sich weit auseinander Treppe und Lift befanden.
    Der Meister des Übersinnlichen bewegte sich lautlos durch das Schloß. Die weichen Schuhsohlen hinterließen kein Geräusch. Nur eine Milchspur, die sich aber allmählich zu verlieren begann.
    Vor dem Lift blieb Zamorra überlegend stehen. Sollte er erst noch einen Blick ins Kaminzimmer werfen und sich mit der Ritterfigur befassen?
    Eine Art sechster Sinn hielt ihn davon ab und flüsterte ihm ein, daß er damit wohl kaum weiterkommen würde. Er wollte wissen, was mit Nicole geschehen war. Zwar war sie offensichtlich aus diesem Zimmer entführt worden, aber der Diener war nicht ganz unschuldig daran und auch Henner Pol wußte mehr, als er hatte zugeben wollen. An diese beiden würde Zamorra sich also halten, um etwas über Nicoles Verbleib zu erfahren.
    Und die beiden würden ihm Auskunft erteilen!
    Diesmal befand er sich nicht als Gast im Schloß, sondern als ungebetener Eindringling. Niemand würde auf ihn Rücksicht nehmen, aber er brauchte sich andererseits auch nicht an die Etikette zu halten und Rücksichten zu nehmen. Pol und dieser Jaques würden ihm antworten müssen, und wenn ihm zufällig der Junior mit seiner Taschenflak über den Weg lief, würde der sich auch erheblich wundern. In Zamorra kochte alles, einerseits der Entführung wegen, andererseits wegen der Milch, in die er ahnungslos hineingestampft war.
    Der Lift kam.
    Zamorra lächelte grimmig. Er wollte Henner Pol in dessen privatesten Gemächern aufsuchen. Niemand konnte ihn jetzt noch an der Ausführung seines Vorhabens hindern.
    Nicht einmal die kleine Ritterfigur!
    ***
    Es dauerte nur wenige Sekunden, bis die beiden Sklaven zurückkehrten, die Pol und Lafayette ins Schloß zurückgebracht hatten, dessen genaues Ebenbild der Schwarze Ritter tief im Felsen untergebracht hatte, nur war es hier auf seine monströse Größe ausgerichtet.
    Der Dämon streckte die Hand aus. Ein Sklave reichte ihm seinen Bogen.
    »Ich führe!« befahl er und hielt die andere Hand einem Sklaven entgegen. Als er seine grelleuchtenden Augen schloß, sah er deutlich die Spur vor sich, die der Teleportersprung des Untoten Charles hinterlassen hatte und die zum Château Montagne führte.
    Der Sklave gehorchte dem Befehl des Schwarzen Ritters und setzte die Para-Fähigkeit ein, die der ihm wie allen anderen seiner Sklaven aufoktroyiert hatte. Dabei war Thorn selbst nicht in der Lage, den zeitlosen Sprung durchzuführen!
    Sein Sklave nahm ihn mit.
    Von einem Moment zum anderen hatten sie beide das Schloß im Berg verlassen und fanden sich im Freien wieder. Am Himmel stand der Mond, und vor ihnen erhob sich in der Dunkelheit eine Burgmauer.
    Château Montagne!
    Vor ihnen lag die heruntergelassene Zugbrücke.
    Thorn, der Dämon, spürte die Gegenwart des Abwehrschirms, der das Château umgab. Er spürte aber auch die Lücke. Und die befand sich genau dort, wo sich das Tor in der Burgmauer befand.
    Der Dämon lachte leise. Einfacher konnte es ihm niemand machen.
    Er befahl seinem Sklaven, ihm zu folgen.
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