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0157 - Die Hexe und der Höllensohn

0157 - Die Hexe und der Höllensohn

Titel: 0157 - Die Hexe und der Höllensohn
Autoren: Werner Kurt Giesa
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fragte nach ihren Wünschen.
    »Los, raus mit der Sprache«, forderte Zamorra etwas später. »Warum wolltest du uns hier haben?«
    Bill Fleming räusperte sich. Manuela Ford, weder verwandt noch verschwägert mit der Autofirma, lehnte sich auf dem Stuhl zurück.
    Bill verzog das Gesicht. »Ich nehme an, ihr wißt, womit ich mich beschäftige«, sagte er »Da die Vereinigten Staaten von Amerika relativ spät mit der Zivilisation beglückt wurden, es also außer Indianersagen nicht viel zu erforschen gibt, habe ich mich darauf gestürzt, Vergleiche in der Entwicklung europäischer Städte…«
    »Quatsch keine Soße«, warf Zamorra ein. »Komm zur Sache, ehe das Steak kommt.«
    »Ich bin dabei«, schoß Bill Fleming zurück. »Ich nehme an, daß du irgendwann einmal etwas vom Dreißigjährigen Krieg gehört hast.«
    »In der Tat«, grübelte Zamorra nachdenklich, den Zeigefinger an die Nase legend. »Irgend etwas war doch damit… eh, dauerte er nicht genau dreißig Jahre?«
    »Volle Punktzahl«, brummte Bill.
    »Hauptgewinn: Ein Leuchtkeks. Den kannst du im Dunkeln verzehren. Beim Durchstöbern der Historie dieser verträumten Baustelle - äh, Stadt mit großen Sanierungsflächen - bin ich auf eine äußerst markante Persönlichkeit gestoßen.«
    »Es gibt«, sagte Zamorra würdevoll, »außer Professor Zamorra keine äußerst markante Persönlichkeit auf der Welt.«
    »Einbildung«, konterte Nicole mit verführerischem Lächeln und fuhr mit der Linken durch Zamorras Haar, »ist auch eine Bildung. Weiter im Text, Bill.«
    »Diese markante Persönlichkeit«, fuhr Bill unbeirrt fort, »trug den bemerkenswerten Namen Christian von Braunschweig und war seines Zeichens Administrator von Halberstadt. Er sammelte sich ein Heer von zweifelhaften Söldnern, denen er nicht Sold, sondern Kriegsbeute versprach, und zog wider ligistische und spanische Truppen zu Felde. Ziemlich erfolgreich, wie ich meinen möchte. Erfolgreich genug, um die Lippstädter zu einem Bündnis zu veranlassen. Sie öffneten ihm die Tore, und er ließ die Spanier förmlich aus der Stadt prügeln.«
    »Also ein Ausländerfeind«, murmelte Manuela.
    »Die Lippstädter«, fuhr der Amerikaner fort, »hatten allerdings den Teufel mit Beelzebub ausgetrieben - wortwörtlich, wie ich später erläutern werde. Christian von Braunschweig, den sie den ›Tollen Christian‹ nannten, erwies sich als Raubritter größten Stils. Er überfiel mit seiner Banditentruppe die benachbarten Städte und bezwang sie; Münster konnte sich freikaufen, und nur Geseke, eine Art befestigtes Dorf, das sich zuweilen hochtrabend Stadt nennt, schaffte es tatsächlich, ihm zu widerstehen. Ganz nebenbei klaute er bei einem überfall den Paderborner Domschatz, den man vor ihm nach Soest in Sicherheit gebracht hatte. Wert: über dreihunderttausend Thaler. Später ging er mit vergrößertem Heer wieder auf Kriegszug in die Pfalz, wurde aber zur Umkehr gezwungen und am 6. August 1623 von Tilly geschlagen. 1626 ist er dann, erst 27 Jahre alt, am Fieber gestorben.«
    »Interessant«, murmelte Zamorra »Du scheinst ausgiebig Geschichtsbücher studiert zu haben. So geläufig ist der dreißigjährige Krieg mir gar nicht, ich habe nur etwas von Wallenstein oder Gustav Adolf im Ohr, und das hauptsächlich aus der Literatur.«
    Nicole dachte praktischer. »Das hört sich alles sehr spannend an, vielleicht könnte man sogar einen Roman darüber schreiben. Aber was hat das alles mit uns zu tun?«
    »Eine ganze Menge, mein Schatz«, erwiderte Bill und fing einen Rippenstoß von Manuela ein. Aber er wußte, daß dieser Stoß nicht ernst gemeint war. Manuela wußte, daß Bill Nicole förmlich verehrte, aber vor Zamorra kapituliert hatte. Es war nicht Bills Art, dem Freund die Geliebte wegzunehmen. Außerdem war es größtenteils Nostalgie; seit Bill Manuela kennengelernt hatte, war sein Interesse an Nicole merklich schwächer geworden.
    »Es gibt da nämlich eine Theorie, die nicht in den Geschichtsbüchern erwähnt wird«, sagte er. »Dafür spricht auch der Leitsatz Christians.«
    »Und der lautet?« fragte Zamorra, plötzlich interessiert.
    Der Tolle Christian nannte sich einen » Pfaffenfeind «, sagte Bill »Er rückte gegen alles zu Felde, das irgendwie nach Kirche klang. Allein das ist schon bezeichnend. Und ich habe eine Quelle angezapft, nach der er von einem Dämon besessen gewesen sein sollte. Und sein früher Tod an einer Krankheit soll der Theorie nach die Folge seines Versagens in der Pfalz
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