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0171 - Der Herr des roten Mohns

0171 - Der Herr des roten Mohns

Titel: 0171 - Der Herr des roten Mohns
Autoren: Der Herr des roten Mohns
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abgeneigt sind.«
    »Auch Sie nicht?«
    »Das kommt darauf an. Meine Familie lebt in Shanghai; so konnte bisher niemand einen Druck auf mich ausüben. Und was das Geld anbelangt…« Er zuckte die Achseln und sah mich lächelnd an.
    »Über diese Frage wollte ich noch mit Ihnen sprechen«, sagte ich. Bevor ich weitersprach, sah ich mich erst einmal um.
    Die Bar war schwach besetzt. Es gab nur einen Tisch, von dem aus man den Versuch hätte machen können, unser Gespräch zu belauschen, aber dort unterhielt man sich sehr angeregt. Es schien weniger ein Gespräch als ein Flirt zu sein. Die beiden Herren sprachen Englisch, einer jedoch hatte einen fremden Akzent. Ich hielt ihn für einen Franzosen. Die beiden Mädchen, mit denen sie zusammensaßen, waren so schön, wie nur Halbblutfrauen sein können. Sie hatten die schlanken, ebenmäßigen Figuren ihrer chinesischen Mütter, während ihre Gesichtszüge fast europäisch anmuteten. Nur die Hautfarbe und der Schnitt der großen schwarzen Augen verriet sie.
    Was mich dagegen störte, war die offensichtliche Neugier des Kellners, der ohne Unterbrechung um uns herumstrich. Ich machte Kong darauf aufmerksam, aber der meinte:
    »Wu ist in Ordnung.«
    »Gut.« Ich bewegte mich etwas vor. »Auf jeden Hinweis, der zur Festnahme oder Unschädlichmachung der Häupter des Schmuggelrings führt, ist eine erhebliche Belohnung ausgesetzt. Sie beträgt zwanzigtausend Dollar, und davon können Sie sich, wenn Sie wollen, die Hälfte verdienen.«
    Ich sah, wie es in Kongs Augen aufblitzte. Er nagte an der Unterlippe und sagte:
    »Würden Sie für zehntausend Dollar Ihren Kopf zwischen die Zähne eines Tigers stecken?«
    »Nein, aber ich würde diesen Tiger abschießen. Dann sind seine Zähne harmlos.«
    »Das werde ich nicht vergessen«, meinte der Chinese. »Vielleicht kann ich dafür sorgen, dass Sie zum Schuss kommen.«
    »Das ist alles, was ich will. Und im Übrigen« - ich holte einen meiner Reisechecks über hundert Dollar aus der Brieftasche - »Darf ich Ihnen einen Spesenvorschuss überreichen? Schließlich haben Sie durch uns ja auch Unkosten.«
    Er antwortete nicht, deckte aber seine Hand über das zusammengefaltete, mattblaue Papier. Als er sie nach einer Minute wieder hochhob, war der Scheck verschwunden.
    »Wenn ich Ihnen einen guten Tipp geben darf«, sagte er gönnerhaft, »so vermeiden Sie Abenteuer wie das, das Sie heute erlebt haben. Es wäre uns allen nicht angenehm, wenn Sie ausgerechnet in unserem Bezirk zu Schaden kämen.«
    »Von was reden Sie?« wollte ich wissen, obwohl ich ganz genau wusste, was er meinte.
    »Von der ›Kings Bar‹ in Shik Tong Tsui. Der Polizist hat natürlich rapportiert, und der Wirt wurde vernommen. Aber er behauptet, Ihre Angreifer nicht zu kennen. Wir konnten ihm das Gegenteil nicht beweisen.«
    »Und hat man die Opiumhöhle geschlossen?« fragte ich.
    »Wo denken Sie hin. Da hätten wir viel zu tun. Viel lieber ist uns, wenn wir die Lokale, in denen geraucht wird, unter Kontrolle halten können. Für jede Opiumhöhle, die wir schließen, werden am nächsten Tag zwei neue auf gemacht.«
    Da saßen wir nun mit unserem Talent. Wenn wir hier etwas erreichen wollten, mussten wir von Grund auf umlemen. Aber schließlich konnte es uns gleichgültig sein, wie viel Opium in Hongkong verschoben und geraucht wurde. Unsere Aufgabe war es, den Export nach den Staaten zu unterbinden. Natürlich wurden alle Schiffe und Flugzeuge, die Hongkong verließen, vom Zoll und der Opiumpolizei durchsucht. Es war so gut wie unmöglich, dass auf diesem Wege etwas dorthin gelangte. Unsere Leute waren und sind noch mit allen Wassern gewaschen.
    Trotzdem: Es musste ein Leck geben, durch das ein dauernder Strom des Gifts aus Hongkong und in die USA gelangte.
    Während ich noch Gedanken wälzte, trat Phil Decker mir auf den Fuß.
    »Ich glaube, wir haben Eroberungen gemacht«, flüsterte er mir zu. »Die beiden hübschen Mädchen da drüben haben uns offenbar aufs Korn genommen.«
    Verstohlen blickte ich hinüber und sah genau in die schwarzen Feueraugen einer der beiden Frauen. Sie lächelte fast immerklich, aber immerhin deutlich genug, dass ich merken konnte, dieses Lächeln galt mir.
    »Kennen Sie die Leute da drüben?« raunte ich Kong zu.
    »Nein, aber wenn es sie interessiert, kann ich erfahren, wer sie sind.«
    Vorläufig war mir das gleichgültig, und ich sagte dem Chinesen das. Er nickte. Plötzlich meinte er:
    »Heute Abend können Sie nichts mehr unternehmen.
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