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0179 - Der unheimliche Ritter

0179 - Der unheimliche Ritter

Titel: 0179 - Der unheimliche Ritter
Autoren: Werner Kurt Giesa
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Bedarf wieder freizusetzen… Ich kann es kaum glauben!«
    Pol erhob sich.
    »Kommen Sie mit, Professor Zamorra. Die Sache beginnt mich brennend zu interessieren. Wir sollten den Laborversuch sofort durchführen…«
    Zamorra sprang ebenfalls auf. Ihm konnte es nur lieb sein. Vielleicht kam er jetzt der Lösung des Rätsels, das Merlins Stern hieß, einen entscheidenden Schritt näher!
    ***
    Nicole Duval, Zamorras Lebensgefährtin und Sekretärin, war in dem großen Kaminzimmer zurückgeblieben. Sie wußte selbst nicht, was es an den Figuren Besonderes gab, welche auf dem Kaminsims standen, aber etwas ging von ihnen aus, das sie anzog wie ein Magnet. Deshalb war sie Henner Pol und Zamorra nicht gefolgt, obwohl auch sie eigentlich gern bei dem Experiment zugesehen hätte.
    Jaques, der Diener, war in der Tür aufgetaucht. In seiner gestreiften Livree wirkte er noch schlanker und sein Gesicht erinnerte mit den schmalen Wangen und der scharf hervortretenden Nase unter stechenden Augen an einen Habicht. Nicht zu seinem Aussehen paßte die leise, melodische Stimme, mit der er fragte: »Kann ich etwas für Ihr Wohlbefinden tun, Mademoiselle Duval? Ich stehe gern zu Ihren Diensten.«
    Nicole schätzte ihn auf rund fünfzig Jahre. Seine Bewegungen waren steif und würdevoll, als sei er der Butler der Queen persönlich.
    »Danke, Jaques, ich bin vollauf zufrieden«, erwiderte sie, erhob sich aus ihrem Sessel und ging mit leichten, federnden Schritten über den weichen Plüschteppich zum Kamin hinüber, der der Fensterseite gegenüberlag. Wenige, dafür aber dicke Holzscheite waren aufgeschichtet, und die Flammen züngelten und knisterten über das rötlich glühende Holz. Dicht davor blieb sie stehen, bangte nicht um ihr knöchellanges, weißes Kleid und betrachtete die Figuren aus nächster Nähe. Sie waren kunstvoll modelliert und zeigten Gestalten aus früheren Jahrhunderten und Jahrtausenden.
    Der schwarze Ritter zog ihr Interesse an.
    Zwei Handspannen groß und aus einem mattschwarzen Material, das sie nicht einordnen konnte, wirkte er fast lebendig, wie er da in seiner Rüstung stand, das Visier hochgeklappt, einen Fuß vorgesetzt und den Oberkörper leicht zurückgeneigt. Mit ausgestrecktem linken Arm spannte er einen Bogen, dem allerdings ein Pfeil fehlte. Dafür steckten drei aus dünnem Draht im Köcher auf seinem Rücken.
    Bemerkenswert war, daß die schwarze Ritterfigur ohne Sockel selbst stand. Sie war vom Künstler hervorragend ausbalanciert worden, so daß der zugunsten der Lebensechtheit auf den Sockel hatte verzichten können.
    Aus den Augenwinkeln bemerkte Nicole, daß Jaques langsam und unauffällig näher kam.
    Sie wandte den Kopf.
    »Jaques, können Sie mir sagen, welche Person diese Figur darstellt?« fragte sie den Diener. »Alle anderen kann ich in etwa in die Zeitgeschichte einordnen, aber dieser Ritter stellt mich vor ein Problem. Vielleicht können Sie mir helfen.«
    Jaques hüstelte.
    »Ich kann, wenn mir die Bemerkung gestattet ist«, sagte er und hüstelte vornehm zurückhaltend. »Die Figur stellt den Schwarzen Ritter dar, der vor tausend Jahren hier sein Unwesen getrieben haben soll. Ob er wirklich existiert hat, ist fraglich, weil die Erzählungen über ihn, die man sich hinter vorgehaltener Hand zuraunt, mit tausend Wenns und Abers versehen sind…«
    »Vor tausend Jahren?« wiederholte Nicole und mußte dabei an einen anderen Ritter denken, der vor über neunhundert Jahren Schloß Montagne hatte erbauen lassen: Um die Jahrtausendwende zur Zeit der Kreuzzüge. Den ersten hatte er unter Gottfried von Bouillon mitgemacht. Anläßlich ihrer Zeitreise in die Vergangenheit hatten Zamorra und Nicole ihn vor und in Jerusalem kennengelernt: Leonardo de Montagne, der zu Zamorras Ahnenreihe gehörte und zur Hölle gefahren war, weil er sich dem Bösen verschrieben hatte.
    An den tausend Jahren fehlte nicht viel, und hier in Henner Pols Loire-Schloß, nur einen Katzensprung vom Schloß Montagne entfernt, tauchte wiederum der Zeitbegriff tausend auf und ein Ritter, der diesmal schwarz war!
    Gab es Zusammenhänge?
    Dreißig oder weniger Jahre auf die Spanne Tausend gestreckt, ergaben keinen großen Unterschied und fielen kaum auf, außerdem waren Erzählungen, die nur bei Kerzenschein flüsternd weitergegeben wurden, über eine solche Zeitspanne gewissen Abweichungen unterworfen.
    »Hieß dieser Schwarze Ritter zufällig Leonardo de Montagne?« schoß sie ihre Frage ab.
    Jaques, Pols Diener, verzog keine
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