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0174 - Der Teufelsdiener

0174 - Der Teufelsdiener

Titel: 0174 - Der Teufelsdiener
Autoren: Werner Kurt Giesa
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Ich habe das dumpfe Gefühl, daß dieser Magier uns mit seinem ruhigen Verhalten lediglich in Sicherheit wiegen will, um dann im entscheidenden Moment, in dem wir nicht mehr an eine Attacke glauben, anzugreifen…«
    Michael rückte den Cowboyhut in den Nacken. »Okay, laß uns sehen. Wenn du eine Stelle bemerkst, an der es rundgehen könnte, schrei laut.«
    Der Wagen preschte voran. Pausenlos versuchte der Meister des Übersinnlichen, die Strecke vermittels seines Amuletts auszuloten. Er schätzte die nächtliche Geschwindigkeit der Sänfte ab und kam schließlich zu der Erkenntnis, daß auf jenem Streckenabschnitt die Sänfte sicher war, den sie zurücklegen würde, während sie Rolf Michael abholten und zwischendurch bei ihm Kaffeepause machten.
    »Gut, laß uns fahren…«
    Michael Müller nickte, wendete und raste zurück zum Ortsteil Helleböhn.
    Rolf hatte seine Wohnung im ersten Stock eines gigantischen Hochhauses, das auch bei Nacht in hübschem Betongrau erschien und einen reizvollen Kontrast zum langweiligen Grün der westlich gelegenen Dönche bildete, einem ehemaligen Übungsgelände der Bundeswehr, in welchem für Füchse, Hasen und diverse Vögel das Leben noch lebenswert war, weil die Landschaft dort noch natürlich war.
    Noch. Doch der Bebauungsplan lag bereits vor, lediglich die Entwässerungsprobleme des leicht sumpfigen Geländes bereiteten der Stadtverwaltung noch ein winziges Milliardenproblem. Dennoch würden bereits in absehbarer Zeit hier wunderbare Beton-Wohnmaschinen entstehen.
    Rolf hatte ein paar Minuten Verspätung. Gemeinsam fuhren sie in seine Wohnung, da sie alle zu faul waren, die Eine-Etage-Distanz zu Fuß zurückzulegen. Rolf begann damit, Kaffee aufzubrühen.
    »Wie war die Show?« fragte Zamorra.
    »Total irrsinnig«, grinste Rolf. »Fünf Minuten vor acht begann der Veranstalter auszuflippen. Eine Minute vor acht war ich da, krächzte mein ›Hallo Freunde‹ ins Mikrofon, hing mich hinter das Schlagzeug, und die Geschichte ging los.«
    Zamorra nickte. »Schön.« Er begann zu erzählen, was inzwischen auf der »Strecke« vorgefallen war. Rolf runzelte leicht die Stirn, als der Parapsychologe von Hans' Vorschlag sprach, Bezirkskommissar Brahn hinzuzuziehen.
    »Brahn ist ein netter Kumpel«, stellte er fest, »bloß sollten wir ihm seine Nachtruhe lassen, solange es eben möglich ist. Brahn ist wahrscheinlich deshalb bei seinen Kollegen und auch der Bevölkerung so ungemein beliebt, weil er nie auf die Uhr guckt. Er ist immer im Dienst. Außerdem hängt er nicht nur hinter seinem Schreibtisch, sondern kümmert sich um fast alles selbst. Er ist so etwas wie die Mutter der Kompanie.«
    Zamorra und Nicole nippten an ihrem Kaffee. Michael hatte sich damit bereits den Mund gespült und beobachtete die fliegerischen Kunststücke von Rolfs Wellensittichen »Perry« und »Teenie«, die sich selbst zu später - oder früher - Nachtstunde in hellem Aufruhr von Schrank zu Lampe und zurück schwangen.
    Schließlich, beim zweiten Kaffee, sah Zamorra auf die Uhr und wechselte einen raschen Blick mit Michael.
    »Wir sollten zusehen, daß wir wieder zur ›Strecke‹ kommen«, sagte er. »Unser berechnetes Zeitlimit läuft langsam ab.«
    Rolf nickte.
    »Das wird die berühmte Nacht der langen Messer«, prophezeite er.
    ***
    Vor Altenbauna holten sie den Konvoi ein. Mit Erleichterung erkannte Zamorra, daß bisher tatsächlich nichts geschehen war. Offenbar wollte der Magier Thomasius sie wirklich auf die Folter spannen. Er würde anscheinend erst dann zuschlagen, wenn niemand mehr daran glaubte.
    Schon von weitem waren die gelben und blauen Drehlichter in der Nacht zu sehen. Michael hängte sich an die Kolonne an, die plötzlich ins Stocken geriet.
    »Was ist denn jetzt schon wieder los?« fragte Nicole, die sich neben Rolf gezwängt hatte. Mit vier Personen war der Lautsprecherwagen mehr als beengt. Von Gemütlichkeit war keine Rede mehr. Aber Nicole hatte darauf bestanden, mit dabeizusein.
    Der Konvoi war zum Stillstand gekommen. Michael sprang aus dem Wagen und eilte nach vorn. Nach ein paar Minuten kam er zurück.
    »Die Sänfte nimmt hier eine Abkürzung quer durch ein Waldstück«, erklärte er. »Die Autos können da nicht durch und werden gleich zum Ende des Waldweges durchstarten.«
    Rolf schmunzelte. »Wie ist die Moral der kämpfenden Truppe?« fragte er.
    »Sehr nächtlich«, bemerkte Michael. Rolfs Schmunzeln wurde noch breiter. Er griff nach dem Banjo, das er mitgenommen hatte.
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